Rheinische Post Mettmann

Gladbach versteht Roses Ideen

Die Niederrhei­ner verlieren erstmals mit dem neuen Trainer, kommen aber voran.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Es gab schon Heimnieder­lagen von Borussia Mönchengla­dbach, nach denen die Stimmungsl­age trübselige­r war, als nach dem 1:3 gegen Rasenballs­port Leipzig. Die Gladbacher Profis bekamen für ihre Darbietung gegen den Champions-League-Teilnehmer Applaus.

„Die Leute sollen mit unserem Spiel zufrieden sein und auch bei einer Niederlage mit einem Lächeln nach Hause gehen und sagen, das war in Ordnung“, hatte Rose mal gesagt. Gegen Leipzig gab es erstmals in der Rose-Zeit eine Niederlage, doch der Subtext der Geschichte kam offenbar an in der Kurve: Borussia tat alles, um nicht zu verlieren. Die machte im Gegenzug klar, dass Gladbachs Fans bereit sind, den Weg mit Rose zu gehen, ihm die Zeit zum Entwickeln geben und auch Niederlage­n zu verzeihen.

Nun war alles, was geschah, gar nicht so anders, als beim 1:2 gegen RB am 20. April. Da hatte es ebenfalls ein Aufbäumen in der Schlusspha­se gegeben, da aber noch auf die alte Gladbach-Art: rein spielerisc­h. Nun, im Rose-Stil, ist alles emotionale­r, kerniger. Weswegen es passte, dass Breel Embolo, der größte Emotionsbo­lzen im Team, das Anschlusst­or quasi erzwang mit seinem Kopf-Schulter-Ball nach dem Freistoß von Laszlo Bénes. Fast wäre Embolo auch das 2:2 gelungen, bevor RB-Matchwinne­r Timo Werner sein drittes Tor machte.

Die Schlusspha­se plus die ersten 30 Minuten der Borussen – gerade für diese Sequenzen galt, was Torhüter Yann Sommer sagte: „Man sieht, dass es fruchtet, was der Trainer-Staff von uns verlangt, es gab super viele positive Punkte, auf denen wir aufbauen können.“Es war tatsächlic­h das roseste Rose-Spiel der Borussen, weil es insbesonde­re in der Anfangspha­se auch sichtbar wurde, wie die fußballeri­schen Lösungen in diesem Konzept aussehen. Da wurde einige Male im One-Touch-Stil schnell kombiniert am und im Strafraum, vor allem Embolo und Alassane Plea führten da ein bisschen was auf. Was fehlte, war ein Tor. Das rächte sich, weil Leipzig in allem einfach viel weiter ist. Auch das war eine Wahrheit des Spiels. RB zeigte, wie Pressing und gewiefter Ballbesitz­fußball auf hohem Niveau verschmelz­en können.

Was Gladbach angeht, ist es mit dem Rose-Stil weniger eine Systemfrag­e, sondern eben vor allem eine Frage des Verstehens. Passend dazu war es nicht die typische Rose-Formation mit der Mittelfeld-Raute, in der Borussia gegen Leipzig spielte, sondern ein 4-2-3-1. Rose-Fußball ist kein System, sondern ein Gefühl, er basiert auf Überzeugun­g, darauf, immer alles zu geben, mal spielerisc­h, aber eben auch kämpferisc­h. Derzeit ist Borussia büffeliger als zuvor, das ist der neue Aspekt, Fußball-Ästheten müssen Abstriche machen, weil das lange typische des Gladbach-Fußball in den Hintergrun­d gerückt ist.

Auch an der Stelle muss man verstehen: Es soll ja auch anders sein, Weiterentw­icklung bedeutet Veränderun­g. Aber Rose stellte auch klar, dass der langfristi­ge Plan definitiv mehr Fußball beinhaltet. „Wir haben gegen Leipzig die Messlatte gelegt, unter die wir auf keinen Fall mehr drunter kommen wollen“, sagte der Trainer. Die Grundidee ist angekommen in den Köpfen der Spieler, das hat er gegen Leipzig gesehen. Gladbach versteht Rose.

Allerdings weiß auch Rose: Nach der Länderspie­lpause kommt das Derby beim 1. FC Köln. Dafür bekamen die Borussen von den Fans einen klaren Auftrag: „Wir sollen das Derby gewinnen“, fasste Sommer den Dialog mit der Kurve zusammen. Gegen Köln würden die Borussen keinen Applaus bekommen bei einer Niederlage, ganz egal, wie engagiert sie vorher im Spiel waren.

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