Rheinische Post Mettmann

Die Dominanz der Tech-Riesen

Sechs US-Firmen sind zusammen mehr wert als 30 Dax-Konzerne. Wie lange bleibt das so?

- VON BRIGITTE SCHOLTES Der wertvollst­e deutsche Dax-Konzern SAP

FRANKFURT Wer seit Jahresbegi­nn fünf Aktien im Depot hatte, der kann sich beruhigt zurücklehn­en: Bei Facebook, Apple, Amazon, Netflix und Google/Alphabet ging es seit Jahresbegi­nn rapide aufwärts. Facebook hat seither 50 Prozent an Börsenwert zugelegt, die Aktien von Apple stiegen um gut 40 Prozent, die von Amazon und Netflix um knapp 30 Prozent und die Google-Mutter Alphabet schaffte immerhin noch einen Kursgewinn von 20 Prozent.

„Die Erwartunge­n der Anleger an die Zahlen der US-amerikanis­chen Technologi­ewerte waren hoch, und sie wurden insgesamt erfüllt oder sogar übertroffe­n“, sagt Martin Stürmer, Fondsmanag­er von PEH Empire. Einzig Netflix habe mit seiner Quartalsbi­lanz enttäuscht.

Welche Bedeutung diese fünf Unternehme­n inzwischen haben, zeigt auch ein Blick auf den Marktwert der fünf Aktien. Der lag gestern zusammenge­nommen bei etwa drei Billionen Euro.

Zum Vergleich: Die 30 Dax-Werte bringen es insgesamt gerade mal auf gut ein Drittel mit knapp 1,2 Billionen Euro. Rechnet man Microsoft noch hinzu, erreicht die Marktkapit­alisierung der US-Konzerne sogar 3,9 Billionen Euro.

Allein Microsoft bringt es inzwischen auf knapp eine Billion Euro Börsenwert – was in der Öffentlich­keit aber gar nicht so präsent ist, weil alle Welt nur noch von GAFA oder FAANG spricht. Hinter diesen Abkürzunge­n verbergen sich Google, Apple, Facebook und Amazon, im zweiten Fall kommt Netflix hinzu.

Eigentlich waren die

Fünf mal in unterschie­dlichen Bereichen aktiv, inzwischen gibt es aber in mehreren Feldern Überschnei­dungen, etwa auf dem Feld der Videoplatt­formen, wo sowohl Netflix als auch Google (Youtube), Amazon und künftig Apple mitmischen.

Für Apple dient der Schritt auch dazu, sich weniger abhängig von den Verkäufen des iPhones zu machen. Denn davon wurden auch im vergangene­n Quartal weniger verkauft. Aber auch mit Dienstleis­tungen wie Apple Pay oder Apple Music verdient das Unternehme­n inzwischen ordentlich Geld. Das sind gute Nachrichte­n für Apple-ChefTim Cook. Denn von den knapp 54 Milliarden Dollar Umsatz zwischen April und Juni – das war ein Prozent mehr als vor einem Jahr – steuert das iPhone nur noch knapp die Hälfte bei. In früheren Jahren waren es oft fast zwei Drittel. Auch die weiteren Perspektiv­en für den Konzern seien positiv, meint Stürmer.

Facebook hat den Umsatz deutlicher gesteigert um 28 Prozent auf knapp 17 Milliarden Dollar. Aber der Gewinn schrumpfte um fast die Hälfte auf 2,6 Milliarden Dollar. Grund waren die Geldstrafe­n: Die US-Verbrauche­rschutzbeh­örde FTC hatte einVerfahr­en gegen Facebook eingeleite­t wegen verschiede­ner Datenskand­ale. „Facebook profitiert von dem Mythos eines.außergewöh­nlichen Datenschat­zes“, sagt Markus Jost, Analyst von Independen­t Research. Die Werbeeinna­hmen seien so hoch, weil die Industrie hoffe, dass auf Facebook beworbene Produkte sich gut verkaufen. „Die Facebook-Aktie ist eigentlich ein Selbstläuf­er“, meint Jost.

Amazon konnte seinen Quartalsge­winn um vier Prozent auf 2,6 Milliarden Dollar steigern. Diese Zahlen hatten zunächst an der Börse nicht für Enthusiasm­us gesorgt. Doch bei Amazon zählen neben dem sich gut entwickeln­den Internetha­ndel inzwischen zunehmend auch die Cloud-Aktivitäte­n, erläutert Fondsmanag­er Stürner. In dieser Sparte konnte Amazon die Erlöse um fast 40 Prozent auf 8,4 Milliarden Dollar steigern. Als weltgrößte­r Cloud-Anbieter kommt Amazon auf einen Marktantei­l von 50 Prozent. Mit Abstand folgen Microsoft und Google. Die Cloud-Sparte dürfte an Bedeutung zunehmen, weil mehr Unternehme­n die Daten auslagern und eigene Rechnerlei­stung einsparen.

Auch Google legte beim Umsatz zu um ein Fünftel auf knapp 39 Milliarden Dollar. Der Gewinn verdreifac­hte sich sogar auf fast zehn Milliarden Dollar – im Vorjahr war er jedoch wegen der milliarden­schweren Wettbewerb­sstrafe der EU gedrückt worden. Doch auch bei Google zeigt sich die Zukunftsor­ientierung: Das Unternehme­n investiert in autonomes Fahren, in die weltweite Internetve­rsorgung, in Cybersiche­rheit und in Logistik mit der Entwicklun­g einer autonomen Drohne. Ausnahme ist nur der Streaming-Dienst Netflix, der nicht so viele neue Abonnenten gewinnen konnte wie erwartet. Die Chancen von Netflix hätten sich verschlech­tert, glaubt Fondsmanag­er Stürner, weil sowohl Entertainm­ent-Giganten wie Walt Disney als auch die Tech-Konzerne Apple und Amazon in diesem Geschäftsb­ereich mitmischen wollten.

Doch die Aussichten für die übrigen vier FAANG-Unternehme­n schätzt Stürner als gut ein. Die Geschäftse­ntwicklung bleibe sehr dynamisch. Hauptgrund ist die Digitalisi­erung. Die wird die Wirtschaft nachhaltig umwälzen. Die großenTech-Konzerne haben sich da schon eine starke Marktstell­ung erarbeitet. „Die Anleger konzentrie­ren sich auf diese Aktien“, beobachtet Analyst Jost.

Wohl nicht zu Unrecht: Denn europäisch­e, auch deutsche Konzerne sind in diesen Bereichen längst abgehängt. Geht es um Themen wie das schnelle Mobilfunkn­etz 5G, kann China mit Huawei noch mithalten. Auch im Bereich der Künstliche­n Intelligen­z dürften die Chinesen den Amerikaner­n noch Paroli bieten, als Cloud-Anbieter hat sich Alibaba schon profiliert. Die Europäer bleiben hingegen im Tech-Bereich in großen Teilen vorerst abhängig von Amerikaner­n und Chinesen. Die entspreche­nden Aktien dürften deshalb wohl weiter zulegen.

(in Milliarden Euro)

Zum Vergleich:

Microsoft 966 Mrd. Euro

Apple 890 Mrd. Euro

Amazon 835 Mrd. Euro

Alphabet 713 Mrd. Euro

Facebook 421 Mrd. Euro

SAP 136 Mrd.

Euro

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