„Rassismus nur Gelbe Karte gezeigt“
Beim Campfire-Festival wird über einen Rechtsruck in den Stadien diskutiert.
DÜSSELDORF Ostdeutsche Problemklubs, Spielabbrüche im Amateurfußball, Hetze im Netz und – natürlich – die Causa Clemens Tönnies: Rassismus ist im deutschen Fußball so allgegenwärtig wie nie. Wer schuld daran ist? Fankurven, Kreisliga-Kicker, Medien, Funktionäre und die Gesellschaft zeigen oft gegenseitig mit dem Finger aufeinander. Beim Campfire-Festival in Düsseldorf versuchten Peter Frymuth (DFB-Vizepräsident), Hassan Belkadi (DFB-Schiedsrichterbeobachter) und Raphael Brinkert (Agenturchef ) im Gespräch mit Gianni Costa, Ressortleiter Sport der Rheinischen Post, Erklärungen zu finden.
Tönnies‘ rassistische Äußerungen beim Tag des Handwerks in Paderborn sorgen weiterhin für Zündstoff. Dass die Ethik-Kommission des DFB die Aussage des Aufsichtsrat-Chefs des FC Schalke 04 zwar als rassistisch einstufte, allerdings von Sanktionen absah, unterstützt Frymuth: „Sie haben den Vorgang richtig bewertet.“Die breite Kritik an dieser Entscheidung kann er nicht nachvollziehen: „Wenn die Personen, die in der Ethik-Kommission sitzen, in einer anderen Kommission außerhalb des DFB sitzen würden, würden sie uneingeschränkte Zustimmung bekommen.“Beim DFB sei das Glas in der öffentlichen Meinung „immer halbleer, nicht halbvoll“.
Deutlich kritischer äußerte sich Brinkert: „Tönnies‘ Aussage ist nicht nach einer Kiste Bier um 24 Uhr im Wirtshaus gefallen. Das ist jemand, der einen Vortrag zum Thema Unternehmer mit Verantwortung gehalten hat. Der DFB zeigt mit seiner Entscheidung Rassismus nur die Gelbe Karte.“Ein spannender Einwand kam von einem Zuhörer, der den Eindruck gewann, dass Funktionäre wie Krähen seien, „die sich gegenseitig kein Auge auspicken wollen“. „Sie haben Recht“, sagte Brinkert und fragte: „Wer hat sich denn zum Thema Rassismus geäußert in den letzten Wochen? Welcher Nationalspieler und welcher Bundesliga-Star? Es sind immer die gleichen Diskussionsrunde (v.li): Gianni Costa mit den Gästen Raphael Brinkert, Peter Frymuth und Hassan Belkadi. drei, vier Leute, weil der Rest von den Vereinen gesagt bekommt, dass sie lieber nichts sagen sollen.“„Die Bundesliga ist ein Vorbild für uns, wenn wir sonntags auf dem Platz stehen“, sagt Belkadi, der ein zunehmendes Rassismusproblem auf den Sportplätzen feststellt: „Das wird leider viel präsenter, vor allem im Ruhrgebiet und da in den Kreisen Essen und Duisburg. Es gibt einige Mannschaften, die wollen nicht mehr gegen Türken oder Libanesen antreten. Dann wollen auch Türken nicht gegen Kurden antreten.“Leidtragende seien meistens auch die Schiedsrichter. Dass Rassismus an der Basis nicht bekämpft wird, wollte Frymuth aber so nicht stehen lassen: „Wir haben eine Sportgerichtsbarkeit und eigene Rechtsorgane. Die handeln, wenn etwas passiert.“