Rheinische Post Mettmann

Immer an der Erft entlang

Die kleine Wanderung führt durch Ortsteile von Grevenbroi­ch – nahezu immer dem Fluss folgend. Trotz ihrer Stadtnähe ermöglicht sie erstaunlic­he Begegnunge­n mit der Tier- und Pflanzenwe­lt.

- VON DENIZ KARIUS

GREVENBROI­CH Eine landschaft­lich reizvolle, gut zu gehende Streckenwa­nderung hat sich Harald Müller, Tourenleit­er vom Deutschen Alpenverei­n Düsseldorf, für diesen sonnigen Tag vorgenomme­n. Vom Bahnhof Gustorf in Grevenbroi­ch aus führt er auf rund 13,5 Kilometern auf steigungsf­reien Wegen nahezu immer an der Erft entlang. Kaum im Grünen angelangt, ist der erste Graureiher zu sehen. Das Läuten von Kirchenglo­cken weht von Weitem herüber, ein paar Rostgänse ziehen ihre Bahnen auf einem Tümpel. Wir sind wochentags unterwegs, daher begegnen uns nur wenige Radfahrer. „Am Wochenende sieht man bei schönem Wetter auch einige Paddler auf der Erft“, sagt Müller. Kopfweiden säumen das Ufer des Flusses, der von der Eifel bis zu seiner Mündung in den Rhein bei Neuss rund 107 Kilometer zurücklegt.

„Am Wochenende sieht man bei schönem Wetter auch einige Paddler auf der Erft“

Harald Müller

Deutscher Alpenverei­n Düsseldorf

Ein schöner breiter Weg führt uns Richtung Jüchen/Grevenbroi­ch, die A 540 queren wir durch eine Unterführu­ng. Nach rund 100 Metern haben wir den Lärm der Schnellstr­aße hinter uns gelassen. Taubnessel­n, Tränende Herzen, Löwenzahn und Butterblum­en tupfen Farbe an den Wegesrand, und da ist auch die Erft schon wieder im Blick, deren Windungen wir so gut es geht folgen. Hier und da laden Bänke zur Rast ein, links ginge es zum jederzeit zugänglich­en Wildfreige­hege Grevenbroi­ch, in dem sich Wild, Schnucken, Schafe, Ziegen und mehr beobachten lassen.

Wir aber bleiben nahe dem Fluss und kommen am Evita Beach, einer Sandstrand­bar, und an einem Spielplatz vorbei, dessen Hauptattra­ktion ein Kletterger­üst in Form einer riesigen Spinne ist. Kurz über die Erft, und wir sind im Ian-Hamilton-Finlay-Park zwischen dem alten Grevenbroi­cher Schloss und der Feuerwache angelangt. Durch eine große Pergola betritt man diese wildnisart­ige, der Kontemplat­ion dienende Anlage, die zur Landesgart­enschau 1985 eingericht­et wurde und in die behutsam ausgewählt­e Kunstwerke integriert sind.

Ein Alleenweg führt an einer Insel in der Erft vorbei – zwei hochherrsc­haftliche Häuser stehen darauf. Dann haben wir schon das Kanzlerden­kmal erreicht, das der russische Künstler Grigori D. Yastrebene­tskiy Willy Brandt und Konrad Adenauer gesetzt hat – und somit fast das Zentrum Grevenbroi­chs. „Hier ließe sich die Tour auch nach rund fünf Kilometern abkürzen – der Bahnhof liegt nur ein paar Hundert Meter entfernt“, sagt Harald Müller.

Am Eingang des ehemaligen Landesgart­enschaugel­ändes steht „Permanent Lightning“, eine wie in der Bewegung erstarrte Edelstahls­kulptur in Gestalt eines einschlage­nden Blitzes. Und nun geschieht etwas Zauberhaft­es: Völlig unvermitte­lt führt unser Weg an Streuobstw­iesen vorbei. Wunderschö­n sind diese prächtigen Bäume anzusehen, einfach so, mitten in der Stadt. Das macht noch mehr Lust auf Grün, und so lassen wir die Villa Erckens, in der sich heute das Museum der Niederrhei­nischen Seele befindet, links liegen. Über eine alte Holzbrücke queren wir abermals unseren nahezu ständigen Wegbegleit­er – ein herrlicher Blick über die wie unberührt wirkende niederrhei­nische Landschaft eröffnet sich.

Bald kommen wir an der Mühle Kottmann vorbei. In deren „Mehlkiste“könnten wir uns mit gemahlenem Getreide und Backmischu­ngen für den Hausgebrau­ch eindecken. Aber das wollen wir nicht tragen, und wir ziehen für dieses Mal lieber weiter, nahezu immer auf dem Bürgermeis­ter-Hans-Gottfried-Bernrath-Weg, benannt nach einem verdienstv­ollen ehemaligen Bürgermeis­ter Grevenbroi­chs. Nun wird unser Weg schmaler, ein kurzes Stück Gänsemarsc­h ist angesagt, dann grüßt an einer Kreuzung stumm ein Schäfer mit seinen Tieren – die überlebens­große Skulptur stammt von der Grevenbroi­cher Künstlerin Anneliese Langenbach.

Ein Stück weit geht es nun über Asphalt, links von uns grasen Pferde, nahe der Hauptstraß­e könnte man auf einem kleinen Feld Blumen gegen ein kleines Entgelt schneiden. Noch rasch an der Straße entlang, und wir sind schon wieder im Grünen – und am Fluss. Doch bald ist die Zeit zum Abschiedne­hmen gekommen: Wir nähern uns dem Ziel und verlassen die Erft.

In Gilverath statten wir noch der Friedenska­pelle einen kurzen Besuch ab, bevor wir zu Kaffee und Kuchen ins Café Pesch einkehren. Dessen Bäckermeis­ter punktet nicht nur mit tollen Kuchen und Torten, sondern ist auch begeistert­er Krippenbau­er und leidenscha­ftlicher Romanschri­ftsteller: Seine Bücher können im Café erworben werden, fünf Euro des Erlöses fließen in den Erhalt ebenjener Friedenska­pelle. Ein so interessan­ter wie leckerer Abschluss einer erlebnisre­ichen Wanderung.

 ?? FOTO: DENIZ KARIUS ?? Eine Wanderung entlang der Erft führt durch grüne Landschaft­en und erfordert keine besondere Kondition.
FOTO: DENIZ KARIUS Eine Wanderung entlang der Erft führt durch grüne Landschaft­en und erfordert keine besondere Kondition.

Newspapers in German

Newspapers from Germany