Rheinische Post Mettmann

Mehr Erdung tut not

- VON KRISTINA DUNZ

Es ist schon erstaunlic­h, dass die Volksparte­ien weitere herbe Rückschläg­e brauchten, um dies zu verstehen: Sie müssen die Bürger zuhause abholen. Zuhause in der Stadt, auf dem Land, im Internet – im Herzen. Die große Mehrheit der AfD-Wähler im Osten ist nicht rechtsextr­emistisch. Viele Menschen haben seit Jahren nur das Gefühl, dass sich für sie keiner interessie­rt – außer der AfD. Das stimmt nicht. Aber CDU, SPD und auch die Linke hinterließ­en im Osten vielerorts den Eindruck, dass sie sich für Sterneköch­e halten und trotzdem nur das Nötigste auftischen und von anderen Rezepten nichts hören wollen. Nun müssen die Volksparte­ien darum bangen, das Volk wieder zu erreichen.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r wäre um ein Haar im nächsten Fettnäpfch­en versackt, wenn sie nicht schnell klargestel­lt hätte, dass die CDU zwar die AfD bei der Regierungs­bildung außen vor lassen könne – keinesfall­s aber deren Wähler im Bemühen um mehr Bürgernähe. Es gilt wie immer und überall: Ohne reden geht es nicht. Zuhören allein reicht nicht. Vorschläge müssen aufgenomme­n und geprüft und – wo immer möglich – umgesetzt werden.

Das trifft nun auch auf die schwierige Regierungs­bildung in Sachsen und Brandenbur­g zu. Die Grünen werden für ein Bündnis mit CDU und SPD oder für eine Koalition mit SPD und Linken gebraucht. Ein Spagat. Die Gefahr, für beliebig erklärt zu werden, ist groß. Und die Gefahr, dass Dreierbünd­nisse brüchig sind, auch. Da lohnt ein Blick nach „Kenia“in Magdeburg und „Jamaika“in Kiel. Dort wird geräuschlo­s regiert. Jeder bekommt etwas und keiner alles. Der Kompromiss, der in der Politik aus der Mode kommt, wird gepflegt. Gut so. Wie auch die Mahnung des CDU-Politikers Kokert aus Schwerin: Das Dorffest ist wichtiger als der Landespres­seball. Mehr Erdung tut not. BERICHT

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