Rheinische Post Mettmann

Als Fortunas Fans zu früh feierten

Am Samstag (15.30 Uhr, Arena) trifft Fortuna zum ersten Mal seit dem legendären Relegation­s-Rückspiel 2012 wieder auf Hertha BSC. Wir stimmen mit einer Artikelser­ie auf das Wiedersehe­n ein. Teil eins widmet sich dem chaotische­n Geschehen am Abend des 15.

- VON BERND JOLITZ

Nur noch drei Beteiligte von damals sind dabei. Adam Bodzek und Oliver Fink auf Seiten Fortunas, Torhüter Thomas Kraft bei Hertha BSC. Und dennoch wird am Samstag, wenn Düsseldorf­er und Berliner ab 15.30 Uhr in der Arena aufeinande­rtreffen, das Relegation­s-Rückspiel vom 15. Mai 2012 in sehr vielen Köpfen sein. Ein kurzer Überblick über eine unvergesse­ne Nacht.

Phase eins Nach dem überrasche­nden 2:1-Hinspielsi­eg beim favorisier­ten Bundesliga-Drittletzt­en Hertha BSC hat der Zweitliga-Dritte Fortuna plötzlich große Chancen auf den Aufstieg. Diese steigen weiter, als Maximilian Beister in der ausverkauf­ten Arena bereits nach 25 Sekunden das 1:0 erzielt. Änis Ben-Hatira gleicht für Hertha aus (22.), ehe der eingewechs­elte Ranisav Jovanovic in der 59. Minute Fortuna wieder in Front bringt. Es ist der Startschus­s für das Chaos.

Phase zwei Unmittelba­r nach dem 2:1 rasten Herthas Anhänger im Gästeblock aus, provoziere­n mit einem bis dahin beispiello­sen Feuerwerk aus Bengalos, Kanonensch­lägen und Raketen um 21.47 Uhr eine Spielunter­brechung. Vereinzelt­e Bengalos aus dem Düsseldorf­er Block kommen hinzu, doch der erfahrene Schiedsric­hter Wolfgang Stark bewahrt die Ruhe.

Phase drei Wirklich zur Ruhe kommt der Berliner Block nicht, doch Stark will die Partie zu Ende bringen. Neben den Böllern in der NordOst-Kurve, die um 22.19 Uhr eine zweite Spielunter­brechung erfor- dern, kracht es auch im Düsseldorf­er Tor: Raffael macht das 2:2 (85.). Sieben Minuten Nachspielz­eit werden angezeigt, und bei einem weiteren Treffer der nun trotz Unterzahl (Gelb-Rot gegen Ben-Hatira in der 54. Minute) heftig stürmenden Gäste wäre Fortunas Aufstieg dahin.

Phase vier Fortunas Fans klettern nach und nach in den Innenraum, bereiten sich auf die Aufstiegsf­eier vor. Um 22.26 Uhr stürmen die ersten auf den Platz, weil sie offenbar einen Freistoßpf­iff Starks als Abpfiff wahrgenomm­en haben. Innerhalb weniger Augenblick­e füllt sich das Spielfeld mit Hunderten Zuschauern – obwohl noch rund 90 Sekunden zu spielen sind. Spieler und Schiedsric­hter rennen in die Kabinen. Zu wirklichen Ausschreit­ungen oder gar Gewalttate­n kommt es nicht, sieht man einmal davon ab, dass der Velberter Fortuna-Fan Sascha K. inmitten des Trubels einen Elfmeterpu­nkt ausgräbt und klaut.

Phase fünf Es folgen wirre 22 Minuten, in denen Stadionspr­echer An- dré Scheidt sein Meisterstü­ck abliefert: Vom Rasen aus bringt er die Fans mit seinen ruhigen Durchsagen und durch persönlich­e Ansprache dazu, auf ihre Plätze zurückzuge­hen. Im Bauch der Arena entscheide­t sich Stark dazu, die fehlenden 90 Sekunden spielen zu lassen, doch Herthas Spieler weigern sich zunächst, die Kabine zu verlassen. Auf den Rängen bleibt es erstaunlic­h ruhig, auch weil Ordner und Polizei verhindern, dass Berliner Fans ebenfalls den Innenraum stürmen. Schließlic­h sorgt das Schiedsric­htergespan­n auch für die Rückkehr der Berliner Profis.

Phase sechs Um 22.48 geht es tatsächlic­h weiter, ohne den Elfmeterpu­nkt. Doch statt 90 lässt Wolfgang Stark nur noch 60 Sekunden spielen. Dann pfeift der Landshuter endgültig ab und leitet so den zweiten Platzsturm ein. Fortunas Spieler feiern mit ihren Fans, Kapitän Lambertz lässt sich dazu hinreißen, eine bengalisch­e Fackel zu halten. Dafür wird er später für die ersten beiden Bundesliga­spiele Fortunas gesperrt. Phase sieben Hinter den Kulissen tobt das Chaos. Herthas Profis Christian Lell, Peter Niemeyer und Levan Kobiaschwi­li stürmen die Schiedsric­hterkabine und beleidigen Stark. Kobiaschwi­li wird sogar tätlich, wofür ihn der Referee wegen Körperverl­etzung anzeigt. Der Georgier wird acht Monate gesperrt und muss 60.000 Euro Geldstrafe zahlen. Doch das Theater geht noch weiter.

In der Donnerstag-Ausgabe: Die Relegation vor Gericht – als Otto Rehhagel Halbangst bekam.

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FOTO: IMAGO Überschäum­ende Freude, die zum Problemfal­l wird: Fortunas Anhänger stürmen am 15. Mai 2012 verfrüht den Platz.
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FOTO: IMAGO Sascha K. gräbt den Elfmeterpu­nkt aus, der bei der Fortsetzun­g fehlt.
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FOTO: SCREENSHOT „Lumpi“Lambertz feiert mit Bengalo und wird gesperrt.

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