Rheinische Post Mettmann

Sohn findet nach 76 Jahren Grab des Vaters

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräb­erfürsorge hat den Hildener erst im August informiert, wo sein Vater begraben ist.

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

HILDEN „Mein lieber Junge. Zu Deinem Namenstag wünscht Dir Dein Papi alles Gute. Sei schön brav, damit die Mutti wenig Arbeit und Sorge mit Dir hat. Anbei etwas zu Naschen. Herzlichen Gruß und Kuss, Dein Papi.“Das hat Erich Frauenkron für seinen Sohn Erich am 12. Juli 1942 geschriebe­n. Auf einem kleinen Zettel mit Bleistift. Sieben Wochen später ist der Familienva­ter tot. Mit 34 Jahren gefallen als Obergefrei­ter der Wehrmacht in Russland, südlich von Moskau.„Er wurde am 2. September 1942 mit schweren Granatspli­tterverlet­zungen im Kopf im bewusstlos­en Zustand eingeliefe­rt“, schrieb der Leiter des Hauptverba­ndplatzes an Frauenkron­s Ehefrau Maria. Erich Frauenkron sei trotz aller Rettungsma­ßnahmen um 16.15 Uhr seiner Verletzung erlegen: „Mögen Sie die Kraft haben, diesen schweren Verlust standhaft zu tragen in dem stolzen Bewusstsei­n, dieses große Opfer im Kampf um Deutschlan­ds Freiheit und Bestand gebracht zu haben. Heil Hitler!“

Sohn

Der Zettel und ein paar Fotos: Das ist alles, was Erich Frauenkron von seinem Vater geblieben ist. Er war eineinhalb Jahre alt, als er ihn verlor. 76 Jahre hat er nach ihm gesucht.Vor zwei Monaten hat ihm der Volksbund Deutsche Kriegsgräb­erfürsorge geschriebe­n. Der Umbettungs­dienst hat Erich Frauenkron gefunden und anhand seiner Erkennungs­marke identifizi­ert. Kameraden hatten den Hildener und 711 weitere deutsche Soldaten damals in der Nähe des Hauptverba­ndplatzes Michojewo bei Medwedjewo/ Rshew bestattet. Ihre Gräber waren verschwund­en, oberirdisc­h nicht mehr erkennbar. Der Volksbund hat sie anhand von alten Unterlagen wiedergefu­nden. Und 712 deutsche Soldaten exhumiert und zur Kriegsgräb­erstätte Rshew überführt. Auf der einen Straßensei­te haben deutsche Soldaten ihre letzte Ruhe gefunden, auf der anderen russische. Gegner des Projekts konnten es zwei Jahre lang verhindern. Das zeigt, wie die tief die Wunden sind, die Hitlers Vernichtun­gskrieg im Osten hinterlass­en hat. Die Stadtverwa­ltung von Rshew war für dasVersöhn­ungsprojek­t und stellte ein drei Hektar großes Areal zur Verfügung. Trotz massiver Behinderun­gen, insbesonde­re der Umbettungs­arbeiten, fand die Einweihung der beiden Anlagen am 28. September 2002 statt, berichtet der Volksbund. „Auch dabei kam es zu Protesten“, erzählt Erich Frauenkron:„Es sah so aus, als wolle die Polizei den Gouverneur verhaften.“Er, sein Sohn Markus und sein Schwiegers­ohn Jochen waren damals nach Rshew gereist: „Wir wussten nur, dass mein Vater dort irgendwo begraben ist, aber nicht wo.Wir haben sein Grab gesucht, aber nicht gefunden. Der deutsche Soldatenfr­iedhof war ja verschwund­en.“

Bis Ende 2017 hat der Volksbund 39.105 Kriegstote aus der ganzen Region auf der Kriegsgräb­ergedenkst­ätte Rshew wiederbest­attet. Auch mehr als 70 Jahre nach Ende des schrecklic­hen Krieges werden immer noch Kriegstote gefunden. So wie Erich Frauenkron. Er liegt jetzt in Grab 2429, Block 13, Reihe 32. Für seinen Sohn ist diese Gewissheit trotz aller Traurigkei­t „wie eine Erlösung“. „Der Vater hat mir immer gefehlt“, gesteht der 77-Jährige. Obwohl er ihn kaum kannte. Erich Frauenkron war Kaufmann und Hildener. Seine Frau Maria stammte aus Ohligs. Die Familie wohnte auf der Hochdahler Straße 97 in Hilden. „Das Haus steht noch“, erzählt Erich

„Es ist wie eine

Erlösung!“

 ??  ?? Erich Frauenkron mit einem Aquarell. Es zeigt das Grab seines Vaters auf dem Soldatenfr­iedhof Rshew. Kameraden hatten es 1942 seiner Mutter geschickt.
Erich Frauenkron mit einem Aquarell. Es zeigt das Grab seines Vaters auf dem Soldatenfr­iedhof Rshew. Kameraden hatten es 1942 seiner Mutter geschickt.
 ??  ?? Familien-Porträt: Erich Frauenkron, seine Frau Maria und sein Sohn Erich mit etwa eineinhalb Jahren.
Familien-Porträt: Erich Frauenkron, seine Frau Maria und sein Sohn Erich mit etwa eineinhalb Jahren.

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