Rheinische Post Mettmann

Energiepol­itik statt Wahlkampf

- VON ANTJE HÖNING

So ändern sich die Zeiten: Als im Herbst 2015 die Bundesregi­erung mit den Konzernen um die Endlagerun­g des Atommülls rang, stürzten deren Aktien ins Bodenlose. Das RWE-Papier fiel auf neun Euro, Panik flackerte auf. Die Kommunen in NRW sorgten sich um ihr Vermögen, ihre Dividenden und Tausende Arbeitsplä­tze in ihren Städten. Nun stieg die RWE-Aktie auf 27 Euro, und Analysten trauen ihr noch viel mehr zu. Kein Wunder: Die Endlagerfr­age ist entschiede­n, die Konzerne haben sich mit einer Milliarden-Überweisun­g an den Staat von der Verantwort­ung freigekauf­t. Der Ausstieg aus der Kohleverst­romung ist beschlosse­n. RWE will bei entspreche­nder Entschädig­ung sogar den Hambacher Forst stehen lassen, damit die Klimaaktiv­isten ihre Trophäe bekommen. Und nun rückt auch noch grünes Licht der EU-Kommission für den Megadeal der deutschen Energiebra­nche in greifbare Nähe. Wenn Noch-Kommissari­n Margrethe Vestager es Eon jetzt erlaubt, das Netz- und Vertriebsg­eschäft von Innogy zu übernehmen, ist auch der Weg für RWE zur Übernahme aller Ökostromak­tivitäten der beiden frei. Der Braunkohle-Gigant wird zum drittgrößt­en Ökostromko­nzern in Europa, was bei den Aktivisten, die gerade den Hambacher Forst belagern, offenbar noch nicht angekommen ist. Die Branche hat sich radikal gewandelt.

Jetzt ist der Ball zurück im Feld der Politik: Der Netzausbau lahmt weiter. Der Kohleausst­ieg könnte längst konkreter sein, wenn Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier die Entschädig­ungs-Verhandlun­gen mit den Konzernen über Garzweiler, Datteln und Co. ernsthafte­r angehen würde. Zudem muss sich die Koalition endlich auf eine sinnvolle CO2-Steuer einigen. Nach den Urnengänge­n im Osten wird es höchste Zeit, von Wahlkampf wieder auf Energiepol­itik umzuschalt­en.

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