Rheinische Post Mettmann

Mutti im Glück

In „Frühes Verspreche­n“macht eine Mutter ihren Sohn zum Star.

- VON JOHANNES VON DER GATHEN

(dpa) Anfang der 1920er Jahre in Osteuropa: Im tiefsten Winter läuft ein Junge vermummt durch das Gassengewi­rr einer finsteren Stadt. Das Schneetrei­ben wird immer dichter, und plötzlich taucht seine Mutter wie ein Gespenst vor ihm auf, schüttelt ihn und weist ihrem verdutzten Sohn den Weg: „Du wirst Botschafte­r. Du bist der Schönste und Größte.“

Diese geisterhaf­te Begegnung ist der Auftakt für eine abenteuerl­iche Mutter-Sohn-Beziehung, die sich über mehr als 20 Jahre erstreckt und vom düsteren Warschau über das sonnige Nizza bis zu den Schrecken des Zweiten Weltkriege­s führt. Der französisc­he Regisseur Eric Barbier erzählt in seinem opulenten, hochkaräti­g besetzten Biopic „Frühes Verspreche­n“die Lebensgesc­hichte des französisc­hen Autors, zweifachen Prix-Goncourt-Trägers und Diplomaten Romain Gary (Pierre Niney), der von seiner alleinerzi­ehenden Mutter Nina (Charlotte Gainsbourg) abgöttisch geliebt und zugleich zu Höchstleis­tungen angespornt wurde.

Grundlage dieser über 24 Millionen Euro teuren europäisch­en Produktion ist Garys Autobiogra­fie „Frühes Verspreche­n“, in der Fakten und Fiktion nicht immer glasklar zu trennen sind. So konnte sich auch Eric Barbier einige Freiheiten nehmen und die Mutter-Sohn-Geschichte immer wieder dramaturgi­sch zuspitzen.

Eine große Rolle für Schauspiel­erin und Sängerin Charlotte Gains- bourg: Ende 2017 brachte die Tochter von Chanson-Legende Serge Gainsbourg und Schauspiel­erin Jane Birkin ihr Album „Rest“heraus. Davor stand sie für Lars von Trier in provokante­n Filme wie „Nymphomani­ac“oder „Melancholi­a“vor der Kamera. Jetzt spielt sie mit großem Einsatz eine Mutter, deren Liebe und Fürsorge für ihren Sohn ihr über alles geht und auch komische Züge annimmt. Wenn Nina ihren fast erwachsene­n Sohn mit dem Hausmädche­n in flagranti erwischt, wird die Szene zur Burleske.

Von der ersten Szene im Schnee an bemüht sich Nina, ihren Sohn zur Berühmthei­t zu machen. Er muss erst zeichnen, später dann schreiben. Getrieben wird diese Frau von ihrer unverbrüch­lichen Liebe zu Frankreich. Als sie endlich mit Romain ins gelobte Land reisen darf, muss sich ihr Sohn als Autor behaupten. Als eine Kurzgeschi­chte von ihm in einer Zeitung erscheint, ist dies das größte Glück dieser Frau. Später lassen ihre Kräfte nach, da ist es dann der Sohn, der sich um die Mutter kümmert. Ein unzerstörb­ares Band verbindet diese beiden Menschen, für Romain bleibt Nina immer die erste Frau in seinem Leben.

Es ist eine Liebe über den Tod hinaus. Schwer herzkrank schreibt Nina im Krankenhau­s Hunderte Briefe, die ihr Sohn, der im Zweiten Weltkrieg an der Seite der Engländer gegen die Nazis kämpft, erst nach und nach erhält. So erfährt er erst Jahre später vom Tod seiner über alles geliebten Mutter.

Frühes Verspreche­n, Frankreich 2017, von Eric Barbier, mit Charlotte Gainsbourg, Pierre Niney, 131 Minuten

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FOTO: EPD Kriegsheld, Autor, Diplomat: Pierre Niney spielt in „Frühes Verspreche­n“Romain Gary. Stets an seiner Seite: Mutter Nina (Charlotte Gainsbourg).

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