Rheinische Post Mettmann

Klamauk mit Holmes und Watson

Will Ferrell und John C. Reilly spielen den Detektiv und seinen kongeniale­n Assistente­n. Hätten Sie mal lieber nicht.

- VON PHILIP DETHLEFS

(dpa) Die Begeisteru­ng für den berühmten Detektiv Sherlock Holmes ist mehr als 120 Jahre nach seinem ersten literarisc­hen Auftritt immer noch groß. 1887 erschien der Roman „Eine Studie in Scharlachr­ot“von Arthur Conan Doyle. Noch heute stehen die Fans in der Londoner Baker Street vor dem Sherlock-Holmes-Museum Schlange. Im Fernsehen und im Kino haben außerdem Benedict Cumberbatc­h und Robert Downey Jr. den altmodisch­en Helden modernisie­rt. Und jetzt kommt der Detektiv in der US-Komödie „Holmes & Watson“auf die Leinwand.

Für den Kino-Klamauk tratenWill Ferrell und John C. Reilly, das kongeniale Duo der Kultkomödi­e„Stiefbrüde­r“(2008), wieder gemeinsam vor die Kamera. Ferrell spielt den gefeierten Meisterdet­ektiv, der selbstverl­iebt und dabei mitunter erstaunlic­h planlos ist, während Reilly als sein bescheiden­er Freund Dr. Watson eigentlich der Klügere von beiden ist. Er vergöttert Holmes und träumt davon, dessen gleichbere­chtigter Partner zu werden.

Zunächst sorgt Holmes dafür, dass ein Doppelgäng­er seines Erzfeindes Moriarty (Ralph Fiennes) vor Gericht freigespro­chen wird. Kurz darauf bekommt der Detektiv auf einer Überraschu­ngsparty, die KöniginVic­toria zu seinem Geburtstag im Palast organisier­t, eine Torte serviert, in der eine Leiche steckt – ein Gruß von Moriarty. Der droht, die Queen in zwei Tagen zu ermorden.

Bei ihren Ermittlung­en machen Holmes und Watson Bekanntsch­aft mit der US-Kriminolog­in Dr. Grace Hart (Rebecca Hall) und ihrer Assistenti­n Millie (Lauren Lapkus). Zwischen Watson und Hart funkt es, und Holmes verliebt sich in Millie. Die verhält sich allerdings ziemlich seltsam, weil sie angeblich von Katzen aufgezogen wurde. Es folgt eine recht beliebige Aneinander­reihung von komischen und weniger komischen Situatione­n und absurden Momenten, in denen die Detektive versuchen, den Fall zu lösen, sich aber durch allerlei Blödsinn und ihre Gefühle für die beiden Damen ablenken lassen.

Ihre Ermittlung­en im Rotlichtmi­lieu enden in einem Saufgelage und mit Sexting nach Art des 19. Jahrhunder­ts: Sie verschicke­n per Telegramm schmutzige Nachrichte­n und Bilder von ihren Geschlecht­steilen an die Frauen. Damit nicht genug. Eine Leichenrei­nigung wird für Watson und Hart zu einem erotischen Vergnügen. Bei einem Selfievers­uch mit der Königin schlagen sie Ihre Majestät versehentl­ich bewusstlos. Und für zusätzlich­es Chaos sorgt die Haushälter­in Hudson, die ständig wechselnde Liebhaber hat, darunter Albert Einstein und Mark Twain.

Ferrell wurde in den 90ern durch die Comedyshow „Saturday Night Live“berühmt. Für seine ernstere Rolle in „Schräger als Fiktion“erhielt er eine Golden-Globe-Nominierun­g, aber Komödien wie „Anchorman“oder„Ricky Bobby – König der Rennfahrer“machten ihn zum Kultstar. Reilly, der in beiden Filmen mit- spielte, überzeugte auch im Drama „Gangs Of New York“und im Marvel-Kracher„Guardians Of the Galaxy“. Doch „Watson & Holmes“wird in der Filmografi­e beider US-Stars keinen bleibenden Eindruck hinterlass­en – zumindest keinen guten.

Dass die Story äußerst dünn ist, ja fast nicht vorhanden, wäre nicht weiter schlimm, wenn der Film mit Humor punkten würde. Aber „Holmes & Watson“ist nicht lustig und selbst für echte Ferrell- und Reilly-Fans eine herbe Enttäuschu­ng. Die meisten Gags sind so flach, dass schon ein müdes Schmunzeln schwerfäll­t. Viele Witze zielen unter die Gürtellini­e und werden viel zu lang ausgereizt.

Der israelisch-amerikanis­che Regisseur Etan Cohen – nicht zu verwechsel­n mit Filmemache­r Ethan Coen („The Big Lebowski“) – drehte mit Ferrell schon „Der Knastcoach“und hat „Men In Black 3“in seiner Vita stehen. Als Drehbuchau­tor und Regisseur von „Holmes & Watson“ist er der Hauptveran­twortliche für diesen filmischen Rohrkrepie­rer, den Sony laut Medienberi­chten an

den Streaminga­nbieter Netflix loswerden wollte. Doch Netflix lehnte ab. Kein Wunder.

Wie die Amerikaner Ferrell und Reilly den britischen Akzent meistern, ist zwar mitunter köstlich, aber natürlich nur in der englischen Originalfa­ssung. Im Gegensatz zur Spielfreud­e, die das Duo in anderen Filmen versprüht, wirken sie in „Holmes & Watson“mitunter fast lustlos. Auch die namhafte Besetzung der Nebenrolle­n – mit Fiennes, Hart und Steve Coogan – kann diesem Film nicht helfen.

Die wenigen Lacher in den zähen 90 Minuten lassen sich an einer Hand abzählen und sind schon im Trailer enthalten. Anderthalb Stunden lassen sich daher mit einem der klassische­n Romane von Sir Arthur Conan Doyle besser verbringen oder mit einem der anderen Filme von Ferrell und Reilly.

Holmes & Watson, USA 2018, von Etan Cohen, mit Will Ferrell, John C. Reilly, Kelly Macdonald, 90 Minuten

Bewertung:

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FOTO: DPA Sherlock Holmes (Will Ferrell, l.) und Watson (John C. Reilly) lassen sich in Etan Cohens Verfilmung des berühmten Detektiv-Stoffes ordentlich gehen.

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