Firmen dürfen Urlaubsanspruch nicht verfallen lassen
LUXEMBURG (dpa) Was geschieht mit dem Resturlaub eines gestorbenen Ehepartners? Und verfällt der Jahresurlaub automatisch, wenn ein Arbeitnehmer ihn nicht beantragt? Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Rechte von Arbeitnehmern deutlich gestärkt. Hintergrund waren mehrere Fälle, die derzeit vor deutschen Gerichten verhandelt werden (Rechtssachen C-619/16, C-684/16, C-569/16 und C-570/16). Vor allem die Entschei- dung zum Verfall des Jahresurlaubs dürfte wohl fast jeden Arbeitnehmer betreffen. Dabei ging es um die Frage, ob nicht genommener Urlaub automatisch verfällt, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht beantragt hat. Das höchste EU-Gericht verneint dies und nimmt nun den Arbeitgeber in die Pflicht.
Dieser müsste nachweisen, dass er seinen Angestellten angemessen aufgeklärt und in die Lage versetzt habe, den Urlaub zu nehmen. Nur dann könne der Anspruch auf Urlaub oder Ausgleichszahlungen erlöschen, falls der Urlaub nicht genommen wird. Dies gelte sowohl für öffentliche als auch für private Arbeitgeber. Der EuGH begründete sein Urteil auch damit, dass die Arbeitnehmer imVerhältnis zum Chef in der schwächeren Position seien. Deshalb könnten sie davon abgeschreckt sein, auf ihr Urlaubsrecht zu bestehen.
Die Fälle: Ein ehemaliger Rechts- referendar des Landes Berlin hatte entschieden, in den letzten fünf Monaten seines Referendariats keinen Urlaub zu nehmen. Dafür fordert er vor Gericht finanziellen Ausgleich. Ein früherer Angestellter der Max-Planck-Gesellschaft streitet zudem für eine Auszahlung nicht genommenen Urlaubs aus zwei Jahren.
In einem weiteren Urteil entschieden die Richter, dass Erben Ausgleichszahlungen für nicht genom- menen Urlaub eines Gestorbenen von dessen ehemaligem Arbeitgeber verlangen können – auch, wenn nationales Recht dies wie in Deutschland eigentlich ausschließt. Zwar könne sich ein Toter nicht erholen, doch der Anspruch auf Bezahlung könne nicht rückwirkend entzogen werden, so die Richter. Zwei Witwen hatten Ausgleichszahlungen für den nicht genommenen Jahresurlaub ihrer gestorbenen Ehemänner gefordert.