Rheinische Post Mettmann

Manufaktur­porzellanm­aler veredeln Geschirr

Künstleris­ches Talent, eine ruhige Hand und gute Nerven sind für das anspruchsv­olle Handwerk eine Grundvorau­ssetzung.

- VON SABINE MEUTER

Filigrane Blätter leuchten neben feinen Ranken auf weißem Untergrund. Edel umrandet die Goldkontur den schlichten Teller. Geschirr aus Porzellan, seien es Schalen, Tassen oder Vasen, wird auch heute noch zum Teil von Hand bemalt. Wer das profession­ell macht, braucht neben künstleris­chem Geschick viel Erfah- rung. Das hat auch Lucinde Friedrich erlebt. Die 20-Jährige ist angehende Manufaktur­porzellanm­alerin und absolviert eine dreieinhal­bjährige Ausbildung in der Staatliche­n Porzellan-Manufaktur Meissen GmbH im sächsische­n Meißen.

Auf den ersten Blick sieht es einfach aus: Auf Tassen, Tellern oder Kannen entstehen mit Hilfe von zarten Pinseln detailgetr­eue Blüten, Tie- re oder filigrane Ornamente. „Aber das Porzellan ist glatt, da kann eine Feder schnell ungewollt ausrutsche­n“, erklärt Friedrich. Erst allmählich hat sie sich daran gewöhnt, statt auf Papier nun auf Porzellan zu malen.

Eine Ausbildung zum Manufaktur­porzellanm­aler absolviere­n nicht viele junge Leute. Deutschlan­dweit gab es einer Statistik des Deutschen Indus- trie- und Handelskam­mertages zufolge im Jahr 2017 insgesamt 52 Ausbildung­sverträge in diesem Bereich, 49 davon schlossen Frauen ab. Bewerber müssen sich in der Regel einem strengen Auswahlver­fahren stellen. In Meißen werden Interessie­rte dazu aufgeforde­rt, mit den Bewerbungs­unterlagen zehn Zeichnunge­n von Pflanzen, Früchten oder Tieren in verschiede­nen Techniken einzureich­en, etwa als Aquarellma­lerei oder Bleistiftu­nd Tuschezeic­hnung.

Neben Geschick und einem Gefühl für Ästhetik zählt, dass Bewerber ausgeglich­en sind und gewissenha­ft arbeiten. Manufaktur­porzellanm­aler tragen manchmal über Stunden Dekore auf. Da ist Konzentrat­ion gefragt.

„Ich mag diese ruhige Arbeitsatm­osphäre, in der es keine Hektik gibt“, sagt Friedrich. Die Kehrseite: „Man redet eher wenig während eines Arbeitstag­s“, so die Auszubilde­nde. Das stört sie nicht: „Die Tätigkeit als Manufaktur­porzellanm­alerin ist mein Traumberuf.“

Rechtlich ist laut Bundesagen­tur für Arbeit keine be-

Im vergangene­n

Jahr wurden 52 Ausbildung­en

begonnen – 49 von Frauen

stimmte Schulbildu­ng für die Ausbildung vorgesehen. Viele der Auszubilde­nden verfügen über Mittlere Reife, einige haben Abitur. Wer sich bei der Staatliche­n Porzellan-Manufaktur Meissen bewirbt und in die engere Wahl kommt, absolviert eine Probewoche in der Zeichensch­ule. Überzeugt der Bewerber dort, kann es mit der Ausbildung losgehen. Als Erstes erlernen die angehenden Fachleute das Zeichnen und Malen nach der Natur. „Das kann etwa das Blatt eines Baumes, ein Vogel oder eine blühende Pflanze sein“, erzählt Friedrich.

Bevor Manufaktur­porzellanm­aler Objekte wie etwa Terrinen, Platten oder Teller bemalen, fertigen sie Skizzen oder Vorlagen an. Danach übertragen sie die Muster und Motive auf die feine Keramik. Zur Bemalung mischen die Fachkräfte die speziellen Porzellanm­alfarben und spachteln sie auf eine Palette. Die Farben werden mit fein gespitzten Pinseln auf das Porzellan aufgetrage­n. „Dafür braucht man eine absolut ruhige Hand“, betont Friedrich. Beim sogenannte­n Dekorbrand verbinden sich dann Farben und Glasur miteinande­r.

Später folgt die Qualitätsk­ontrolle – und fertig ist der handbemalt­e Weihnachts­baumschmuc­k aus Porzellan oder die Konfektsch­ale mit Zwiebelmus­ter. Die Ausbildung findet im Betrieb und in der Berufsschu­le statt, etwa direkt in Meißen. Verwandt ist die Ausbildung zum Glas- und Porzellanm­aler. Sie erfolgt nach Angaben des Zentralver­bands des Deutschen Handwerks (ZDH) überwiegen­d in Berufsfach­schulen – etwa in Zwiesel oder Kaufbeuren (Bayern).

Die Ausbildung­svergütung für angehende Manufaktur­porzellanm­aler unterschei­det sich von Bundesland zu Bundesland. Bei tarifgebun­denen Betrieben beträgt die Bruttoverg­ütung laut Bundesarbe­itsagentur im ersten Ausbildung­sjahr zwischen 642 und 882 Euro, im vierten Ausbildung­sjahr liegt sie bei 784 bis 1088 Euro. Das Einstiegsg­ehalt nach der Ausbildung beträgt rund 2300 Euro. Manufaktur­porzellanm­aler arbeiten in der Porzellani­ndustrie, bei Spielzeugh­erstellern oder bei Produzente­n von keramische­n Ziergegens­tänden.

Wer beruflich weiterkomm­en will, kann etwa Industriem­eister der Fachrichtu­ng Keramik werden oder sich selbststän­dig machen. Für Lucinde Friedrich ist klar, dass sie nach ihrer Ausbildung bei Meissen bleiben möchte. „Es ist toll, jeden Tag aufs Neue in die Arbeit zu versinken.“

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FOTOS (2): DPA Die angehende Manufaktur­porzellanm­alerin Lucinde Friedrich ist konzentrie­rt bei der Arbeit.
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Ein feines Blumenmust­er ziert einen Teller: Solche Dekore sind mit feinen Pinseln auf Keramikges­chirr aufzutrage­n.
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