Streit über die Diskussionskultur: Wie miteinander reden?
Draußen vor der Berger Kirche hing Thorsten Nolting ein Plakat auf. Zwei aufgeregte Passanten schimpften und beleidigten ihn. Die Nachricht auf dem Plakat, die sie so aufbrachte: „Ankommen ist ein Menschenrecht“.
Nun lud die Diakonie Düsseldorf Lothar Schröder, Kulturchef der Rheinischen Post, Alain Bieber vom NRW-Forum und Miriam Koch vom Amt für Migration und Integration ins Innere der Kirche ein, um die Kurzschlüsse heutiger Umgangsformen zu diskutieren. Die Veranstaltung trug den Titel „Gift in der Küche – Für eine Kultur kooperativer Auseinandersetzung“.
Dass tatsächlich Gift in der Küche sei, war unstrittig unter den Gästen: Gehässige Kommentare würden nicht nur im Internet Unterhaltungen dominieren, sondern auch im realen Leben zunehmen. Schnell wurde die AfD Thema des Gesprächs. Anhänger zeigten einen Hang zu Drohungen und Aggression, wie Koch im Zuge ihrer Arbeit als Flüchtlingsbeauftrage festgestellt habe. Schröder bemerkte, dass die AfD sich soziale Medien wie keine andere Partei zunutze mache, mit Bots und Social-Media-Teams, die zum Beispiel auf Facebook provokante Nachrichten verbreiten. Koch beobachte einen Hang zu überspitzten Aussagen aber auch bei anderen Politikern und Bürgern. Bieber führte dies darauf zurück, „dass sich Konflikte besser verkaufen“. Schröder sah die Ursache der Tendenz zu Schwarz-weiß-Denken zum Teil in den Diskussionsformen sozialer Medien. Er verwies auf den Rückzug des Grünen-Chefs Robert Habeck vonTwitter, das durch das Zeichenlimit Nutzer zu zugespitzten Aussagen zwinge. Habeck habe gemerkt, „wie das Limit auch außerhalb der Plattform sein Denken beeinflusste“, sagte Schröder.
Die Gäste gingen auf mögliche Lösungen des Problems ein. Koch erzählte in diesem Zusammenhang von ihren Erfahrungen als Flüchtlingsbeauftragte, als sie mit aufgebrachten Bürgern geredet habe, „bis die letzte Frage beantwortet war“. Allerdings zöge sie Grenzen bei jenen, die kommen, um bloß zu stören. Bieber zog ebenfalls eine harte Grenze: „Ich rede nicht mit Nazis“, sagte er. Schröder fragte sich allerdings, wie konstruktiv eine Ablehnung des Gesprächs sei. Man müsse im Dialog bereit sein, sich in sein Gegenüber hinein zu versetzen. Er fände aber, dass man sich offen gegen menschenverachtende Aussagen stellen müsse. Koch kritisierte, dass ein solcher Umgang nicht für alle möglich sei: „Im Osten geht es um Leben und Tod“, sagte sie.
Als die Diskussion für das Publikum geöffnet wurde, kritisierten einige nicht nur den Einfluss neuer Medien, sondern auch den von ihnen wahrgenommenen Überfluss an negativen Darstellungen in Zeitungen. Eine Zuhörerin war „gefrustet“, dass sich die Diskussion so stark um die AfD drehte.