Hannovers Kind zieht 50+1-Klage zurück
Der Zweitligist macht einen Rückzieher im Kampf um den Einfluss externer Investoren in Profi-Vereine.
HANNOVER (dpa) Martin Kind, Hauptgesellschafter von Zweitligist Hannover 96, hat seinen mehrjährigen Kampf gegen die 50+1-Regel vorerst aufgegeben und den Antrag auf Ausnahmegenehmigung zurückgezogen. Die nur in Deutschland gültige 50+1-Regel soll den Einfluss externer Investoren im Profifußball begrenzen.
Ist 50+1 nun gestärkt worden? Nein. Die 50+1-Regel wollte Kind ursprünglich nicht kippen, sondern nur die mögliche Ausnahme für Hannover 96 erreichen. Der 75-Jährige kann jetzt über das Landgericht oder die Europäische Kommission für Wettbewerbsrecht klagen – dann allerdings gegen die generelle 50+1-Regel. Dieses Verfahren hätte weiterreichende Folgen als der jetzt zurückgezogene Antrag.
Läuft die Überprüfung durch das Bundeskartellamt weiter?
Ja. Das von der DFL im Juli 2018 eingeschaltete Kartellamt zur Überprüfung der 50+1-Regel könnte alles verändern, sollten kartellrechtliche Bedenken bezüglich der grundsätzlichen Anwendung und Auslegung der Regel erkannt werden. Das befürchtet auch 96-Präsident Sebastian Kramer. „Ich möchte nicht, dass irgendjemand in Frankfurt bei der DFL oder bei einem Schiedsgericht entscheidet, was mit Hannover 96 passiert“, sagte er in einem Interview mit der dpa. Das Kartellamt hat noch keine Einschätzung gegeben.
Warum hat Martin Kind den Ausnahmeantrag zurückgezogen?
Dazu äußern wird sich der Hauptgesellschafter des Klubs erst in den kommenden Tagen. Hannover 96 erklärte, dass eine Entscheidung des Schiedsgerichts „in nächster Zeit nicht zu erwarten gewesen“wäre. Das Internetportal „Sportbuzzer“nannte noch einen weiteren Grund: Kind-Anwalt Christoph Schickardt wirft dem Vorsitzenden des Ständigen Schiedsgerichts, Udo Steiner, vor, dass er „alles in seiner Macht Stehende unternimmt, um die 50+1-Regel aus traditionellen Überlegungen zu retten“. Ein Befangenheitsantrag sei nur aus„Respekt gegenüber der Person Steiner und seiner Lebensleistung“nicht gestellt worden. Schickhardt und Kind sahen wenig Aussicht auf Erfolg.
Was bedeutet der Rückzug für Hannover 96?
Kind hat durch die Beendigung des Antrages zur Befriedung im zerstrittenen Verein beigetragen. Nach Kinds Verlust der kompletten Macht durch die Mitgliederversammlung von Hannover 96 im März, wurde der Antrag auf Druck der Kind-Gegner um Präsident Kramer hin bereits auf ruhend gestellt. Aber: Kind möchte weiterhin, dass über Belange des Profifußballs nur noch in der Profifußballabteilung entschieden wird. Die Führung von 96 dagegen will, dass der Verein seinen Einfluss auf den Fußball behält. Trotz Verhandlungen herrscht weiterhin eine Patt-Situation: Der Stammverein könnte Kind umgehend entlassen. Auf der anderen Seite hat Kind die Möglichkeit, als Gesellschafter sein Geld aus demVerein zu ziehen, mit schwerwiegenden Folgen für 96.
Wie denken die Bundesligisten über das Thema?
Die Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball Liga hat sich im März 2018 für einen „Prozess zur Verbesserung der Rechtssicherheit sowie weitere Überlegungen hinsichtlich geänderter Rahmenbedingungen unter Beibehaltung der 50+1-Regel“ausgesprochen. Dazu wurden die Klubs der Bundesliga und der 2. Bundesliga gebeten, einen Fragebogen zu beantworten. Vereinbart wurde, Stillschweigen über die Ergebnisse zu bewahren.