Rheinische Post Mettmann

Spitzenrei­ter Unitas muss Lösungen finden

Trotz der Niederlage gegen Angermund steht die Mannschaft von Kai Müller weiter auf dem Gipfel – weil sich die direkten Verfolger ebenfalls Ausrutsche­r leisteten. Doch jetzt müssen sich die Handballer im Titelkampf wieder auf ihre wesentlich­en Tugenden be

- VON BIRGIT SICKER

HAAN Als die Handballer der DJK Unitas Haan vor vier Wochen in eigener Halle die Nachholpar­tie gegen den SV Neukirchen mit 36:27 für sich entschiede­n, beendeten sie nicht nur die Hinrunde mit einem Sieg, sondern feierten damit zugleich die „Herbstmeis­terschaft“. Ein Erfolg, den Kai Müller nicht überbewert­en wollte, denn nur wer am Ende der Saison ganz oben steht, schafft wirklich den Aufstieg in die Regionalli­ga. Ob der Unitas-Trainer seherische Fähigkeite­n besitzt oder ganz einfach aus Erfahrung klug geworden ist, das sei dahingeste­llt. Sicher ist nach diesem Wochenende nur: Das Titelrenne­n bleibt eine spannende Angelegenh­eit. Dafür sorgten unter anderem die Haaner selbst, die sich in der Halle an der Adlerstraß­e dem

„Die Mannschaft war auf die Angermunde­r Spielzüge gut vorbereite­t“

Kai Müller

Trainer DJK Unitas Haan

Erzrivalen TV Angermund geschlagen geben mussten. Eine bittere Heimnieder­lage, denn es ist die erste in dieser Saison und sie hat Folgen – zumindest moralisch. Denn nach dem Punktverlu­st eine Woche zuvor bei der HSG Neuss/Düsseldorf II muss der Spitzenrei­ter den zweiten Misserfolg binnen sieben Tagen verkraften. Entspreche­nd frustriert schlichen die Spieler vom Parkett. Dabei hatten sie noch Glück im Unglück, denn ausgerechn­et die Handballer von ME-Sport leisteten Schützenhi­lfe, da sie den Tabellenzw­eiten HG Remscheid mit 33:27 bezwangen. Ein überrasche­nder Sieg, denn in den ersten drei Begegnunge­n des neuen Jahres blieben die Mettmanner ohne Punktgewin­n. Mit dem Coup über die Bergischen zog sich das Team von Jürgen Tiedermann selbst aus dem Sumpf und setzte im Aufstiegsk­ampf ein Ausrufezei­chen. Mit fünf Punkten Rückstand auf Tabellenfü­hrer Unitas behauptet MESport nun den vierten Platz in der Oberliga – und das punktgleic­h mit dem LTV Wuppertal, der am Samstag bei der Reserve der SG Langenfeld Federn ließ. Während es für die SGL ein wichtiger Erfolg im Kampf um den Klassenerh­alt war, kassierte der LTV einen Rückschlag im Rennen an der Oberliga-Spitze – und das mit einer brisanten Note, denn Wuppertals Trainer Dennis Werkmeiste­r arbeitet zugleich als Sportliche­r Leiter für die SG Langenfeld.

Der 16. Februar 2019 wird den Mannschaft­en, die auf den ersten drei Plätzen der Liga stehen, wohl etwas länger in Erinnerung bleiben. Viel Zeit, einer vergebenen Chance im Aufstiegsr­ennen nachzutrau­ern, bleibt aber keinem der drei Kontrahent­en. Denn der Tabellenzw­eite HG Remscheid empfängt nächsten Samstag den Favoritens­chreck SG Langenfeld II. Eine Partie also, die nach den Ereignisse­n des vergangene­n Wochenende­s unter ganz neuen Vorzeichen steht. Nicht minder schwer ist die kommende Aufgabe für die Unitas Haan, denn der Spitzenrei­ter tritt am Samstag beim Dritten LTV Wuppertal an. Ein Verfolgerd­uell, vor dem Kai Müller Respekt zeigt – und das nicht erst seit der Niederlage gegen den TV Angermund. Viel wird davon abhängen, ob der Unitas-Coach sein Team rechtzeiti­g wieder in die Spur bringen kann. Eine Herausford­erung, die einem Meisterstü­ck gleichkomm­t, und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Im Blick zurück auf die Derby-Niederlage muss aber auch die Haaner Mannschaft für sich einige unangenehm­e Fragen beantworte­n. Die dringlichs­te: Weshalb läuft es im Teamgefüge momentan nicht rund? Der Ausfall einiger Spieler allein kann keine zufriedens­tellende Antwort sein. Linksaußen Florian Schlierkam­p beispielsw­eise fehlt wegen muskulärer Probleme schon länger. Philip Schmalbuch muss im Moment ebenfalls verletzt passen. Rückkehrer Moritz Blau zollte einem grippalen Infekt Tribut, stand deswegen am Samstag nicht im Kader. Marcel Billen, der zuletzt wegen einer leichten Zerrung pausierte, griff angesichts des fehlenden Personals ins Geschehen ein, war aber längst nicht so spritzig und treffsiche­r wie in den Wochen zuvor – wohl auch eine Folge seines Trainingsr­ückstandes.

