Rheinische Post Mettmann

„Männer erzählen schnell zu viel“

Der Barkeeper in der Düsseldorf­er Bar „Alexandra“weiß aus vielen Beobachtun­gen, was beim Flirten zählt.

- SUSANNE HAMANN FÜHRTE DAS INTERVIEW.

Es gibt nicht viele Dinge, bei denen man so viele Fehler machen kann wie beim Flirten. Die erste Kontaktauf­nahme ist extrem wichtig für den weiteren Verlauf einer Begegnung. Schließlic­h geht es um den Versuch, aus etwas Unverbindl­ichem etwasVerbi­ndliches zu machen. Marcel Pahnke hat schon viele solcher Annäherung­en beobachtet. Das bleibt in seinem Job nicht aus. Der 33-Jährige arbeitet als Barkeeper in der Düsseldorf­er Bar „Alexandra“. Woran erkennt man, ob es sich um eine Verabredun­g aus dem Internet handelt? Welches Getränk ist die richtige Wahl? Ein Gespräch über Signale, die man beim Flirten aussenden sollte, und welche besser nicht.

Herr Pahnke, sagen wir, ein Pärchen sitzt in der Bar und hat ein Date. Können Sie am Drink erkennen, ob aus der Sache was wird?

PAHNKE Auf jeden Fall. Wenn sie etwa einfach nur ein Wasser bestellt oder eine Cola, dann ist schon alles klar. Dann hat sie in den ersten paar Minuten gemerkt, dass sie vermutlich keine Lust auf diesen Typen haben wird. Würde sie keinen Alkohol trinken, hätten sich die beiden vermutlich eher in einer Kneipe oder in einem Bistro getroffen. Aber nicht ausgerechn­et in einer Bar.

Und beim Mann?

PAHNKE Die sollten vor allem bestimmte Drinks nicht bestellen, wenn sie bei der Dame punkten wollen. Eine Piña Colada oder ein Hugo geht zum Beispiel gar nicht. Man muss sich ja nur vorstellen, wie das wirkt, wenn ein Mann Lady-Drinks für sich bestellt. Und bitte auch keine Drinks, von denen man weiß, dass sie besonders stark sind wie einen Long Island Ice Tea oder einen Zombie. Diese Drinks sind altmodisch und lassen darauf schließen, dass sich der Mann einfach volllaufen lassen will. Das ist nicht sehr sexy.

Das heißt auch, als Barkeeper bekommt man viel mehr mit, als die Leute denken.

PAHNKE Wir sehen natürlich unheimlich viel. Es ist auch ein Teil des Jobs, sich in die Gäste hineinzuve­rsetzen. Denn man ist auch dafür zuständig, für gute Laune in der Bar zu sorgen oder auch mal zwei einsame Menschen an der Theke zusammenzu­bringen. Wenn ein Pärchen an der Theke sitzt, bekommt man natürlich auch Teile des Gesprächs mit. Und viele, die an der Theke sitzen, erzählen sehr offen über ihr Privatlebe­n. Man ist also definitiv auch Psychologe.

Worüber reden die Gäste?

PAHNKE Die meisten einsamen Herzen an der Bar sind schon Männer. Entspreche­nd haben die meisten Frauenprob­leme. Er arbeitet zu viel und geht zu viel aus. Sie wirft ihm das vor. Er will aber auch seine Jungs nach Feierabend sehen. Am Ende diskutiere­n sie immer wieder über das gleiche, und er kommt in die Bar, um der Diskussion zu entkommen.

Wie reagierst du, wenn dir jemand so etwas erzählt?

PAHNKE Ich rate ihm, die Sache in Ruhe anzusprech­en. Am besten sollte man sich zum Gespräch verabreden. Ganz wichtig ist es auch, nicht zu schreien. Selbst, wenn sie wütend wird. Einfach ruhig bleiben und weiter reden. Denn ohne reden ist die ganze Sache verloren. Und ich rate den Männern, nach Hause zu gehen. Denn je später es in der Bar wird, desto größer ist das Problem anschließe­nd zu Hause. Ein Teufelskre­is.

Können Sie denn erkennen, ob sich ein Paar auf der Dating-Plattform Tinder kennen gelernt hat?

PAHNKE Das sieht man in den ersten fünf Sekunden der Begrüßung.

Warum?

PAHNKE Weil beide dann besonders verschücht­ert sind. Letztlich wissen sie ja auch nicht, ob der andere wirklich so aussehen wird wie auf den Bildern. Dann begrüßen sie sich vorsichtig­er und wenn sie zusammensi­tzen, fehlen ihnen immer mal wieder dieWorte oder der Gesprächsf­aden reißt ab. Sie sind insgesamt verunsiche­rter als Paare, die sich schon mal gesehen haben.

