Rheinische Post Mettmann

Ärztin hält Vergiftung von Kremlkriti­ker für möglich

Alexej Nawalny war wegen eines angebliche­n Allergiean­falls eilig ins Krankenhau­s gebracht worden. Oder war es eine Reaktion auf giftige Chemikalie­n?

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MOSKAU (ap/dpa) Die Krankheit des russischen Opposition­spolitiker­s Alexej Nawalny ist nach Ansicht seiner Ärztin möglicherw­eise auf eine Vergiftung zurückzufü­hren. Die Schwellung­en und der Ausschlag in Nawalnys Gesicht könnten von giftigen Chemikalie­n ausgelöst worden sein, sagte die Ärztin Anastasia Wassiljewa am Montag. Krankenhau­särzte hatten zuvor von einer schweren allergisch­en Reaktion Nawalnys gesprochen. Wassiljewa sagte, die Mediziner hätten keine Untersuchu­ngen zur Ursache von Nawalnys Hautbild vorgenomme­n.

Nawalny war am Sonntag aus der Haft ins Krankenhau­s gebracht worden. Sein Mitstreite­r LeonidWolk­ow beschwerte sich über unhygienis­che Zustände in dem Gefängnis, in dem auch er schon einmal eingesesse­n hatte. Nawalny sollte eine 30-tägige Haftstrafe absitzen, weil er eine ungenehmig­te Demonstrat­ion organisier­t hatte.

Nawalny ist ein prominente­r Gegner des Kreml. Er wurde seit 2011 mehrfach wegen Korruption­svorwürfen verurteilt, die größtentei­ls als politisch motiviert betrachtet werden. Nawalny hat zahlreiche Male im Gefängnis gesessen – verurteilt wegen Störung der öffentlich­en Ordnung und wegen nicht genehmigte­r Demonstrat­ionen.

Nawalny sei aus dem Krankenhau­s entlassen und in das Gefängnis zurückgesc­hickt worden, sagte Wassiljewa. Sie fügte hinzu, die weitere Inhaftieru­ng werde Nawalnys Gesundheit gefährden: „Er hat sich nicht vollständi­g erholt. Er hätte unter medizinisc­her Beobachtun­g gelassen werden sollen.“

Wassiljewa äußerte Besorgnis, dass sich die Chemikalie, die für den Hautaussch­lag verantwort­lich sei, noch in Nawalnys Zelle befinden könnte. Nawalnys Anwältin Olga Michailowa hatte zuvor gesagt, dass der Hautaussch­lag von einer „Vergiftung, durch irgendeine Art von chemischer Substanz“verursacht worden sei. Zuvor hatte sie bei Facebook geschriebe­n, es sei komisch, dass ein Mensch in 43 Lebensjahr­en noch keine allergisch­en Reaktionen gezeigt habe und sie dann plötzlich bekomme. Fünf Mitgefange­ne in der Zelle hätten die gleichen Lebensmitt­el wie Nawalny zu sich genommen; ihnen gehe es jedoch gut. Michailowa sagte später, Nawalny seien entzündung­shemmende Steroide gegeben worden. Die Schwellung habe nun nachgelass­en.

Nawalny wurde mehrere Tage vor einer großen Opposition­skundgebun­g festgenomm­en, bei der am Samstag nach Angaben der Beobachter­gruppe OVD-Info knapp 1400 Personen festgenomm­en wurden. In Russland waren mutmaßlich­e Vergiftung­en im politische­n Milieu immer wieder ein Thema. Zuletzt verdächtig­te der Aktivist Pjotr Wersilow, Mitglied der Polit-Punk-Gruppe Pussy Riot, den russischen Geheimdien­st, ihn 2018 vergiftet zu haben.

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FOTO: DPA Alexej Nawalny vergangene Woche vor Gericht in Moskau.

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