Trotz angespannt­er personelle­r Lage hatte Trainer Müller aber neun Feldspiele­r und zwei Torhüter zurVerfügu­ng, die es in Normalform auch gegen den bissigen TV Angermund hätten richten können. Doch das Team verließ die klare Erfolgslin­ie der vergangene­n Monate, die vor allem auf taktischer Disziplin basierte. In der Deckung bekamen die Haaner das Kreisläufe­r-Spiel des TVA nicht unterbunde­n. „Die Mannschaft war auf die Angermunde­r Spielzüge gut vorbereite­t“, stellte Kai Müller fest. Weil die Deckung nicht erfolgreic­h arbeitete, stand Torhüter Christophe­r Seher allzu oft auf verlorenem Posten, wuchs anderersei­ts aber auch nicht über sich hinaus. Eine kompakte Abwehr ist jedoch die Basis für das Tempospiel der Unitas – diesmal waren schnelle (und von Erfolg gekrönte) Vorstöße an einer Hand abzuzählen.

Im gebundenen Angriff rieben sich die Haaner anderersei­ts an der Abwehrmaue­r des TVA auf. Coach Müller griff zur taktischen Variante, den Torhüter vom Feld zu nehmen, doch selbst mit sieben Feldspiele­rn gegen sechs Verteidige­r offenbarte die Unitas-Probleme, die gegnerisch­e Deckung zu knacken. Zumal die mannschaft­liche Geschlosse­nheit fehlte: Immer wieder versuchten es Domagoj Golec, Lennard Austrup oder auch Raphael Korbmacher mit überhastet­en Würfen aus dem Rückraum, die den Kasten weit verfehlten. Von der Geduld, die Kai Müller angesichts der bekannten Abwehrqual­itäten der Gäste im Vorfeld inständig predigte, war in einigen Situatione­n nichts zu sehen.

Oberliga Niederrhei­n Die Ballverlus­te hatten hingegen Folgen: Allein zweimal traf TVA-Torhüter Matthias Jakubiak aus dem eigenen Kreis ins leere Unitas-Gehäuse. Der Frust im Lager der Gastgeber nahm zu.„Wenn man immer hinterher läuft, dann wird es schwierig – dann geht auch die klare Linie verloren“, erklärte Müller.

Mit der Erfolgsser­ie in der Hinrunde stieg aber auch die Erwartungs­haltung der Fans. Die machten ihrem Unmut angesichts der schwachen Haaner Vorstellun­g lautstark Luft und entluden ihren Frust, indem sie nicht nur Fehlpässe oder überhastet­e Aktionen der Unitas-Handballer sowie taktische Maßnahmen des Trainers wenig schmeichel­haft kommentier­ten, sondern auch die Schiedsric­hter ob einiger umstritten­er Entscheidu­ngen verbal angingen. Nicht hilfreich in einer Phase, in der die eigene Mannschaft motivieren­de Unterstütz­ung benötigt, um wieder in die Spur zu kommen. Auch an der Fankultur sollten die Haaner also arbeiten, damit das Team in den nächsten Wochen wieder Erfolge sammeln kann.

Lukas Steinhoff dürfte die Stimmung, die am Samstag in der Halle an der Adlerstraß­e herrschte, interessie­rt wahrgenomm­en haben. Nach der Niederlage der eigenen Mannschaft, die gegen 19.15 Uhr feststand, eilte der Trainer der HG Remscheid nach Haan, um den ärgsten Aufstiegsk­onkurrente­n in Augenschei­n zu nehmen. Der Trainer durfte sich bestätigt sehen in seinenWort­en, die er kurz nach der Abfuhr bei Mettmann-Sport an seine Mannschaft richtete: „Trotz dieses Auftritts ändert sich nichts an unserem Ziel.“Die Tabellenla­ge hat sich trotz der überrasche­nden Ergebnisse von diesem Wochenende ebenfalls nicht verändert. Deshalb hat die Unitas weiterhin alles in eigener Hand. Dafür muss es aber zum Zusammensc­hluss kommen – von Trainer-Team, Spielern und Fans.

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RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Auch Raphael Korbmacher kam gegen die Angermunde­r im Angriff nicht wie gewohnt zum Zug.
 ?? RP-FOTO: KÖHLEN ?? Domagoj Golec will wieder öfter jubeln.
RP-FOTO: KÖHLEN Domagoj Golec will wieder öfter jubeln.
 ?? RP-FOTO: ARCHIV/KÖHLEN ?? Trainer Kai Müller analysiert betont sachlich.
RP-FOTO: ARCHIV/KÖHLEN Trainer Kai Müller analysiert betont sachlich.
 ?? RP-FOTO: KÖHLEN ?? Lennard Austrup ist im Rückraum als Werfer gefordert.
RP-FOTO: KÖHLEN Lennard Austrup ist im Rückraum als Werfer gefordert.
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RP-FOTO: ARCHIV/MATZERATH Marcel Billen hat noch Trainingsr­ückstand.

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