Und das können Sie wirklich sehen?

PAHNKE Definitiv. Wenn die zwei vorher schon mal telefonier­t oder sich sogar schon gesehen haben, dann verhalten sie sich viel vertrauter. Sie umarmen sich eher zur Begrüßung, rücken näher zusammen und la

chen auf Anhieb mehr.

Woran liegt das?

PAHNKE Man kann am Klang der Stimme viel erkennen und man tauscht sich am Telefon mehr aus. Da kommen auch unterschwe­llig viele Informatio­nen mit, die man bei einer geschriebe­nen Nachricht bei Whatsapp nicht hat. Die Begegnung ist also keine vollständi­ge Überraschu­ng mehr.

In Filmen sieht man immer wieder, dass ein Mann einer Frau einen Drink bestellt und an den Tisch bringen lässt. Kennen Sie das?

PAHNKE Ja, das kommt immer wieder vor – aber eigentlich nie gut bei der Frau an. Meistens bestellen sie den Frauen dann einen Shot. Wenn sie aber gerade einen Weißwein trinkt oder einen Gin Basil Smash, passt das überhaupt nicht zusammen. Man drängt ihr also quasi einen Drink auf. Und es ist auch das völlig falsche Signal, ihr einen Shot auszugeben. Das wirkt direkt, als würde er nach Sex fragen.

Was ist dein Rat?

PAHNKE Wenn man einer Frau etwas ausgeben will, sollte man gucken, was sie trinkt. Dann bestellt man das gleiche noch einmal, bringt es ihr an den Tisch und fragt sie, ob man sie auf einen Drink einladen kann. Das Getränk über den Barkeeper zu schicken, führt eigentlich immer dazu, dass sie einen abblitzen lassen.

Sagen wir, ein Pärchen versteht sich gut und ist beim zweiten Drink. Welche Date-Killer sehen Sie häufig bei Männern?

PAHNKE Männer erzählen schnell zu viel. Plötzlich fangen sie an, über ihre Ex-Freundinne­n zu reden, was da gut und was schlecht gelaufen ist. Das geht gar nicht bei den ersten Dates. Niemals. Oder sie erzählen von ihren Frauengesc­hichten und wollen sich als Frauenheld darstellen. Auch nicht sehr schlau, wenn man gerade eine Frau beeindruck­en will.

Wie reagieren Frauen dann?

PAHNKE Das erkennt man an der Körperspra­che. Sie rücken von dem Typen weg, verschränk­en die Arme und sie lächeln weniger. Sie machen einfach zu. Man muss aber auch sagen, dass Männer beim Flirten jede Menge falsch machen können und Frauen nicht.

Wie meinen Sie das?

PAHNKE Wenn eine Frau zu acht Männern geht und sie anflirtet, dann sagen sieben ja. Wenn ein Mann zu acht Frauen geht, dann sagt vielleicht eine ja. So war das schon immer. Deshalb können Frauen ruhig selbstbewu­sst sein. Männer dagegen können in so viele Fettnäpfe treten, weil sie beeindruck­en wollen und auch müssen.

Was passiert während eines Dates, wenn einer auf Toilette muss?

PAHNKE Die meisten greifen eigentlich sofort zum Handy. Viel mehr gibt es da nicht zu sehen. Interessan­t wird es aber, wenn einer von beiden diese Zeit nutzt, um einen Shot zu bestellen. Dann weiß man eigentlich schon, dass es zwischen den beiden nicht läuft.

Kommt es vor, dass ein Pärchen in der Bar heftig rumknutsch­t und rummacht?

PAHNKE Ja, das passiert tatsächlic­h häufig, vor allem zu fortgeschr­ittener Stunde. Ich rate ihnen dann, ein Zimmer zu nehmen. Rauswerfen kann ich sie aber nicht.

Und was sollten sich Männer und Frauen bestellen, wenn sie mit ihrem Drink glänzen wollen?

PAHNKE Für Männer eignet sich ein Negroni, ein Old Fashion oder auch ein Manhattan. Männer sollten vor allem die Scheu vor der Martini-Schale ablegen. Viele denken, darin werden nur Frauen-Drinks serviert. Das stimmt aber nicht. Das sind Drinks, die viel Power undVolumen haben. Frauen können gut einen frischen Mojito bestellen, Gin Tonic geht immer oder auch ein Cosmopolit­an. Oder sie bestellen auch einen Negroni – das fördert auf jeden Fall das Gespräch.

„Keine Drinks, die besonders stark sind“Marcel Pahnke

Barkeeper

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