Cuisance und das Prinzip Borussia
Gladbachs umworbener Spieler verkörpert Max Eberls Idee des „Karrierevereins“.
MÖNCHENGLADBACH Michael Cuisance war in der vergangenen Saison der große Aufsteiger bei Borussia Mönchengladbach. 26 Pflichtspieleinsätze hatte der 18-Jährige in seiner ersten Bundesliga-Saison, er nutzte die Chance, die die Verletzungsmisere der Borussen bot. Nun gibt es keine Verletzten mehr, die Konkurrenz im zentralen Mittelfeld ist groß und Cuisance, nun 19 Jahre alt, hat bisher nur wenige Einsatzminuten bekommen. Im Gespräch ist er trotzdem: Er wird mit Frankreichs Spitzenklub Paris Saint-Germain in Verbindung gebracht. Dort ist der deutsche Trainer Thomas Tuchel auf der Suche nach einem Nachfolger von Thiago Motta, der aufgehört hat.
Bei Gladbachs Sportdirektor Max Eberl ist das Ganze auch nur als Gerücht angekommen, konkrete Anfragen aus Frankreich gibt es nicht. Ohnehin kann er die Geschichte entspannt angehen, hat er doch längst mit Cuisance bis 2023 verlängert. Was bedeutet: Wer den Hochbegabten haben will, wird viel mehr zahlen müssen, als die vom Portal transfermarkt.de geschätzte Ablösesumme von 7,5 Millionen Euro. So oder so wäre es ein Geschäft mit fast komplettem Gewinn: Eberl holte Cuisance 2017 für 250.000 Euro aus Nancy. „Unser Plan ist aber nicht, interessante Spieler für Top-Klubs zu haben, sondern Talente zu finden, sie zu entwickeln und mit ihnen sportlichen Erfolg bei Borussia zu haben. Dass sie dann im Schaufenster stehen, ist logisch“, sagt Eberl.
2012 ging Marco Reus für 17,1 Millionen Euro zu Borussia Dortmund, 2014 wechselte Marc-André ter Stegen für zwölf Millionen Euro zum FC Barcelona, 2016 überwies der FC Arsenal 45 Millionen Euro für Gra- nit Xhaka. 2012, als Borussia Vierter wurde, entschwand in Reus, Dante und Roman Neustädter die gesamte zentrale Achse. Nun sind Spieler wie der aktuelle Top-Torschütze der Bundesliga, Thorgan Hazard, stets im Fokus der großen Vereine. „Aber wir sind inzwischen so weit, dass wir Thorgan im Sommer nicht verkaufen mussten“, sagt Eberl. Dass Borussia indes ein „Ausbildungsverein“sei, dagegen wehrt er sich: „Wir sind eher ein Karriereverein.“
Hazard, aber auch Cuisance, gehören zu „vielen interessanten Spielern, die wir haben“, sagt Eberl. „Interessant“bedeutet unter Umständen: viel Geld. „Zu unserer Idee gehört auch, dass wir sportlichen Erfolg in Form von Transfererlösen haben, die wir dann ins Team investieren“, sagt Eberl.
Man könnte es strategische Transfers nennen. Wie im Sommer, als Borussia den Dänen Jannik Vestergaard für 25 Millionen Euro an Southampton verkaufte. Eberl holte dafür Mittelstürmer Alassane Plea, der ein wesentlicher Erfolgsfaktor in dieser Saison ist. Eberls Formel: Erfolg haben, Erfolg zu Geld und Geld zu Erfolg machen.