Rheinische Post Mettmann

KULTURTIPP­S

- Wolfram Goertz

Serie Zukunftsan­gst, Sex, Identitäts­politik – das sind typische Probleme der Generation Y. Um diese dreht sich die Netflix-Serie „Dear White People“mit ihrem vornehmlic­h afroamerik­anischen Ensemble. Die Handlung spielt in der Winchester Elite-Uni. Hier ist die Lage angespannt, seitdem eine Studentenv­erbindung eine „Blackface“-Party veranstalt­ete, bei der sich Weiße mit schwarzer Farbe anmalten. Die Studenten sind empört, allen voran die streitlust­ige Sam White, die im Campus-Radio ständig provoziert – aber insgeheim mit einem Weißen eine Beziehung führt. Die dritte und neueste Staffel ist deutlich gelassener als die bisherigen: Die Handlungss­tränge sind nicht mehr so weltbewege­nd, die Serie befasst sich mehr mit den Einzelschi­cksalen der Figuren, fast schon wie eine reguläre Sitcom. Mit Themen wie „Me Too“oder HIV ist die Serie aber nicht weniger relevant. hem Klassik In diesen Tagen wird viel über Knabenchör­e debattiert und über die Frage, ob ihnen auch Mädchen angehören dürfen. Es gibt zahllose Gründe, diese Frage abzulehnen. Einer ist die in diesem Fall wirklich gute alte Tradition, die nichts mit Abgrenzung, sondern mit gewachsene­r Geschichte zu tun hat.

Heute beschäftig­en wir uns mit einem der großen englischen Knabenchör­e, dem Choir of St. John’s College in Cambridge. Der hat jetzt unter seinem Dirigenten Andrew Nethsingha eine Reihe von Repräsenta­tions-Werken der Chormusik aufgenomme­n, die so ein Knabenchor geradezu zwangsläuf­ig im Repertoire hat. Der Anlass war ein Jubiläum: Vor 150 Jahren wurde St. John College Chapel eingeweiht. Diese Musik, die den Festakt beglänzt, ist feierlich, erhaben, sie schwingt melodisch frei aus, sie lässt, wie man so sagt, die Seele der Hörer himmelwärt­s schweben. Schon das einleitend­e doppelchör­ige „Faire is the heaven“von William Harris erfüllt sämtliche derartige Transferau­fgaben hinreißend. Natürlich wird die angelsächs­ische Tradition auf der CD (erschienen Geschichts­buch Tolles Buch über die zurzeit wirkmächti­gste Jugendund Musikkultu­r hierzuland­e: deutscher HipHop. „Könnt ihr uns hören?“ist eine sogenannte Oral History, eine Geschichts­schreibung, zusammenge­setzt aus Dutzenden Interviews, die die Autoren mit fast allen relevanten Akteuren seit den Anfängen des deutschen Rap in den 80er Jahren geführt haben. Zu Wort kommen etwa: Cora E., Lakmann, Toni-L, Markus Staiger, Moses Pelham, Sabrina Setlur, Trettmann, Martin Stieber, Sido, Casper und LGoony, um nur eine Handvoll zu nennen. Eine schöne Volte ist zudem, dass in diesem Band Rapper vereint werden, die einander nicht die Butter auf dem Brot gönnen, wie zum Beispiel Eko Fresh und Kool Savas. Allein Torch fehlt, der Gralshüter des HipHop in Deutschlan­d – das ist ein echtes Manko. Zumal viel über ihn gesprochen wird und nicht nur Gutes. Davon einmal abgesehen, ist das der größte Mammut-Remix, den es jemals im deutschen Rap gegeben hat. kl

Große Themen junger Erwachsene­r

Klangvolle­s Jubiläum in Cambridge

Die Geschichte des deutschen HipHop

bei Signum Classics) bestens gepflegt: Die Großmeiste­r Benjamin Britten, Charles Standford, John Tavener oder Hubert Parry sind mit Meisterwer­ken vertreten, ein Blick nach Frankreich gilt dem „Salve Regina“von Francis Poulenc, Österreich wird mit Anton Bruckners „Locus iste“sogar im Titel der CD bedacht, Russland mit Rachmanino­ws „Cherubic Hymn“.

Der Chor singt mirakulös, klingt niemals dünn oder gar dürr, mit fabelhafte­r Intonation und Leuchtkraf­t. Die Akustik von St. John’s College Chapel muss ihre Gnade gar nicht unter Beweis stellen. Nethsingha ist kein Muskelmusi­ker, sondern ein Erzromanti­ker, der Klang am liebsten von sich aus entstehen lässt. So ist es recht. An der Orgel brilliert Glen Demsey, das Cello-Solo spielt Laura van der Heijden.

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FOTO: NETFLIX Szene aus „Dear White People“.
 ??  ?? Davide Bortot und Jan Wehn: „Könnt ihr uns hören?“, Ullstein, 464 Seiten, 20 Euro
Davide Bortot und Jan Wehn: „Könnt ihr uns hören?“, Ullstein, 464 Seiten, 20 Euro
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