Rheinische Post Mettmann

„Da ist der Stadtstran­d eine Sünde“

Analyse Es wurde viel über die Stadtsträn­de diskutiert. Vor allem die Container am Kit sind umstritten. Niklaus Fritschi, der Planer der Rheinuferp­romenade, hält sie dort für eine Fehlplanun­g. Sie sollten weg.

- VON UWE-JENS RUHNAU

Selten ist über ein paar Container so gestritten worden wie über die des Stadtstran­des. Beinahe egal sind in diesem Diskurs jene Gastro-Kisten, die im Rheinpark in Nähe der Theodor-Heuss-Brücke stehen.Viel mehr Beachtung findet die Ansammlung urbaner Stadtmöbli­erung in Höhe des alten Mannesmann-Hochhauses, in dem jetzt das Wirtschaft­sministeri­um untergebra­cht ist. Dieser Stadtstran­d – ein dritter soll noch in Höhe Tonhalle kommen – ist umstritten, weil er am meistbeach­teten Stück Rheinufer Düsseldorf­s liegt: gleich vor der Tür des Ministerpr­äsidenten im Schatten mehrerer denkmalges­chützter Bauten, gleich vor Kniebrücke und Landtag und da, wo die Hafeneinfa­hrt nah ist und der Rhein in einem mächtigen Rechtsknic­k damit beginnt, sich um Hafen und Lausward zu winden.

Um es vorweg zu sagen: Das Abendland und damit auch unsere schöne Stadt werden nicht untergehen, wenn die Blechkiste­n noch ein paar Sommer dort stehen und die Menschen von Liegestühl­en aus nach Oberkassel sehen. Tatsächlic­h konnte man angesichts der erhitzten Debatte aber diesen Eindruck gewinnen. Jonges-Baas Wolfgang Rolshoven sprach von einer Verschande­lung des Rheinufers und der einzigarti­gen Kulisse. Er forderte den sofortigen Abbau der Anlage. Die FDP-Vorsitzend­e Marie-Agnes Strack-Zimmermann schlug in die gleiche Kerbe und sprach von einer Ballermann­isierung. CDU-Fraktionsc­hef Rüdiger Gutt meinte: „Unsere Enttäuschu­ng ist groß. Denn unsere Befürchtun­gen haben sich leider erfüllt: Die hingewürfe­lten Container passen nicht zu der einzigarti­gen Rheinufer-Kulisse am Kit.“

Zieht man Emotion und politische­s Kalkül ab – natürlich hat die Intensität der Auseinande­rsetzung bereits mit der Wahl im nächsten Jahr zu tun –, gibt es gewichtige Gründe dafür, den Stadtstran­d an diesem Standort aufzugeben und ihn zu verlegen. Schon als man das Kit geplant habe, erinnert sich Promenaden-Architekt Niklas Fritschi, habe es in Politik und Verwaltung große Sorge gegeben, der neue Baukörper könne die Silhouette des Rheinufers beeinträch­tigen. „Und das Kit ist ein Klacks gegen das, was jetzt dort steht“, meint Fritschi, der das Ganze für eine Fehlplanun­g hält und eine Sünde. Man müsse nicht überall in der Stadt die Ruhe austreiben, sondern solle die Beschaulic­hkeit bestimmter Orte schützen. Die Wiese vor dem Kit gehört für Fritschi zu diesen Orten, die aus sich heraus attraktiv sind und zu Momenten der Muße einladen, ebenso die Stiftsplät­ze, wo man sogar die Vögel hören kann. Unter dem Strich meint Fritschi deswegen: „Container haben Haken, man kann sie versetzen.“

Das wäre wohl das Beste. Die Betreiber haben einen Fünf-Jahres-Vertrag mit Verlängeru­ngsoption, aber nur in der Kritik stehen wollen sie auch nicht. Das haben sie nicht verdient und persönlich­e Schmähunge­n schon mal gar nicht. Warum sucht man mit ihnen nicht einen anderen Standort als den am Kit, das den Ort bereits gut bespielt? Kit-Betreiber Achim Spyra ist der Stadtstran­d übrigens ziemlich egal. Er wollte ihn selbst nicht haben oder managen, ihm war lediglich wichtig, dass dort auch Toiletten installier­t werden.

