Neuer Japan-Boom in Düsseldorf
Die Zahl der Neuansiedlungen von japanischen Firmen in Düsseldorf hat sich nahezu verdoppelt. Immer wichtiger wird der Kontakt zur Start-up-Szene. In Tokio wurde der Düsseldorf-Abend mit mehr als 1200 Gästen gefeiert.
Düsseldorf boomt als internationaler Wirtschaftsstandort. Während in den vergangenen Jahren die vielen neuen chinesischen Unternehmen die öffentliche Wahrnehmung in der Landeshauptstadt bestimmten, hat jedoch auch die japanische Gemeinschaft ihre Stellung gestärkt. Das zeigt sich in dieser Woche beim Besuch einer städtischen Delegation unter Leitung von Oberbürgermeister Thomas Geisel in Tokio. Die wichtigsten Fakten:
Neuansiedlungen Im Medienhafen entsteht derzeit der neue Bürokomplex C-View. Dort wird das japanische Chemieunternehmen Asahi Kasei einziehen. Das Unternehmen stellt unter anderem Grundchemikalien, Kunstfasern und Pharmazeutika her. Aktuell hat die Asahi Kasei Europe GmbH ihren Sitz am Seestern. Von dort geht es im kommenden Jahr ebenso an die Fringsstraße, wie das Forschungs- und Entwicklungszentrum des Unternehmens mit mehr als 150 Mitarbeitern von Dormagen umzieht.
Ein Erfolg für Düsseldorf und ein beinahe typischer Fall. An der Seite von NRW-Wirtschaftsstaatssekretär Christoph Dammermann und Geisel stellte Petra Wassner, die Chefin der Landestochter NRW.Invest, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Tokio fest: „Von den 650 japanischen Firmen in NRW sind mehr als die Hälfte Europa-Zentralen.“
Düsseldorf gewinnt dabei besonders, denn hier haben mehr als 400 japanische Firmen ihre Adresse. Und es werden immer mehr: Ließen sich in den ersten zwölf Jahren des neuen Jahrhunderts jährlich zwischen neun und 13 neue Firmen aus Nippon am Rhein nieder, waren es seitdem zwischen 17 und 30. Im Durchschnitt sind es nunmehr 23 Neuansiedlungen pro Jahr.
Hideki Kobori, Präsident von Asahi Kasei, kündigte im Gespräch mit der Stadtspitze an, er wolle von Düsseldorf aus europaweit mit Automobilund Hydrogentechnologie wachsen „und auch neue Geschäftsfelder in Zusammenarbeit mit Start-ups erschließen“. Das Unternehmen engagiert sich auch in der Landeshauptstadt, unterstützt Projekte der Sportstadt Düsseldorf wie das Judo-Wochenende für Kinder.
Start-up-Szene Immer wichtiger wird der von Kobori angesprochene Kontakt zur Gründerszene. Die Unternehmen suchen den Kontakt zu den flexiblen kleinen unternehmerischen Einheiten und versuchen in Kooperation mit ihnen digitale Lösungen für die unterschiedlichsten Aufgabenstellungen zu entwickeln. Im Falle von Kobori will Peter Hornik helfen, der mit zur Delegation in Japan gehört. „Wir möchten herausfinden, für welche Start-ups Sie sich interessieren und bei der Kontaktaufnahme helfen“, sagte der Chef des Digi Hubs von Düsseldorf. Um die 90 Gründer sind in dem Gebäude im Medienhafen mittlerweile fest vor Anker gegangen oder sind tageweise dort aktiv. Im nahen Miteinander können aus Ideen im Hafen erfolgreiche Produkte werden, Scheitern ist in diesem Kreativgeschäft keinesfalls verpönt.
Wie unterschiedlich die Unternehmenskulturen sind, weiß Philipp Heltewig. Der 38-Jährige ist Mitgründer der Cognigy GmbH, die ebenfalls an der Speditionstraße sitzt, und gehört in Fernost zur Delegation. Das noch junge Unternehmen entwickelt Programme für den automatisierten Kundenservice, statt mit einem Menschen kommunizieren Kunden mit einem Bot (Roboter). Seine Erfahrung: Viele große Unternehmen verlieren viel zu viel Zeit bei der Entwicklung neuer Ideen, zuweilen werden diese aus unternehmenspolitischen oder Karriere-Gründen blockiert.
Mit Henkel, in Japan vertreten durch die in Tokio geborene Rina Obi, war seine Erfahrung anders. Die 31-Jährige hat unter anderem bei Google gearbeitet und ist jetzt bei Henkel X, das den Umgang mit der Digitalisierung im gesamten Konzern vorantreibt. Dort werden Lösungen auf einer offenen Plattform entwickelt, auch Industriepartner von Henkel können mitmachen und profitieren. Ein neues Denken, das Fortschritte schneller möglich machen soll. Denn Asien, das war der selbstbewusste Beitrag japanischer Journalisten in der Pressekonferenz von Stadt und Land, sei bei diesen Innovationen weiter.
Düsseldorf-Abend Mehr als 1200 Japaner, die einmal in der Landeshauptstadt gearbeitet haben, feierten am Donnerstag den traditionellen Düsseldorf-Abend, der alle zwei bis drei Jahre im Hotel New Otani über die Bühne geht. Eingeladen hatten Stadt, Land und Messe. 850 Liter Schlüssel Alt wurden ausgeschenkt, die Stimmung ging hoch, es wurde sogar das Prosit auf die Gemütlichkeit gesungen. „Düsseldorf ist für die Japaner in Deutschland die Nummer eins“, kommentierte der Japanologe und Personalberater Frank Schulz, der einst bei Deloitte in Düsseldorf arbeitete und seit 20 Jahren in Japan lebt.