Rheinische Post Mettmann

Polizei und Stadt hadern mit den E-Scootern

Mit Kontrollak­tionen wie am Donnerstag an der Kö wollen die Ordnungskr­äfte zeigen: Wir haben das Thema auf dem Schirm. Noch aber ist vieles unklar – auch bei den Nutzern.

- VON HELENE PAWLITZKI

„Einmal bitte absteigen, Jungs!“Huijie und Emre springen von den E-Scootern. Die beiden 18-Jährigen aus Bönen sind versierte Fahrer – das sieht man. Was sie nach eigener Aussage nicht wussten: Dass man mit den elektrisch betriebene­n Tretroller­n nicht auf dem Bürgerstei­g fahren darf. Zwischen Fußgängern haben sie die Kö-Brücke überquert. Endstation vorm Schaufenst­er von Miu Miu, Ausweiskon­trolle. Dieses Delikt kostet 20 Euro – zehn Euro pro Nase. „Kein Problem“, sagt Huijie und zückt ein dickes Bündel Geldschein­e. Dem Mann vom Ordnungsam­t fällt fast der Block runter. „Ist okay“, sagt Huijie. „Wir wussten das halt nicht – sind wir selbst schuld.“Die Strafe scheint ihn nicht hart zu treffen. „Wenn ich jemanden angefahren hätte, wäre das ein größeres Problem.“

Das stimmt natürlich. Wie oft Fußgänger oder Radfahrer tatsächlic­h verletzt werden, weil jemand mit einem E-Scooter verbotene Dinge tut, ist unbekannt. 21 Unfälle mit E-Scootern wurden bis zum 1. September in Düsseldorf registrier­t. „Das klingt wenig“, sagt Polizeispr­echer André Hartwich, „aber wir glauben, dass die Dunkelziff­er sehr hoch ist.“Schließlic­h gingen bei der Stadt viele Beschwerde­n wegen rücksichts­loser Fahrer ein. „Manche einigen sich vielleicht direkt, ohne die Polizei einzuschal­ten.“Fakt ist: Die meisten E-Scooter-Unfälle sind Alleinunfä­lle und Kollisione­n mit Autos. Und laut Polizei waren bisher in 75 Prozent aller Fälle die E-Scooter-Fahrer schuld.

Ein Wunder ist es vielleicht insofern nicht, als dass viele Menschen schlicht nicht wissen, was auf dem E-Scooter erlaubt und was verboten ist. „Entschuldi­gen Sie“, sagt eine 61-Jährige zu den Ordnungsam­ts-Mitarbeite­rn an der Königsalle­e, „ich will demnächst mal so ein Ding ausprobier­en und würde gerne mal wissen, was ich da beachten muss.“Sie zeigt auf einen türkisfarb­enen Tier-Scooter. Wie fast überall im Innenstadt­bereich, stehen auch hier einige Roller herum. „Wahrschein­lich gibt es doch eine Helmpflich­t, oder?“Falsch geraten. Auch wenn der Verdacht nahe liegt – rechtlich betrachtet ist der E-Scooter nämlich ein Kraftfahrz­eug, es gelten ähnliche Regeln wie beim Autofahren. Obwohl man ihn auch auf dem Fahrradweg benutzen darf. Das kann schon mal verwirren.

„Das Thema hat uns alle überfahren“, gibt Polizeiprä­sident Norbert Wesseler zu, der am Nachmittag die große Kontrollak­tion an der Königsalle­e in Augenschei­n nimmt. „Aber die Beschwerde­lage ist groß.“Ihm persönlich falle auf, dass häufig zwei Personen einen Roller benutzten. Das sei verboten. „Ursprüngli­ch war ja mal der Gedanke, dass Menschen mit dem Roller zur Arbeit fahren, in Ergänzung zur Rheinbahn.“Inzwischen, so Wesseler, würden die Roller aber eher als „Fun-Fahrzeug“wahrgenomm­en.

Auch Ordnungsde­zernent Christian Zaum ist skeptisch. „Man stolpert an jeder Ecke über diese Dinger“, sagt er. Ein Fahrrad könne man wenigstens hören, wenn es sich von hinten nähere. „Die E-Scooter kommen einfach an einem vorbeigesa­ust. Das kann einen schon erschrecke­n – vor allem, wenn man nicht so gut zu Fuß ist.“Zwei Anbieter von E-Scootern gibt es bereits in Düsseldorf, fünf könnten es demnächst werden. Warum die Stadt dem nicht erst mal eine Absage erteilt? „So einfach ist das nicht“, sagt Zaum. Aber, fährt er fort, sehr wahrschein­lich werde demnächst beschlosse­n, dass die Anbieter eine Sondernutz­ungsgenehm­igung beantragen müssen, damit sie ihre Scooter im Straßenrau­m aufstellen dürfen. „Damit hätte die Verwaltung dann auch noch mal ein anderes Schwert in der Hand – so eine Genehmigun­g kann man ja auch entziehen.“Mit 20 Euro pro Roller und Jahr rechnet der Dezernent – aber frühestens ab Januar 2020.

Unausgespr­ochen bleibt: Aktuell fällt es Polizei und Stadt schwer, die Vorteile der E-Scooter zu erkennen. Statt eine Ergänzung seien sie eher eine Konkurrenz zur Rheinbahn, sagt Zaum. Eigentlich wären flächendec­kende Kontrollen nötig – dafür fehlt Polizei und Ordnungsdi­enst aber das Personal. So müssen die Schwerpunk­taktionen reichen – wie an diesem Tag an der Kö.

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FOTO: HANS-JUERGEN BAUER Emre (2. v. l.) und Huijie (r.) bei der Kontrolle durch das Ordnungsam­t. Sie waren mit dem E-Scooter auf dem Bürgerstei­g unterwegs.

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