Fiftyfifty protestiert gegen Straßenordnung
Mit einer Kunstaktion vor dem Rathaus forderte die Organisation die Abschaffung von Paragraf 6.
Vermutlich gibt es Angenehmeres, als in der prallen Mittagssonne auf einer Stele vor dem Rathaus für ein Foto zu posieren. Aber Obdachlose sind unbequeme Situationen gewohnt. Und am Dienstag ging es um politischen Protest. Dafür wurden sogar die Hunde zur Raison gebracht – und eins der Modelle, bekannt als Kö-Peter, hatte sich mit Blumenkränzen besonders geschmückt. Wie in einer Kunstgalerie sollten die Menschen ohne festen Wohnsitz auf ihren Sockeln aussehen. Fotografiert wurden sie von der Kunstakademie-Absolventin Katharina Meyer, die schon des Öfteren mit Fiftyfifty zusammengearbeitet hat – zuletzt für eine Ausstellung nicht vor dem, sondern im Rathaus, die von Oberbürgermeister Thomas Geisel eröffnet wurde.
Der war am Dienstag nicht zu sehen, sein Name fiel aber. Fiftyfifty hatte zur Protestaktion auf dem Marktplatz gerufen, weil die Stadt nach Ansicht der Obdachlosen-Unterstützerorganisation zu langsam an der Abschaffung des Paragrafen 6 der Straßenordnung arbeitet. Diese Abschaffung hatte Fiftyfifty bereits im Februar bei einer Aktion vor dem Rathaus gefordert. Hintergrund sind Zusammenstöße zwischen Mitarbeitern des städtischen Ordnungsdienstes und Obdachlosen. Besonders angeprangert hatte Fiftyfifty vier Fälle. Was genau passiert ist, schildern die Organisation und die Stadt sehr unterschiedlich. Nach Angaben von Fiftyfifty entschied das Amtsgericht aber in allen Fällen zugunsten der betroffenen Obdachlosen. Der umstrittene Paragraf 6 verbietet „störendes Verhalten auf Straßen und Anlagen“, insbesondere aggressives Betteln, „Störungen in Verbindung mit Alkoholgenuss“, Lagern, Nächtigen, Lärmen oder Verrichtung der Notdurft. Kritiker sagen, dass der Paragraf zu unbestimmt ist. Eigentlich hat sich die Ampelkooperation im Rathaus bereits 2014 auf eine Reform geeinigt. Besonders den Grünen ist das wichtig. „Wir würden den Paragrafen gerne anpassen, er ist zu gummihaft“, sagt Fraktionssprecher Norbert Czerwinski. Es gebe aber keinen Fortschritt. Das könnte an der SPD liegen. „Aktuell ist uns wichtiger, die Mitarbeiter des OSD besser zu qualifizieren und den Personalschlüssel zu verbessern“, sagt deren stellvertretender Fraktionsvorsitzender Martin Volkenrath.