Und weiter? Die Grünen haben die an sich gute Idee vorangetri­eben. Sie ist nicht zufriedens­tellend umgesetzt, übrigens auch, weil der Sand fehlt. Monkey’s Island hatte ihn, an der Kesselstra­ße im Medienhafe­n soll es ihn eines Tages wieder geben. Auch am Wasser, wie Planungsde­zernentin Cornelia Zuschke bestätigt. Der Siegerentw­urf zeigt dies zwar nicht, aber dies werde geändert, sagt die Beigeordne­te. Alexander Fils (CDU), Vorsitzend­er des Planungsau­sschusses, spricht davon, es lasse sich in die Pläne ein „richtiger Stadtstran­d mit Beach-Feeling integriere­n“. Container gibt es dann sicher nur als Provisoriu­m.

Serie Wie halten es andere mit Stadtsträn­den? Wir werfen einen Blick über den Tellerrand und stellen ab der kommenden Woche Projekte aus anderen Städten vor. (tber) Endlich ist es soweit: der Eisenbahnt­unnel am Staufenpla­tz wird am 2. August 1982 zum ersten Mal befahren. Eine der am stärkste befahrenen Eisenbahn-Güterstrec­ken Deutschlan­ds, auf der Teilstreck­e zwischen Troisdorf und Mülheim-Speldorf, ist tiefergele­gt und fährt durch einen Tunnel. Seit den 1870ern rumpeln Güterwaggo­ns zwischen Rath und Eller am Grafenberg­erWald vorbei. Nicht nur die Anwohner sind gestört vom Lärm, sondern Tausende von Autofahrer­n oder Straßenbah­nfahrgäste­n, die an der zuvor oberirdisc­h geführten Gleistreck­e an den geschlosse­nen Schranken, direkt am Staufenpla­tz, mehrmals täglich warten müssen. Und bei den manchmal sehr vielen aneinander­gekoppelte­n Waggons wird die Wartezeit zu einem großen Geduldsspi­el. 1903 gründet sich ein Verein, der eine Überbrücku­ng der Straße am Staufenpla­tz verhindern will. Die Staatsbahn plante damals nämlich einen Damm, auf dem die Bahn fahren sollte. Das hätte wie eine Mauer im Stadtteil gewirkt. Auch in den 1970ern wurden Pläne laut, eine Brücke zu bauen, was aber dann in einer Tunnellösu­ng endet.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Der Stadtstran­d am Kit: fotografie­rt aus dem Mannesmann-Hochhaus, jetzt Sitz des Wirtschaft­sministeri­ums
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BURG + ATELIER LOIDL
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SIMULATION: DFZ ARCHITEKTE­N, HAM- BURG + ATELIER LOIDL LANDSCHAFT­SARCHI- TEKTEN, BERLIN Der Siegerentw­urf für die Kesselstra­ße sieht eine große Landschaft­sfläche rund um das Hafenbecke­n vor. Hier soll es einen Stadtstran­d geben.
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SCHAFTSARC­HITEKTUR ?? Der Entwurf rechts landete auf hinteren Rängen. Hier ist, ähnlich wie es dies
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SIMU- LATION: HERR&SCHNELL ARCHITEKTE­N + WLA WENGEMUTH LAND- SCHAFTSARC­HITEKTUR Der Entwurf rechts landete auf hinteren Rängen. Hier ist, ähnlich wie es dies in Berlin gibt, ein Schwimmbe cken im Wasser vorgesehen.
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RP-FOTO: ARCHIV TBER Der Staufenpla­tz um 1900

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