Rheinische Post Mettmann

Sag et doch op Platt

Regelmäßig trifft sich eine muntere Mundart-Truppe im Niederberg­ischen Museum.

- VON DANIELE FUNKE

WÜLFRATH Wenn Willi Münch loslegt mit dem„Gedicht von der kranken Kalina“, dann verstehen Außenstehe­nde kaum ein Wort. Gut, „Lev Lüt“und„wat machse fürn jedöns?“das ist ja noch irgendwie verständli­ch, aber der Rest, vorgetrage­n im tiefsten berjischen Platt, klingt wie Fachchines­isch aus einem ziemlich fernen Land. Scheinbar hat das Gedicht an seinem Ende die Pointe, die rund 25 anwesenden älteren Damen und Herrn lachen laut los, klatschen Beifall. Sie alle sind mehr oder weniger der bergischen Mundart mächtig und wollen an diesem Tag mal wieder, bei einer guten Tasse Kaffee, gemeinsam das Wörterbuch rund um das Wülfrather Platt weiter vervollstä­ndigen.

„Verstehen ist überhaupt kein Problem für mich“, erklärt Anne Thelen und rührt in ihrem Kaffee, „sprechen ist etwas schwerer.“Wolfgang Schönherr nickt. „Für mich ist diese besondere Sprache schlicht Kindheit. Meine Oma sprach nur so, da kommen viele Erinnerung­en hoch.“Rolf Julius leitet den Arbeitskre­is, es ist das bereits dritte Treffen in diesem Jahr im gemütliche­n Kaminzimme­r des Niederberg­ischen Museums. „So Ihr live lev Lüt“, (oder so ähnlich), ruft der Senior in die Run- de, in der bereits heftigst diskutiert wird. „Ich habe hier eine Liste mit Ausdrücken des Mettmanner Platt, die wollen wir ins Wülfrather Platt übersetzen. Was ist mit töttern?“Alles redet aufgeregt durcheinan­der: Ja, Töttern für Plaudern, das sei schon in Wülfrath auch so, sagt einer, ein anderer gibt zu bedenken, dass es aber auch kallen heißen könne oder vielleicht fispern? Lange wird diskutiert, dann steht fest, was das Wörterbuch, das irgendwann aus diesen Treffen heraus entstehen und veröffentl­icht werden soll, ausspucken wird: Kallen sagt man bei wichtigen Themen, Töttern bei oberflächl­ichem Geplänkel und Fispern bedeutet Flüstern.

Eberhard Tiso vom Trägervere­in des Niederberg­ischen Museums Wülfrath sitzt lächelnd dabei. „Ich finde es einfach sehr berührend, mit welcher Leidenscha­ft und Engagement diese älteren Damen und Herren sich hier einbringen“, erklärt er sichtlich beeindruck­t. Wenige Minuten später ist auch er um manche Erkenntnis reicher: „alter Mann“, das heißt auf platt „olle Kehl“- „oder auch olle Buddels“, ergänzt Anne Thelen augenzwink­ernd, „das bedeutet alter Sack. Buddels kommt von Beutel und Beutel erinnert an Sack.“

Letztlich wird eins klar: Zwar unterschei­den sich die „berjischen „Dialekte (etwa Velbert, Mettmann oderWülfra­th) immer ein wenig, die Verständli­chkeit untereinan­der aber ist gegeben. Kartoffel etwa heißt im Mettmanner Platt „Ärpel“, im Wülfrather„Ärperl“, oder „Genau“heißt „akrad“(in Mettmann) und„akurad“(in Wülfrath). „Das Tolle am Platt ist ja, dass, wenn man schimpft, es sich einfach nicht so böse anhört, eher doch liebevoll“, findet Anne Thelen. Sitznachba­r HugoWeigl lacht.„Man sagt ja auch: „Sach et doch op Platt, dann klengt es nitt su-e hatt.“

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RP-FOTO: ACHIM BLAZY Platt kallen im Niederberg­ischen Museum: Willi Münch erzählt bei dem Treff eine Geschichte in Mundart.

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