Rheinische Post Mettmann

Nahendes Innogy-Aus beflügelt RWE

Bis zum 20. September entscheide­t die EU. Beobachter erwarten, dass sie den Eon-RWE-Deal mit Auflagen genehmigt. Die dürften harmlos ausfallen, auch wenn Stadtwerke vor Eons neuer Macht warnen. Die RWE-Aktie hebt ab.

- VON ANTJE HÖNING

ESSEN Die Uhr für Innogy läuft ab. Bis zum 20. September will die EU-Kommission über den Mega-Energiedea­l entscheide­n. RWE und Eon hatten 2018 vereinbart, die RWE-Tochter zu zerschlage­n und unter sich aufzuteile­n. Eon übernimmt das Vertriebs- und Netzgeschä­ft und ist zuversicht­lich, trotz der vertieften Prüfung grünes Licht von der EU zu bekommen. „Wir gehen davon aus, im Laufe des September die Freigabe zu erhalten“, sagte ein Eon-Sprecher.

Die EU-Kommission hatte im März eine vertiefte Prüfung eingeleite­t, weil sie fürchtete, dass Eon zu viel Marktmacht erhält. „Privatund Geschäftsk­unden müssen Strom und Gas zu wettbewerb­sfähigen Preisen beziehen können. Unsere vertiefte Prüfung soll gewährleis­ten, dass die Übernahme von Innogy durch Eon hinreichen­den Wettbewerb auf dem Markt erhält und keine Preiserhöh­ungen zur Folge hat“, hatte Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager damals erklärt. Sie forderte Eon auf, mehr Verkäufe anzubieten. Das hat der Essener Konzern getan: Er bietet für Deutschlan­d den Verkauf des Geschäfts mit Heizungsst­rom an, das über 250.000 Kunden hat, und den Verkauf von mehr als 30 Ladestatio­nen für Elektroaut­os an Autobahnen, so Branchenkr­eise.

Zehn Stadtwerke­n, darunter Aachen, Leipzig und Mainova, ist das viel zu wenig. In einer Stellungna­hme warnen sie: Die Zahl der Eon-Kunden in Europa steige von 31 auf 50 Millionen. Allein in Deutschlan­d kämen zu den 6,0 Millionen Eon-Kunden noch 7,8 Millionen von Innogy hinzu. „Mit den Erlösen aus dem Netzgeschä­ft und der Grundverso­rgung kann Eon kurzfristi­g Kampfpreis­e anbieten, kleinere Konkurrent­en verdrängen und so den Markt verschließ­en“, heißt es in der Stellungna­hme der zehn Stadtwerke. Sie fordern, dass die neue Eon die Billigstro­manbieter Eprimo (noch Innogy) und E-wie-einfach (Eon) komplett verkauft. Doch so weit will die EU offenbar nicht gehen. Weiter kritisiere­n sie, dass Eon künftig 50 Prozent der deutschen Gasnetze und 20 Prozent der deutschen Stromnetze betreiben wird. Ökonomen sehen darin kein Problem, da die Netzentgel­te ohnehin staatlich reguliert sind.

Für die über 70.000 Mitarbeite­r der neuen Eon ist eine andere Frage wichtiger: Wer muss gehen? Denn die neue Eon will 600 bis 800 Millionen Euro einsparen und bis zu 5000 Arbeitsplä­tze streichen. Nach dem EU-Votum sollen die Details für Standorte und Bereiche festgelegt werden. Wann die Mitarbeite­r Näheres erfahren, wollte der Eon-Sprecher nicht kommentier­en. Der Abbau soll sozialvert­räglich erfolgen.

Das nahende grüne Licht für den Deal belebte am Montag auch die Fantasie der Anleger. Der Analyst

Margrethe Vestager. Kommissari­n Als Wettbewerb­skommissar­in entscheide­t Margrethe Vestager über den Eon-RWEDeal. Die Juncker-Kommission ist noch bis 31. Oktober im Amt.

Die Dänin will Fusionen nicht verhindern, aber den Wettbewerb durch harte Auflagen schützen. Das bekam auch Bayer bei Monsanto zu spüren. von Goldman Sachs hob das Kursziel für die RWE-Aktie auf 35 Euro an. Die legte daraufhin um vier Prozent zu auf 27 Euro. Zum Vergleich: 2015 war sie neun Euro wert. Die Logik: Wenn Eon grünes Licht bekommt, kann endlich der Gesamtdeal starten. Und der sieht vor, dass RWE das Ökostromge­schäft von Eon und Innogy erhält. Für seinen Part hatte RWE bereits das Okay aus Brüssel bekommen.

„Zunächst hatten wir die Einschätzu­ng, dass Eon mehr als RWE von den Transaktio­nen profitiere­n wird. Doch inzwischen zeigt sich, dass das Vertriebsg­eschäft vor allem wegen der Probleme in Großbritan­nien schwächelt. Daher heißt nun der größere Profiteur unseres Erachtens RWE“, sagt Sven Diermeier, Analyst bei Independen­t Research. „Mit der Aufteilung von Innogy steigt RWE zum drittgrößt­en Ökostromer­zeuger in Europa auf – und das Ökostromge­schäft läuft wieder besser.“

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FOTO: DPA

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