Ute Lemper begeistert mit Brecht und Weill
Die Sängerin trat mit einem Programm zu Ehren großer Exilanten in der Düsseldorfer Tonhalle auf.
DÜSSELDORF Bertolt Brecht, Kurt Weill, Hanns Eisler, Friedrich Hollaender und noch manch andere Künstler reflektierten eine deutsche Zeit, in der die Spiegelung von Wirklichkeit unter Strafe stand. Vor den Nazis flohen die Geschmähten – auch aufgrund jüdischer Herkunft – ins Ausland. Nun füllten Sängerin Ute Lemper, die aus Münster stammende Wahl-New-Yorkerin, und das Potsdamer Kammerorchester einen ganzen Konzertabend in der Düsseldorfer Tonhalle mit Texten und Musiken der Exilanten. Lieder, die den Schrecken des Krieges zeigen, waren dabei, aber auch Stücke für Kammerorchester wie Eislers Kleine Sinfonie op. 29, eine schlanke und freche Instrumentalmusik gegen den schwülstigen Zeitgeschmack jener Tage.
Das wurde kein leichter Chanson-Abend, sondern eine Begegnung mit der Bitterkeit, die von den meisten dieser Werke ausgeht. Wirklich witzig waren nur die Orchesterstücke, die Eisler-Sinfonie und die Kammermusik Nr. 1 des „Geräuschemachers“( Joseph Goebbels) Paul Hindemith. Umso pointierter wurden die Stücke durch die ungemein transparente und agile Spielweise des Potsdamer Kammerorchesters unter der Leitung von Antonello Manacorda.
Ute Lemper präsentierte mit ihrer ganz speziellen Vokalkunst das Lieder-Panorama der 1930er und 40er Jahre. Über eine große oder besonders schöne Stimme verfügt Lemper zwar nicht unbedingt, doch kann sie viel Atmosphärisches mit dem vorhandenen Material machen. Sie kann es verführerisch bis gespenstisch verdunkeln, aber auch hell strahlen lassen. Das Ausbleiben des letzten Forte-Kicks kompensierte die Künstlerin mit Ausdrucksstärke. Ute Lemper ist schließlich auch Schauspielerin und tat es jetzt beim Singen Marlene Dietrich gleich, die auch mit Bronze in der Kehle Gesangsabende vergolden konnte.
Lemper legte gleich düster los mit Eislers Tucholsky-Vertonung „Der Graben“, jenem beklemmenden Lied an Mutter und Kind des in den Krieg kommandierten Soldaten. Es folgten melancholische Songs, mit der auch einst die Dietrich auftrat, darunter Hollaenders „Wenn ich mir was wünschen dürfte“. Mehrmals erklang Kurt Weill, nicht mit der „Dreigroschenoper“aus den 1920ern, sondern mit späteren Titeln der Exilzeit, darunter der September-Song und das verträumte Lied über das Sehnsuchtsland „Youkali“und dem Brecht-Zyklus „Die sieben Todsünden“Außerordentlich, obwohl es nicht auf dem Programm stand, hellte Lemper die Stimmung auf mit ein paar Chansons von Jacques Brel. Das verlängerte den Abend so sehr, dass mancher Besucher in der Pause nach Hause ging.
Allerdings lohnte es sich zu bleiben, denn „Die sieben Todsünden“interpretierte Ute Lemper, bestens assistiert vom Männer-Vokalquartett Hudson Shad, mit einer mimischen Magie, die in den Bann zog. Der geschwisterlichen Dialog zwischen Anna I und Anna II, begleitet von chorischen Moralpredigten weiterer Familienmitglieder, wurde zum kleinen Musikdrama.
Begeisterter Beifall im gut besuchten Saal.