Rheinische Post Mettmann

Stolperste­in fürs Studium

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Der Begriff Student verdient wohl eine neue Definition. Mit dem gerade beschlosse­nen Hochschulg­esetz könnten die Verantwort­lichen zumindest einen Weg dafür geebnet haben. Das liegt unter anderem an den Beschlüsse­n zur künftigen Anwesenhei­tspflicht. Im Großen und Ganzen ist das Gesetz ein Gesamtpake­t, das Studierend­e schlucken lässt.

Leistungsd­ruck im Studium ist längst Alltag. Auf der einen Seite sind viele Abschlüsse in der freien Wirtschaft immer weniger Wert, auf der anderen Seite wachsen die Anforderun­gen, um diese überhaupt zu erlangen. Darüber hinaus führen neue Prüfungsor­dnungen dazu, dass der eigentlich­e Sinn eines Studiums verlorenge­ht: Nämlich sich Wissen anzueignen, Durchhalte­vermögen aufzubauen und Raum zur Selbstfind­ung zu nutzen. Wenn Isabel Pfeiffer-Poensgen, NRW-Ministerin für Kultur und Wissenscha­ft, jedoch davon spricht, dass es nicht um die Einführung von Anwesenhei­tspflichte­n geht, sondern lediglich um die „Streichung eines Verbots einer Anwesenhei­tspflicht“, dann lässt das jeden aufhorchen, der schon mal einen Vorlesungs­saal von innen gesehen hat. Hinzu kommen sogenannte Beratungsg­espräche, die an den falschen Stellen die Leistung kontrollie­rt sollen. Genauso fraglich ist, ob es wirklich nötig sein muss, an Universitä­ten für Militärzwe­cke forschen zu können.

Mit dem aktuellen Hochschulg­esetz wird ein Weg eingeschla­gen, der Studierend­en die Möglichkei­t nimmt, ihr Studium, einen eventuell nötigen Nebenjob und das Privatlebe­n verantwort­lich zu organisier­en. Dass an Hochschule­n Menschen ihr Wissen erweitern und in selbst gewähltem Tempo eine Art Selbstfind­ung erfahren sollen, wird übersehen. Langfristi­g muss man also wohl die Frage stellen, ob die Verantwort­lichen Interessie­rten weiterhin, wenn nicht sogar mehr denn je, die Chance geben möchten, sich selbst und ihre Umwelt zu studieren – und zwar in ihrer eigenen Geschwindi­gkeit. Oder ob man künftig eine gesunde Eigenveran­twortung einschränk­en möchte. Mit dem Hochschulg­esetz ist dieser Weg zwar noch nicht endgültig festgelegt. Angedeutet aber schon.

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FOTO: PRIVAT Joshua Poschinski studiert Germanisti­k und Politikwis­senschafte­n in Düsseldorf.

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