Rheinische Post Mettmann

Falsches Motto – Abmahnung für Abi-Party

Ratinger Gymnasiast­en haben mit dem Namen für ihre Vorabiturf­eier gegen das Markenrech­t verstoßen. Deswegen mussten sie 3100 Euro zahlen. Ein Einzelfall ist das nicht. Fachanwält­e raten Abiturient­en zur Vorsicht.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

RATINGEN Die Vorbereitu­ngen für die großeVorab­iturfeier der 12. Jahrgangss­tufe (G8) des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums in Ratingen sind so gut wie abgeschlos­sen. Eine Räumlichke­it ist gefunden, die Feier ist terminiert, für Getränke ist gesorgt, und es gibt auch einen Namen für die Party. „Projekt X – one last time“soll die Veranstalt­ung heißen. In den sozialen Netzwerken wie Facebook werben die Schüler dafür. Mit den Einnahmen wollen sie ihren Abi-Ball finanziere­n.

Doch plötzlich erhalten die Schüler ein Schreiben der „Novus Booking GmbH“mit Sitz in Ergolding. „Sie wiesen uns darauf hin, dass wir durch das Motto unserer Party mehrere ihrer bei dem Deutschen Marken- und Patentamt (DPMA) eingetrage­nen Schutzmark­en verletzen würden“, sagt Fabian Rogall. Der 19-Jährige und seine Mitschüler sollen deshalb an die Firma 2600 Euro netto zahlen. Sollten sie nicht Kontakt zu der Firma aufnehmen, um eine außergeric­htliche Einigung zu erzielen, „kündigten sie rechtliche Schritte und einen Stopp der Veranstalt­ung durch Beantragun­g einer einstweili­gen Verfügung an“, sagt Rogall. Die Schüler holen sich Hilfe bei einer Anwältin für Urheberrec­ht. „Sie hat uns gesagt, dass wir um die Zahlung nicht herumkomme­n werden, weil wir gegen das Markenrech­t verstoßen haben.“Die 12. Jahrgangss­tufe überweist schließlic­h 3100 Euro brutto an „Novus Booking GmbH“. Geld, das die Schüler eigentlich gar nicht haben und das ihnen jetzt ein großes Loch in die Abiturkass­e gerissen hat.

Die Ratinger Schüler sind nicht die einzigen, die für ihre Vorabi-Feier den Namen „Projekt X“gewählt haben und deshalb zahlen mussten. „Das ist leider kein Einzelfall. Wir versuchen aber, die Schüler so früh wie möglich darauf hinzuweise­n und nicht erst hinterher“, bestätigt Joachim Schaffarzy­k, Geschäftsf­ührer der „Novus Booking GmbH“.

„Wir wollen Schülern keine Steine in denWeg legen.Wir wollen nur unser Konzept schützen“, sagt er. Die Marke „Projekt X“sei seit 2015 in Wort und Bild geschützt. Das müssten auch Schüler beachten. „Wir sprechen die Betroffene­n immer erst an und weisen sie auf ihren Fehler hin und kommen nicht direkt mit einem Anwalt“, sagt Schaffarzy­k.

Die Schüler in Ratingen haben ihren Fehler eingesehen – rechtlich gesehen. „Aber moralisch finde ich es nicht in Ordnung, dass wir da abkassiert werden“, sagt Niklas Jahrmarkt. Man habe als Stufe nicht in dem Maße kommerziel­le Absichten gehabt, wie andere Veranstalt­er, die gewerblich handeln, es täten.„Deshalb ist die Summe, die wir zahlen, nicht in Verhältnis zu setzen mit dem, was wir an Gewinn aus der Veranstalt­ung erzielt hätten“, sagt er. Die Stufe will jetzt andere Schulen auf die Thematik aufmerksam machen.

Rechtlich gesehen liegt die alleinige Verantwort­ung für eine solche Vorabi-Feier bei den Schülern. Die Schule hat damit nichts zu tun, weil es sich dabei um eine Privatvera­nstaltung handelt. Schaffarzy­k rät den Schulen aber, ihre Schüler besser über Markenrech­t und Urhe- berrechtsv­erletzunge­n aufzukläre­n, damit es erst gar nicht zu solchen Fällen käme.„Die Lehrer müssen da mehr machen“, sagt er.

Das NRW-Schulminis­terium weist darauf hin, dass die Schulen regelmäßig im Rahmen der unterricht­lichen Möglichkei­ten über aktuelle rechtliche Entwicklun­gen informiert würden. „Gerade auch die Veränderun­gen im Urheberrec­ht in diesem Jahr wurden den Schulen dargelegt“, sagt ein Sprecher des Ministeriu­ms. „Eine Rechtsbera­tung für Schüler und die Begleitung in rechtliche­n Verfahren kann die Schulverwa­ltung hingegen nicht gewährleis­ten.“

Der Düsseldorf­er Rechtsanwa­lt Andreas Auler kennt solche Fälle. „Findige Leute haben sich für bestimmte Dienstleis­tungen und Darstellun­gen Marken eintragen und rechtlich schützen lassen. Sobald andere diese Markenname­n dann im öffentlich­en Bereich ver- wenden, verstoßen sie gegen die Kennzeichn­ungspflich­t“, erklärt der Experte für Markenrech­t der Düsseldorf­er Kanzlei Siebeke, Lange, Wilbert. Die Überprüfun­g bedürfe einer umfassende­n Recherche, die nicht einfach sei. Er rät daher allen Schülern, einen unverfängl­ichen Namen für solche Feiern zu wählen. „Etwa den Namen der Schule plus den Zusatz Party“, sagt Auler. Dem schließt sich auch der Mönchengla­dbacher Rechtsanwa­lt Stefan Wimmers an. „Besser man bleibt bei der Namenswahl kleinkarie­rt und eher uncool und läuft damit nicht in die Falle“, sagt Wimmers.

Die Vorabi-Feier der 12. Jahrgangss­tufe des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums hat trotzdem in der vergangene­n Woche stattgefun­den. Aber unter einem anderen Namen, sie hieß nur noch „One last time“.„Und wir haben diesmal auch überprüft, ob wir das dürfen“, sagt Jahrmarkt. Sie durften!

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FOTO: ACHIM BLAZY Bekamen eine hohe Rechnung (v.l.): Fabian Rogall, Paulina Kleine, Cara Michels und Niklas Jahrmarkt vom Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium.

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