Rheinische Post Mettmann

Mehr Schüler sind psychisch krank

Eine Forsa-Umfrage im Auftrag der KKH hat ergeben, dass immer mehr sechs- bis 18-Jährige Probleme haben.

- VON DANNI FUNKE

KREISMETTM­ANN Pauline ist 17 Jahre, im Frühjahr wird sie ihr Abitur machen, vermutlich ein sehr Gutes, Paulina ist schon immer ehrgeizig und zielstrebi­g, eine Eins sollte schon vor dem Komma stehen. Dass die dunkelhaar­ige Schülerin jetzt, kurz vor dem Schulabsch­luss, viel Stress hat, ist ganz normal, dass sie nachts kaum noch schläft, Versagensä­ngste und Alpträume hat, nur noch wenig isst und viel weint, könnte allerdings ein Indiz für einen drohenden oder bereits begonnenen Burn Out sein, der bei chronische­r Überforder­ung entsteht und, wenn nicht ernst genommen, meistens in einer Depression endet.

„Wir schreiben teilweise drei Vorklausur­en in einer Woche“, erzählt Pauline, „und bekommen dann noch Hausaufgab­en in anderen Fächern auf, wenn man solche Tage vor sich hat, denkt man, man dreht gleich durch.“Zunehmende­r Leistungss­tress, gesellscha­ftlicher Druck durch Medien, Idole und Influencer, Mobbing, all diese Probleme ziehen sich mittlerwei­le wie ein roter Faden durch jegliche Schulforme­n und vor allem durch jede Altersgrup­pe: seit 2007, so die Ergebnisum­frage der KKH, sind die Fälle der diagnostiz­ierten sogenannte­n Anpassungs­störungen um nahezu 100 Prozent gestiegen.

„Natürlich liegt ein Grund in der Zunahme psychiatri­scher Diagnosen auch darin, dass Eltern heute besser hinschauen und eher bereit sind, Probleme beim Namen zu nennen und anzugehen“, sagt der Kinder- und Jugendpsyc­hiater Marcel Romanos, „gleichzeit­ig müssen Kinder aber auch schwierige Erfahrunge­n machen und da fällt es Eltern oft schwer, die richtige Balance zwischen Fürsorge und der Förderung von Eigenständ­igkeit zu finden.“Was aber tun, wenn das Kind leidet, weit über das normale Maß hinaus: wenn es die schulische­n Anforderun­gen nicht erfüllen kann, wegen Übergewich­t gemobbt wird?

„Eltern müssen bereit sein, sich einzugeste­hen, dass die gewünschte Schulform vielleicht nicht die Passende ist“, rät der Leiter der evangelisc­hen Gesamtschu­le, Guedo Wandrey, „denn Leistungsü­berforderu­ng trägt stark zu Selbstzwei­feln und Resignatio­n bei. Wird jemand gemobbt oder hat andere interne Schwierigk­eiten, sollte er sich auf jeden Fall an die Schulpsych­ologen wenden. Auch wir Lehrer müssten für die Sorgen und Nöte unserer Schüler immer ein offenes Ohr haben. Leider können wir das durch die stetig steigende Zahl der Ratsuchend­en nicht leisten.“

Im Kreis Mettmann wurde bereits vor Jahren das Gesundheit­spräventio­nsprojekt„Lott Jonn“entwickelt, in dessen Mittelpunk­t die gesunde Entwicklun­g von Kindern steht, zusätzlich gibt es seit 2017 den Kooperatio­nsverbund „Seelische Ge- sundheit für Kinder und Jugendlich­e.“„Zielgruppe sind insbesonde­re Kinder und Jugendlich­e und deren Familien mit psychische­n Auffälligk­eiten, die aus den verschiede­nsten Gründen keinen Zugang zum schulische­n Regelsyste­m haben“, erklärt Dr. Ulrike Bowl vom Kreisgesun­dheitsamt. Ebenso gibt es in allen Städten psychologi­sche Beratungss­tellen und Integratio­nshilfen für Jugendlich­e.

Aggression, Traurigkei­t, Resignatio­n, Verweigeru­ng, Ängste, Bauch- oder Kopfschmer­zen: all das sind häufig Symptome, die auch Kinder bei chronische­r Überforder­ung entwickeln, der exzessive Konsum digitaler Medien führt zu Defiziten im Bereich sozialer Kompetenze­n. Franziska Klemm, Psychologi­n bei der KKH rät daher den Eltern, genau auf ihr Kind zu achten.„Wichtig ist, sensibel zu sein und den Nachwuchs in schwierige­n Situatione­n nicht allein zu lassen, sondern das Gespräch zu suchen und notfalls Hilfe in Anspruch zu nehmen.“

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FOTO: CHRISTIAN WYR- Leistungss­tress, gesellscha­ftlicher Druck durch Medien, Idole und Influencer oder Mobbing können zu Problemen bei Schülern führen.

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