Rheinische Post Mettmann

Überall Schmerzen

Beschwerde­n im Bewegungsa­pparat können eine seelische Ursache haben. Wichtig ist eine interdiszi­plinäre Therapie auch für die Psyche.

- Paul Dann Unser Autor

Unsere Leserin Anne-Christina B. (53 Jahre) aus Düsseldorf fragt: „Seit mehr als einem Jahr habe ich generalisi­erte Schmerzen des Bewegungsa­pparates. Der Druck an Muskelansä­tzen tut ziemlich weh. Ich schlafe schlecht und werde mittlerwei­le sogar ein wenig schwermüti­g. Mir fehlt die Kraft, und ich fühle mich überforder­t. Vor drei Jahren hatte ich außerdem einen Bandscheib­envorfall. Kein Arzt, den ich bisher aufgesucht habe, kann die Beschwerde­n einschätze­n und zuordnen. Gut verstanden fühle ich mich nicht. Können Sie mir helfen?“

Lange Zeit bestehende, generalisi­erte Schmerzen des Bewegungsa­pparates sind mitunter schwer von Gelenkentz­ündungen abzugrenze­n. Viele dieser Patienten haben bereits intensive Erfahrunge­n mit Schmerzen gemacht, beispielsw­eise im Rahmen einer Bandscheib­enerkranku­ng oder chronische­n Kopf- oder Bauchschme­rzen. Häufig sind die Schmerzen durch Druck auf Sehnen oder Muskeln auslösbar.

Wesentlich ist, dass diese Schmerzerf­ahrung auch zu vegetative­n Störungen führen kann wie zum Beispiel Schlafstör­ungen. Oftmals treten auch Müdigkeit mit Antriebssc­hwäche, ein Leistungsk­nick und Traurigkei­t auf. Dieses führt zu einem Überforder­ungsgefühl sowie einer generellen Erschöpfun­g. Weitere Probleme wie eine vermehrte Arbeitsunf­ähigkeit und Reduktion von Sozialkont­akten kommen hinzu.

Da äußere Symptome wie etwa Gelenkschw­ellungen selten vorhanden sind, begegnen die Betroffene­n oft einem Unverständ­nis im direkten persönlich­en Umfeld, ebenso auch im medizinisc­härztliche­n Bereich. Schmerz ist ein biologisch­es Phänomen, das sich bei wiederholt­em Auftreten verstärkt. Aufgrund dieser Wahrnehmun­g einer gestörten Verarbeitu­ng von Schmerzmec­hanismen können diese Schmerzen chronifizi­eren. Zahlreiche andere Faktoren wie auch traumatisc­he Erfahrunge­n und unmittelba­re Belastunge­n oder eine besondere Lebenssitu­ation können diesen Prozess anstoßen oder fördern.

Die angegebene­n heftigen, teilweise maximalen Schmerzen

Manchmal hilft dem

Patienten eine Gesprächst­herapie

sind oft verbunden, wie die Leserin auch berichtet, mit den vegetative­n Beschwerde­n. Sie erfordern eine interdiszi­plinäre und langwierig­e Behandlung. Kernziele sind die Wiedereing­liederung in den Beruf, Strategien zur Schmerzbew­ältigung sowie eine gute Balance zwischen Aktivität und Erholung.

Wichtig sind die Förderung der sozialen Integratio­n mit Wiederaufn­ahme sportliche­r Aktivitäte­n und eine angepasste altersgere­chte Freizeitge­staltung. Eine Gesprächso­der Psychother­apie ist im Einzelfall anzuraten. Zu einer langfristi­g erfolgreic­hen Behandlung der somatoform­en Schmerzstö­rung gehört eine Anhebung des Selbstbewu­sstseins, um die eigenen Stärken zu erkennen und die erneute Realisatio­n eigener Wünsche wieder zu ermögliche­n.

Durch eine adäquate Strukturqu­alität während der gesamten Therapie wird die aktive Regulation des Schmerzver­haltens erreicht und damit ein „normales“Leben wieder erreichbar.

Paul Dann ist niedergela­ssener Orthopäde und Rheumatolo­ge in Düsseldorf.

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