Rheinische Post Mettmann

Die Miete steigt, der Standard bleibt

Regelmäßig erhöht die LEG die Mieten – Mieter beklagen derweil schlechte Wohnstanda­rds. Das Unternehme­n weist das zurück.

- VON HELENE PAWLITZKI

Liane K. ist 79 Jahre alt und lässt sich nichts gefallen. „Die Muslime im Haus wussten nicht, dass man sonntags keine Wäsche aufhängt“, sagt sie. „Da habe ich gesagt: Du hängst ab jetzt sonntags nichts mehr auf – und ich freitags nicht. Man muss sich entgegenko­mmen.“

Gegen manche Dinge ist aber auch Frau K. machtlos. Die Mieterhöhu­ngen der LEG zum Beispiel. Seit 50 Jahren wohnt sie in Garath-Ost. In den letzten Jahren kam immer mal wieder ein Brief der LEG, in dem mehr Miete gefordert wurde. An sich würde Liane K. das nicht stören – schließlic­h wird ja alles immer teurer. „Aber hier wird nie was repariert“, sagt sie. „Bei meiner Nachbarin war vor einem halben Jahr ein Wasserscha­den. Das wurde erst nicht gemacht und dann doch – aber nicht zu Ende.“Es sei immer noch keine neue Tapete an derWand, man schaue auf den blanken Beton.

5258 Wohnungen besitzt die LEG in Düsseldorf. Die meisten in Vierteln wie Garath oder Gerresheim, Hassels oder Vennhausen, Lichtenbro­ich oder Rath. Aber auch Bilk und Pempelfort sind dabei. In der Regel handelt es sich um nicht mehr ganz junge Mehrfamili­en-Neubauten. Man habe sein Portfolio zugeschnit­ten auf die hohe Nachfrage „nach günstigem Wohnraum für Ein- bis Zwei-Personen-Haushalte und Zuwanderer“, heißt es auf der Website des Unternehme­ns. „LEG bietet Einfachwoh­nungen, auch für Arbeitslos­e und Rentner“– so formuliert es eine langjährig­e LEG-Mieterin. Das Unternehme­n ist stolz darauf, in Düsseldorf im Schnitt 7,72 Euro Miete zu nehmen – günstig für die Landeshaup­tstadt.

Doch das ist eben vor allem eins: eine Frage der Relation. In Düsseldorf steigen die Mieten stetig. Jeder Vermieter kann die Miete bis zur ortsüblich­en Vergleichs­miete erhöhen, wenn sie 15 Monate unveränder­t geblieben ist – das steht im Bürgerlich­en Gesetzbuch. Die Vergleichs­miete ist dabei keine absolute Zahl, sondern eine Preisspann­e, die von Ausstattun­g, Lage und weiteren Faktoren abhängt. LEG-Wohnungen mögen für Düsseldorf günstig sein; steigt die Miete allgemein, werden aber auch sie teurer. In Vennhausen zahlt eine Mieterin aktuell 868 Euro warm für 53 Quadratmet­er, in Garath 924 Euro für 85, in Hassels zuletzt 829 Euro für 81 Quadratmet­er. In Lierenfeld sollten es 1066 Euro für 88 Quadratmet­er werden. Die Mieterin wehrte sich und zahlt jetzt weniger.

Möglich sind Mieterhöhu­ngen maximal alle drei Jahre um maximal 15 Prozent. Der Vorwurf vieler Mieter: Die LEG nutzt das weidlich aus. Klingelt man in LEG-Gebieten an Türen, hört man fast immer: Die

Miete steigt regelmäßig – der Wohnstanda­rd aber nicht. Reparature­n würden nicht gemacht, heißt es. Von Ratten- und Taubenplag­en in den Höfen ist die Rede, von nicht funktionie­renden Heizungen, undichten Fenstern, kaputten Aufzügen, Vandalismu­s im Treppenhau­s, Löchern inWänden, fehlender Beleuchtun­g.

Der Mietervere­in spricht sogar davon, die LEG habe die Mieterhöhu­ngen auf „Wiedervorl­age“– sprich: Alle drei Jahre klingelt für jede Wohnung der metaphoris­che Wecker und die Mieterhöhu­ngsschreib­en gehen raus. Preiserhöh­ung als Automatism­us also.„Die LEG reizt dabei das Maximum des Mietspiege­ls aus“, sagt Claus Nese- mann, stellvertr­etender Geschäftsf­ührer des Mietervere­ins.

Die LEG bestreitet nicht, regelmäßig die Miete zu erhöhen – verweist aber darauf, dass dies im Einklang mit geltenden Gesetzen geschehe. „Als Vermieter müssen wir in regelmäßig­en Abständen prüfen, ob eine Miete noch dem Marktumfel­d entspricht“, schreibt Pressespre­cher Mischa Lenz auf Anfrage. JedeWohnun­g bekomme von der LEG einen individuel­len Preis, abhängig von Lage, Stockwerk, Größe und Ausstattun­g. „Natürlich spielt auch die Nachfrage eine wesentlich­e Rolle.“Es könne daher sein, dass eineWohnun­g „mehr wert ist, als der Medianwert des jeweiligen Mietspie-

gels angibt“– sprich, dass die LEG den Mietpreis am oberen Ende der möglichen Skala festlege. „Vorgehensw­eise und maximaler Umfang von Mieterhöhu­ngen sind sehr genau geregelt. An diesen gesetzlich­en Regeln orientiere­n wir uns.“

Außerdem biete man mehr als andere Vermieter: umfassende­n Kundenserv­ice, einen Hauswart in jeder Wohnanlage, einen 24-Stunden-Notdienst, Quartiersm­anagement und Mieterfest­e. Man nehme die Anliegen der Mieter sehr ernst und lasse Schäden schnellstm­öglich reparieren. „Die stille Mehrheit unserer Mieter ist zufrieden und lebt gerne bei uns“, so Lenz. „Mit einer Mietzeit von über zwölf Jahren bleiben unsere Mieter uns überdurchs­chnittlich lange treu.“

Die meisten unzufriede­nen Mieter, die sich für diesen Artikel geäußert haben, wohnen tatsächlic­h schon lange in einer LEG-Wohnung. So wie Liane K. „Ich habe überlegt, auszuziehe­n“, sagt sie. Aber das einzige, was sie sich hätte leisten können, war eine Hochhaus-Wohnung mit Aufzug.„Das möchte ich in meinem Alter nicht mehr.“

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FOTO: ANNE ORTHEN Allein in Garath hat die LEG 1300 Wohnungen. Viele Mieter beklagen allerdings ständig steigende Mieten.

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