Schöne Grüße
Was für eine Sommer-Bescherung! Knapp 300 Urlaubspostkarten erreichten uns nach dem Aufruf. Darunter Gemaltes und Gedichtetes, Historisches und Rätselhaftes.
Das passt auf keinen Kühlschrank! All diese vielen Urlaubspostkarten, die uns nach dem Aufruf in den vergangenen Sommerferien erreicht haben. Fast 300 sind es bis zum gestrigen Tag gewesen, und zwischendurch verfielen wir glatt dem Glauben, es gäbe auf dieser Welt überhaupt kein anderes Kommunikationsmittel. Auf jeden Fall gibt es kein schöneres.
Tatsächlich sangen alle postalischen Grüße das hohe Lied auf die Postkarte. Auf das Aussuchen der Kartenmotive am ersten und das Schreiben der Karten am letzten Urlaubstag. Und nicht wenige Schreiber outeten sich, mehr als 20 Karten aus jedem Urlaub zu verschicken; der Rekord: 83 Kartengrüße von einem Kreuzfahrtschiff im Mittelmeer. Manchmal waren es schon die Namen der Orte, die in der Redaktion eine Ahnung von Sommerfrische herbeizauberten: etwa Grüße von Insel Meganisi (schon der Name!), Luftpost aus Namibia, eine dreisprachige Karte vom Nordkapp und eine aus der Bio Camp Lodge in Mbambabay.
Jede Karte weckte in uns die Reisesehnsucht, viele rührten und etliche amüsierten uns. Wie die vielfach unterschriebene Karte aus dem Wuppertaler Zoo, zu dem das Team vom „Café International“der Hildener St. Jacobus-Gemeinde getourt war. Nicht nur mit dieser Karte lernten wir, dass vornehme Siezerei nicht zum guten Ton der Karte gehört. Mit jeder Karte wird eine Hand gereicht, und wer sie ergreift, gehört dazu. „Das Schönste ist das Lächeln derjenigen, die eine Postkarte erhalten“, hat uns Brigitte Schlicker aus Krefeld geschrieben. Recht hat sie natürlich.
Zur Karte gehört offenbar auch die gestochen schöne Handschrift. Neidisch und beschämt haben wir in Anbetracht unserer eigenen Klaue die fast schon kalligraphischen Dokumente betrachtet. Interessant waren aber auch jene Texte, deren Schrift sehr großzügig begannen und dann kleiner und regelrecht mickrig wurden, weil man plötzlich und offenkundig doch viel mehr zu sagen und zu schreiben hatte als man zuvor gedacht hatte. Ein Problem, das alle Kartenschreiber kennen.
Der Urlaub aus Balkonien dient übrigens nicht als Ausrede, keine Karte zu schreiben. Reichlich Post erreicht uns daher vom Niederrhein. „Ich mache Urlaub bei Oma in Kranenburg“, hat uns Theresa verraten. Und wir alle ahnten, dass das ganz große Ferien gewesen sind. Zudem gab es für uns ein bisschen Urlaubsnachhilfe – etwa von Inge Müller-Pütz aus Neuss mit ihren bilderund farbenfrohen Grüßen aus Frankreich mit dem robusten Hinweis: „Ohne Karte weiß die RP nicht, wie schön es ist in Alsace!“Das wissen wir nun also auch.
Mancher Gruß war schon Geschichte, bevor er uns erreichte. Wie die Karte aus einem familiären Nachlass, die einen Kirchturm in Stadelschwarzach zeigt, dessen Spitze ein Herbststurm inzwischen „hinuntergeweht“hatte. Eine andere Karte kam aus der DDR nach Düsseldorf – vor genau 50 Jahren. Urlaub irgendwo in einem Lindenhof des Arbeiter- und Bauernstaates; die Kritik am Zimmer hatte die Zensurbehörde geschwärzt. Ansonsten: Es gibt „echten Bohnenkaffee“, ist da zu lesen, und am Abend soll Sauerfleisch serviert werden. Schließlich die Frage an die damals rheinischen Empfänger: „Habt ihr die Mondlandung gesehen?“
Postkarten sind auch kleine Kunstwerke – eine sogar aus Holz! -, und so wurde gezeichnet und gedichtet, was das Zeug hält und aushält. „Vom Urlaubsort ein Kartengruß, das ist von jeher stets ein Muss …“
Sprachlos (vor lauter Bewunderung) aber hat uns eine echte Rätselkarte gemacht. Ein uralter Kartengruß von 1962 nur in Symbolen und gewitzten Zahlenkombinationen. Selbst die Anschrift war so verschlüsselt! Der Postbote hat aber alles mühevoll entziffert und die Karte wahrscheinlich mit ein wenig Verspätung tatsächlich zugestellt. Allein die Anrede ist eine echte Aufgabe: mit einer gemalten Hand, die oben und unten durchgestrichen ist.
Vom Wort „Hand“fallen also der erste und der letzte Buchstabe weg; es bleibt also
„an“. Ägyptens Hieroglyphen sind ein Kinderspiel dagegen.