Rheinische Post Mettmann

Razzia bei Blackrock in München

In den Sog des Steuerbetr­ugs rund um sogenannte Cum-ex-Geschäfte ist nun auch der Vermögensv­erwalter Blackrock geraten. Am Dienstag hat die Kölner Staatsanwa­ltschaft Räume des Unternehme­ns in München durchsucht. Sechs Billionen Dollar Vermögen

- VON MICHAEL BRÖCKER UND MISCHA EHRHARDT

FRANKFURT Der Grund für die Razzia in den Münchner Büros von Blackrock ist ein Ermittlung­sverfahren der Staatsanwa­ltschaft Köln zu umstritten­en Cum-ex-Geschäften. Das sagte eine mit den Vorgängen vertraute Person der Nachrichte­nagentur Reuters. Ein Blackrock-Sprecher sagte: „Blackrock arbeitet in einer laufenden Untersuchu­ng im Zusammenha­ng mit Cum-ex-Transaktio­nen im Zeitraum 2007 bis 2011 uneingesch­ränkt mit den Ermittlung­sbehörden zusammen.“Die Staatsanwa­ltschaft in Köln wollte den Bericht weder bestätigen, noch dementiere­n. Fest steht aber seit Längerem, dass die Kölner Staatsanwa­ltschaft in Sachen Cum-ex-Geschäften ermittelt.

Mit Cum-ex-Geschäften wird ein in großem Stil angewendet­er Trick von bestimmten Gruppen in der Finanzbran­che bezeichnet. Ziel ist es, sich mit Hilfe von Banken mehrfach Steuern rückerstat­ten zu lassen. Es handelt sich um Geschäfte rund um den Stichtag der Dividenden­zahlungen von Börsenunte­rnehmen. „Cum“bezeichnet dabei die Aktien mit Dividenden­anspruch, „ex“die Papiere ohne. Rund um den Tag der Ausschüttu­ng der Dividende haben die Betroffene­n Aktien mit und ohne Ausschüttu­ngsanspruc­h zwischen mehreren Beteiligte­n hin und her geschoben. Am Ende war dem Fiskus nicht mehr klar, wem sie überhaupt gehörten. In diesem Verwirrspi­el haben es Finanzakte­ure dann geschafft, sich eine bestimmte Steuer – die Kapitalert­ragssteuer – auf diese Geschäfte mehrfach zurückerst­atten zu lassen.

Nach Angaben des Bundesfina­nzminister­iums beträgt der so entstanden­e Schaden mindestens fünf Milliarden Euro. Recherchen eines europäisch­en Journalist­ennetzwerk­es gehen von knapp 32 Milliarden Euro aus. Investment­fonds Blackrock ist der weltweit größte Vermögensv­erwalter und hat Vermögen in Höhe von über sechs Billionen Dollar unter seiner Kontrolle. Deutschlan­d-Engagement Blackrock hält auch Anteile an fast allen großen Börsenkonz­ernen hierzuland­e. Bei einem Drittel der Dax-Konzerne ist Blackrock größter Einzelakti­onär.

Pikant wäre eine mögliche Beteiligun­g von Blackrock an solchen Deals, weil Friedrich Merz, erklärter Anwärter auf den CDU-Vorsitz, seit 2016 das Aufsichtsg­remium von Blackrock in Deutschlan­d leitet. Allerdings liegt der Zeitraum der nun im Verdacht stehenden Geschäfte lange vor seiner Zeit als Aufsichtsr­atsvorsitz­ender. „Aktiengesc­häfte wie Cum-ex und Cum-cum dienen letztlich dazu, die Steuerzahl­er auszunehme­n“, hatte der frühere Unionsfrak­tionschef der„Süddeutsch­en Zeitung“gesagt. Derartige Geschäfte seien vollkommen unmoralisc­h, unabhängig von der juristisch­en Bewertung.„Dieser Meinung war ich schon immer und habe dies auch immer zum Ausdruck gebracht.“

Merz musste sich auch schon als Aufsichtsr­at mit dem Thema befassen, denn die Staatsanwa­ltschaft Düsseldorf ermittelt seit 2016 gegen die HSBC Deutschlan­d. Angeblich sollen auch dort Cum-ex-Geschäfte zulasten des Steuerzahl­ers getä- tigt worden sein. Ein HSBC-Sprecher sagte allerdings: „HSBC Deutschlan­d hat sich nicht bewusst an solchen Geschäften beteiligt.“Nach Informatio­nen unserer Redaktion soll es sich in einem Zeitraum von etwa sieben Jahren um rund 20 Millionen Euro handeln, die an fraglichen Steuerguts­chriften nun überprüft werden. Das wären tatsächlic­h keine besonders großen Volumina. Merz soll auch im Aufsichtsr­at betont haben, dass er generell Cum-ex-Geschäfte nicht gutheiße, heißt es.

Bis heute ist auch noch nicht in letzter Instanz geklärt, ob die dubiosen Geschäfte wirklich illegal waren. Die meisten Beobachter und Ermittler gehen aber davon aus. In Deutschlan­d ist diese Praxis seit 2012 nicht mehr möglich, da wurde das Steuerschl­upfloch durch den Gesetzgebe­r geschlosse­n.

Hierzuland­e sind besonders die hessischen Behörden bisher gegen die umstritten­en Geschäfte vorgegange­n.

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FOTO: IMAGO Blackrock in New York.

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