Deutsche haben weniger Angst
Die Deutschen fürchten sich 2019 so wenig wie seit 25 Jahren nicht mehr. Doch vor allem die politische Lage bereitet einer Mehrzahl der Bürger weiter Sorgen.
BERLIN Es ist eines der beliebtesten Klischees über die Deutschen: Die „German Angst“. Die kollektive Furcht eines Landes vor negativer Veränderung. Doch die Deutschen werden optimistischer. Sie haben so wenig Ängste wie seit 25 Jahren nicht mehr. Das zumindest ist das Ergebnis einer Studie, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde.
Seit 1992 fragt die R+V-Versicherung die Bürger nach ihren größten politischen, wirtschaftlichen, persönlichen und ökologischen Ängsten. Im Durchschnitt aller 22 abgefragten Ängste fühlten sich in diesem Jahr 39 Prozent der rund 2400 Befragten betroffen. Das sind nicht nur deutlich weniger als im Vorjahr (47 Prozent), es ist auch der niedrigste gemessene Wert seit 1994. „Die ‚Angsthasen’ sind dieses Mal gelassener“, sagte Politikwissenschaftler Manfred Schmidt, der die Studie seit einigen Jahren begleitet. Ein Überblick über die wichtigsten Ergebnisse.
Ost-West-Gefälle Auf den ersten Blick sind es alle Deutschen. Auf den zweiten Blick sind es nur die Westdeutschen, die gelassener geworden sind. Während sich 2018 noch ähnlich viele Befragte in neuen (48 Prozent) und alten Bundesländern (46 Prozent) von den abgefragten Ängsten betroffen fühlten, gingen die Werte für das Jahr 2019 deutlich auseinander. Jetzt teilen im Durchschnitt immer noch 47 Prozent der Ostdeutschen, allerdings nur noch 37 Prozent der Westdeutschen diese Ängste. So groß war der Unterschied zuletzt vor 13 Jahren.
Der Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, Christian Hirte (CDU), wundert sich über das Ergebnis. „Ich bin viel unterwegs in den neuen Ländern und kann diese vermeintlichen Unterschiede im Angstverhalten an keiner Stelle feststellen“, sagte er unserer Redaktion. Auch zeige die Studie große Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern. Beispielsweise stehe einem hohen Angstrückgang in Sachsen-Anhalt ein hoher Zuwachs in Thüringen gegenüber. „Auch hier gilt, Osten ist nicht gleich Osten und man tut gut daran, zu differenzieren“, sagte Hirte.
Wie in den Jahren zuvor beschäftigen auch 2019 vor allem politische Ängste die Deutschen. Insbesondere die Folgen der Zuwanderung bereiten den Befragten Sorgen. Spitzenreiter 2019 ist die Angst vor der Überforderung des Staats durch Flüchtlinge (56 Prozent). Jeweils 55 Prozent fürchten Spannungen durch den Zuzug von Ausländern und eine gefährlichere Welt durch die Politik des US-Präsidenten Donald Trump. 2018 dominierte noch die Trump-Angst mit 69 Prozent. Auch die Zuwanderungsängste lagen deutlich höher, bei jeweils 63 Prozent.
Für Manfred Schmidt überwiegt dennoch der negative Befund. „Die Größe ist wichtiger als die Veränderung“, sagte er. „Es ist nach wie vor so, dass einer Mehrheit diese drei Themen große Sorgen bereiten.“Auch hier ist die Angst in Ostdeutschland besonders groß. Jeweils 64 Prozent der Befragten fürchten sich dort vor einer Überforderung des Staats durch Flüchtlinge und vor Spannungen durch den Zuzug von Ausländern. 60 Prozent der Ostdeutschen