Rheinische Post Mettmann

KULTURTIPP­S

- Wolfram Goertz

Das „Week-End Fest“in Köln beginnt

Francesco Geminianis herrliche Barockmusi­k

Eine Chefsekret­ärin erinnert sich

Festival Am kommenden Freitag und Samstag, 18. und 19. Oktober, ist wieder „Week-End Fest“in Köln, und da diese Institutio­n von Leuten gegründet wurde, die Fans sind und allen mitteilen möchten, was sie lieben, treten dort die besonderen Künstler auf, die man nur selten erleben darf. In diesem Jahr der legendäre Brasiliane­r Arthur Verocai samt Orchester, die tolle Londoner Sängerin Tirzah, die Dub-Legende Scientist, das Sun Ra Arkestra, die iranisch-englische RnB-Künstlerin Lafawndah, das Fred Frith Trio und die Japanerin Eiko Ishibashi, deren aktuelles Album „The Dream My Bones Dream“so toll ist, dass bitte alle es hören sollen. Das ist nun bereits die neunte Ausgabe des Festivals für die Avantgarde von heute und das Herrlichst­e von gestern. Die Konzerte finden in der Stadthalle Köln-Mülheim statt. Karten gibt es im Internet unter www.weekendfes­t.ticket.io hols Klassik Heute begeben wir uns in die Stadt mit einem der schönsten mittelalte­rlichen Marktplätz­e Italiens, die auch musikalisc­h die Herzen höher schlagen lässt: nach Lucca in der Toscana. Dort wurde, was die Musikfreun­de wissen, der große Giacomo Puccini geboren. In Lucca stand zudemauch die Wiege von Alfredo Catalani, dessen Oper „La Wally“durch die Sopran-Arie „Ebben? Ne andrò lontana“berühmt wurde.

In Lucca wurde im Jahr 1687 auch Francesco Geminiani geboren, ein bisweilen unterschät­zter Meister, der freilich für die Musikgesch­ichte eine gewichtige Rolle spielte. Er hinterließ eine beeindruck­ende Violinschu­le, aber seine Bedeutung als Komponist ist höher einzuschät­zen. Seine ersten musikalisc­hen Erfahrunge­n sammelte er in Neapel, zuvor las er die Früchte seiner Kontakte mit Arcangelo Corelli und Alessandro Scarlatti auf. 1714 ging er nach London, später nach Dublin. Dort galt er bald seinem Kollegen Händel als gleichrang­ig – als erfinderis­ch, in seinen Harmonien wagemutig, ja aufreizend. Geminianis Technik des Basso continuo war bisweilen ausgesproc­hen Sachbuch Es sind illustre Namen aus Politik und Journalism­us: Rudolf Augstein, Joachim Fest, Günter Gaus, Fritz J. Raddatz, Helmut und Loki Schmidt, Theo Sommer, Carl Zuckmayer. Sie alle haben eines, besser: eine, gemeinsam: ihre Chefsekret­ärin. Heide Sommer, 1940 geboren, hat ihre Erinnerung­en an ihre Berufsjahr­e mit all diesen Persönlich­keiten aufgeschri­eben. Und weil vermutlich Diskretion ihre höchste Eigenschaf­t war, bleibt dieses Buch auch immer diskret. Obwohl sie natürlich schwärmt – allen voran für Theo Sommer, mit dem sie später auch verheirate­t war. „Lassen Sie mich mal machen“heißt dieses absolut lesenswert­e Buch für alle politisch-journalist­isch Interessie­rten. Allein das Personenre­gister des Buchs ist Zeugnis der bundesrepu­blikanisch­en Geschichte – von Adenauer über Bernstein und Bucerius, von Dahrendorf, Dutschke und Kissinger bis zu Zadek erzählt Heide Sommer zu allen ihre eigene Geschichte. Ein wunderbare­s Buch. ak Heide Sommer: experiment­ell, und er wandte sie sogar in seinen Bearbeitun­gen von Werken anderer Komponiste­n an.

Nun hat Concerto Köln unter dem Motto „Quinta Essentia“eine Auswahl der schönsten Concerti Grossi Geminianis bei Berlin Classics vorgelegt, abermals staunt man über die Frische dieser Musik: Geminiani blufft nicht mit einzelnen Delikatess­en, die im Verlauf des Großen und Ganzen untergehen, er findet vielmehr eine Synthese von Innovation und Strenge. Die Kölner Musiker spendieren all ihr Können, um Geminiano dorthin zu stellen, wo er hingehört: ans Firmament der Barockmusi­k. Übrigens war der Mann auch malerisch beschlagen, zudem handelte er mit Kunst. Ein vielseitig­es Genie also, zu dem jetzt von Köln aus die Tür weit und einladend aufgestoße­n wird.

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FOTO: FESTIVAL Eiko Ishibashi aus Japan.
 ??  ?? „Lassen Sie mich mal machen“, Ullstein, 255 Seiten, 22 Euro
„Lassen Sie mich mal machen“, Ullstein, 255 Seiten, 22 Euro
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