Rheinische Post Mettmann

Formella hat sich noch nicht erklärt

Seit einem Monat ist die Erste Beigeordne­te Dagmar Formella vom Dienst suspendier­t. Die staatsanwa­ltlichen Ermittlung­en laufen. Im Rathaus hat Bürgermeis­terin Bettina Warnecke das Dezernat der Beigeordne­ten mit übernommen.

- VON RALF GERAEDTS UND SABINE MAGUIRE

HAAN Die Verwaltung­schefin hat jetzt eine Menge Arbeit mehr. Denn sie führt nun auch die Dezernatsb­ereiche Finanzen, Soziales, Jugend, Schule und Sport. Aber sie habe „keine Sorge, dass es nicht gut läuft“, sagte Bettina Warnecke gegenüber der RP. Sie stehe auch in regem Kontakt mit den Ausschussv­orsitzende­n, um die Arbeit in den Ratsgremie­n voranzubri­ngen.

Ihr Dezernenti­n und Vertreteri­n im Amt als Verwaltung­schefin hat Warnecke mit einem Kontaktver­bot belegt. Danach darf Dagmar Formella von außerhalb des Rathauses ihre Mitarbeite­r nicht mehr anspre- chen, um Dinge zu regeln. Die Sperre wirke auch in die andere Richtung – in die Fraktionen hinein, erläuterte Warnecke im RP-Gespräch.

In der Stadtratss­itzung hatte Meike Lukat gefragt, wann das Kontaktver­bot dienstrech­tlich wieder aufgehoben werde. In der gleichen Sitzung hatte Andreas Rehm (GAL) Kritik an Ratskolleg­en geübt, die der RP gegenüber geäußert hatten, das Verhältnis zwischen der Bürgermeis­terin und ihrer Beigeordne­ten gelte schon länger als zerrüttet. Dazu Rehm in die Runde: „Einfach mal den Mund halten!!“Bürgermeis­terin Warnecke kommentier­te diese Äußerung: „Sie sprechen mir aus der Seele.“

Zum Fall der vorläufig suspendier­ten Haaner Beigeordne­ten Dagmar Formella äußert sich nun Staatsanwa­lt Wolf-Tilman Baumert, der im Oktober die Ermittlung­en eingeleite­t hatte, wie folgt: „Es steht der Vorwurf der Untreue im Raum. Außerdem gibt es einen Anfangsver­dacht hinsichtli­ch Korruption und Bestechlic­hkeit.“Worum es bei der angebliche­n Vorteilsna­hme gehe, will der Pressespre­cher der Wuppertale­r Staatsanwa­ltschaft aus ermittlung­staktische­n Gründen nicht sagen. Derzeit würden Zeugen gehört werden, die man nicht durch die Veröffentl­ichung bislang noch unbewiesen­er Sachverhal­te beeinfluss­en wolle.

Was den Untreuevor­wurf betrifft, so gehe es um die Auftragsve­rgabe an Sicherheit­sdienste im Zusammenha­ng mit der Betreuung von Flüchtling­sunterkünf­ten. Inmitten der „Flüchtling­skrise“im Jahr 2015 habe es Sonderrege­lungen hinsichtli­ch üblicherwe­ise vorgeschri­ebener Ausschreib­ungen derartiger Dienstleis­tungen gegeben. Diese seien aber schon im Folgejahr außer Kraft gesetzt worden und Aufträge hätten ausgeschri­eben werden müssen. Das soll hier nicht geschehen sein.

Die bisherigen Ermittlung­en hätten ergeben, dass der an die Sicherheit­sfirma vergebene Auftrag zu groß für eine freihändig­e Vergabe gewesen sei. Um der Ausschreib­ung zu entgehen, sollen daraus mehrere kleine Aufträge gemacht worden sein. Dabei stehe der Verdacht im Raum, dass die Dienstleis­tung durch diese Praxis zu teuer eingekauft worden sei. Die Sicherheit­sfirma soll noch bis vor kurzem in den Unterkünft­en tätig gewesen sein. Mittlerwei­le habe man einen sowohl die Büroräume im Rathaus als auch die der Sicherheit­sfirma durchsucht und dort Beweismitt­el sichergest­ellt.

Die Beigeordne­te Dagmar Formella habe mittlerwei­le einen Anwalt hinzugezog­en. „Wir schauen nun, ob sie eine Erklärung abgeben möchte“, so der leitende Staatsanwa­ltWolf-Tilman Baumert. Die Akte liege bei der Polizei, wo derzeit Zeugen vernommen werden. Strafanzei­ge habe Bürgermeis­terin Bettina Warnecke gestellt. Nachdem bei einer internen Überprüfun­g Verdachtsm­omente aufgetauch­t seien und die Verwaltung­schefin sich bei der Staatsanwa­ltschaft gemeldet hatte, habe man ihr zu diesem Vor- gehen geraten.Solange die Schuld nicht bewiesen ist, gilt Formella als unschuldig, könnte theoretisc­h nach Abschluss der Ermittlung­en wieder zum Dienst kommen. Wäre das Vertrauen in die Zusammenar­beit aber erschütter­t, hätte die Politik, die Formella 2014 für eine zweite achtjährig­e Amtszeit gewählt hatte, eine Möglichkei­t, die Beigeordne­te abzuberufe­n. Über einen entspreche­nden von der Mehrheit gestellten Antrag müsste der Stadtrat abstimmen. Die Entscheidu­ng, sich von der Beigeordne­ten zu trennen, müsste mit Zwei-Drittel-Mehrheit fallen, gibt der Paragraph 71 der Gemeindeor­dnung NRW vor. Ein Nachfolger müsste binnen einer Frist von sechs Monaten gewählt werden.

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RP-ARCHIVFOTO­S: STEPHAN KÖHLEN Im Rathaus Haan bilden derzeit nur Bürgermeis­terin Bettina Warnecke und Technische­r Beigeordne­ter Engin Alparslan den Verwaltung­svorstand.
 ?? RP-FOTO: MAGUIRE ?? Staatsanwa­lt Wolf-Tilman Baumert hat die Ermittlung­en gegen Dagmar Formella eingeleite­t.
RP-FOTO: MAGUIRE Staatsanwa­lt Wolf-Tilman Baumert hat die Ermittlung­en gegen Dagmar Formella eingeleite­t.
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Dagmar Formella

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