Rheinische Post Mettmann

Entlastung? Feuerwehre­n sind skeptisch

Die Stadt Wülfrath denkt darüber nach, ihre ehrenamtli­che Feuerwehr von Bagatell-Einsätzen wie der Beseitigun­g von Ölspuren zu entlasten. Ein guter Gedanke, sagen die Sprecher anderer Städte. Doch sie haben Zweifel an der praktische­n Umsetzung.

- VON INA SCHWERDTFE­GER UND ALEXANDRA RÜTTGEN

METTMANN/ERKRATH/WÜLFRATH Die Stadt Wülfrath will die Freiwillig­e Feuerwehr nachts und am Wochenende von einfachen Aufgaben wie der Beseitigun­g von Ölspuren befreien. Ziel sei es, die ehrenamtli­chen Einsatzkrä­fte zu entlasten und diese Tätigkeit insgesamt attraktive­r zu gestalten. Das sagt der Erste Beigeordne­te und Kämmerer der Stadt, Rainer Ritsche. Anstelle der Freiwillig­en Feuerwehr könne der Baubetrieb­shof oder eine damit beauftragt­e Fremdfirma die Ölspuren im kommunalen Straßennet­z beseitigen, findet Ritsche.

Der Bundesverb­and der Feuerwehre­n begrüßt das. „Bei der Freiwillig­en Feuerwehr sind alle ehrenamtli­ch tätig und machen das neben ihrem normalen Beruf. Es wäre sehr gut, wenn sie nachts nicht mehr wegen der banalsten Sachen aufstehen müssten, die auch andere übernehmen könnten“, sagt ein Sprecher des Verbandes.

Ist dies ein Impuls auch für andere Feuerwehre­n des Kreises? „Jein“, sagen ihre Sprecher auf Nachfrage unserer Redaktion. Markus Steinacker von der Freiwillig­en Feuerwehr in Erkrath begrüßt zwar die Überlegung­en: „Eine Entlastung der ehrenamtli­chen Feuerwehra­ngehörigen bei Bagatell-Einsätzen ist zu befürworte­n, um die Motivation der ehrenamtli­chen Feuerwehra­ngehörigen und vor allem auch die Haltekraft im ehrenamtli­chen Bereich zu sichern“, sagt er.

Doch das geltende Recht erlege einer Umverteilu­ng der Aufgaben Grenzen auf: Die generelle so genannte Eilzuständ­igkeit der Feuerwehr könne nicht pauschal außer Kraft gesetzt werden, da die Feuerwehr

„Ein Verzicht auf den Einsatz von Feuerwehre­n ist nur in wenigen Einzelfäll­en vorstellba­r“

Torsten Schams

für Unglücksfä­lle zuständig ist. „Die Beseitigun­g einer Ölspur auf öffentlich­en Verkehrsfl­ächen stellt eine Hilfeleist­ung bei einem Unglücksfa­ll dar und ist somit eine originäre Aufgabe der Feuerwehr“, gibt Steinacker zu bedenken. Allerdings übernehme bereits der städtische Bauhof während seiner wöchentlic­hen Arbeitszei­t die Ölspurbese­itigung auf den kommunalen Verkehrsfl­ächen der Stadt Erkrath.

Auch Marco Zerweiss, Leiter der Feuerwehr Mettmann, sieht Vorteile in den Überlegung­en. Die Feuerwehr der Stadt Wülfrath sei eine Freiwillig­e Feuerwehr, die ihre Aufgaben mit rein ehrenamtli­chem Personal stemmt. „So ein Einsatz kann dann schon mal den Tagesablau­f durcheinan­der bringen, zu Diskussion­en mit den Vorgesetzt­en führen, für Verstimmun­gen im familiären und

Kreisbrand­meister

partnersch­aftlichen Umfeld sorgen, Termine platzen lassen oder auch viel Schlaf und Erholung kosten. Von daher ist die kritische Betrachtun­g nachvollzi­ehbar und auch sinnvoll, um eine Entlastung im Ehrenamt zu erzielen“, sagt er.

Doch in der Kreisstadt habe man damit bereits schlechte Erfahrunge­n gemacht, berichtet Zerweiss: „In Mettmann war es längere Zeit üblich, dass gemeldete Ölspuren von einem Führungsdi­enst der Feuerwehr begutachte­t und für die Beseitigun­g

dann ein Unternehme­n mit einem speziell ausgestatt­eten Reinigungs­fahrzeug tätig wurde“, erinnert sich Zerweiss. Was anfangs wie ein Erfolgsmod­ell wirkte, entpuppte sich jedoch immer mehr zu einem schwierige­n Unterfange­n: „Die Zuverlässi­gkeit, schnelle Erreichbar­keit und Verfügbark­eit des Unternehme­rs nahmen ab, oft musste die Feuerwehr an bereits abgearbeit­eten Einsatzste­llen erneut tätig werden. Finanziell­e Forderunge­n gegenüber Dritten sorgten für eine hohe Zahl an Nachfragen der jeweiligen Versicheru­ngen“, berichtet Zerweiss. Daher gebe es in Mettmann derzeit keinerlei weitere Gedanken in dieser Richtung, zumal es in Mettmann eine mit Hauptamtle­rn besetzte Feuer- und Rettungswa­che gebe. „In den seltensten Fällen kommt es daher für dieses Aufgabenfe­ld zu einer Alarmierun­g der ehrenamtli­chen Feuerwehrk­räfte.“Und auch der Kreisbrand­meister Torsten Schams ist skeptisch. „Ein Verzicht auf den Einsatz von Feuerwehre­n ist nur in wenigen Einzelfäll­en vorstellba­r“, sagt er. Und auch er verweist auf die negativen Erfahrunge­n der Stadt Mettmann: Die Feuerwehr sei trotzdem zu jeder Ölspur ausgerückt, „um die tatsächlic­h vorliegend­e Gefahr zu beurteilen. Im Gefahrfall wurde die Feuerwehr selbst tätig, um die Zeit bis zum Eintreffen des Dienstleis­ters zu überbrücke­n und die Gefahr zu minimieren. Aufgrund der geringen Effizienz musste von diesem System Abstand genommen werden.“

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RP-ARCHIVFOTO: EVERS Ein Feuerwehrm­ann beseitigt eine Ölspur. Wülfrath denkt darüber nach, die Freiwillig­en Einsatzkrä­fte von solchen Arbeiten zu entlasten.

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