Die unbekannte Marilyn
Nicht nur ihr Tod, auch das Leben von Marilyn Monroe ist rätselhaft. Das Historische Museum Speyer zeigt berühmte und weniger bekannte Facetten der Hollywood-Legende.
SPEYER Während der Besucher durch die ersten offenen Räume spaziert, lässt ihn Marilyns aufmerksamer Blick nicht los. Von einem monumentalen Foto aus schaut sie zu, wie er Stationen ihrer Kindheit und Jugend passiert. Damals, als sie noch Norma Jeane Baker war und sich in die Welt des Films hineinträumte. Als Marilyn Monroe wurde sie weltberühmt und endete tragisch. Bis heute sind die Umstände ihres Todes in der Nacht vom 5. auf den 6. August 1962 mysteriös.
Das Leben der Leinwand-Göttin aber scheint vollkommen durchleuchtet zu sein – ihre glanzvolle Karriere, ihre unglücklichen Ehen, ihre vielen Affären.
Dennoch heißt die Ausstellung im Historischen Museum der Pfalz in Speyer „Marilyn Monroe. Die Unbekannte.“Diesem Anspruch wird sie vollkommen gerecht. Je mehr über die Leinwand-Göttin geschrieben und spekuliert wurde, umso rätselhafter blieb sie. Über 400 Exponate erlauben tiefe Einblicke in die Persönlichkeit und die Privatsphäre des Stars. Leihgeber der meisten Objekte ist Ted Stampfer, der hier als externer Kurator fungierte. Schon als Jugendlicher wünschte er sich sehnlichst, etwas von Marilyn besitzen zu wollen, „und wenn es nur eine leere Pillendose ist“. Seine Sammlung von Monroe-Memorabilien gilt mit über 1000 Einzelstücken als weltweit umfangreichste. „Sobald man sie in den Händen hält, erzählen sie eine Geschichte“, sagt er.
Das kann der Betrachter leicht nachvollziehen, der sich auf die spannende Reise durch Marilyns Kosmos begibt. Geschickt werden visuelle Brücken geschlagen: Neben Hosen, Pullis und Schuhen aus dem Besitz des Hollywood-Stars sind Fotos zu sehen, auf denen sie diese Kleidung trägt. Der rote Morgenmantel mit schwarzer Spitze findet sich wieder auf einer Aufnahme der hingegossenen Marilyn inmitten ihrer Fanpost – schon 1953 erhielt sie wöchentlich 2000 bis 3000 Briefe. Da sind der Nylonstrumpf Diorella 9M mit Naht von Christian Dior, der Satinmorgenmantel aus dem Film „Blondinen bevorzugt“, das Seidenoberteil ihres Lieblings-Designers Pucci. Die Diva kombinierte es mit einer Plastik-Perlenkette, echten Schmuck trug sie nur bei offiziellen Anlässen. Rührend sind auch die von feinen blonden Haaren durchzogenen drahtigen Lockenwickler, mit denen die Schauspielerin ihre krause Mähne bändigte.
Der Rundgang durch die chronologisch gestaltete Schau führt entlang an zahlreichen Fotos. Viele sind einem vertraut, wie Marilyns umjubelter Truppenbesuch bei 60.000 US-Soldaten in Korea, für den sie 1954 ihre Flitterwochen mit Joe DiMaggio unterbrach. Die Ehe scheiterte bald an der Eifersucht des Baseball-Stars. Bei den Dreharbeiten zum Film „Das verflixte 7. Jahr“reagiert er handgreiflich auf die legendäre Szene mit dem wehenden Kleid überm U-Bahn-Gitter. Ihre Konsequenz: „Ich habe zu viele Fantasien, um eine Hausfrau zu sein.“
Dieses Monroe-Zitat ziert mit vielen weiteren die Wände der Ausstellung. In Vitrinen finden sich Rechnungen für Marilyns Einkäufe, bis hin zu einem Eyeliner von Elizabeth Arden. Unterhaltsam sind etliche Filmschnipsel: wie der Star in „Manche mögen‘s heiß“mit der Ukulele durch den Zug stöckelt oder, auf Knopfdruck abzurufen, am 19. Mai 1962 das inbrünstige Geburtstagsständchen für John F. Kennedy haucht. Daneben Dokumente zu seiner Amtseinführung als Präsident und eine Kopie von Marilyns legendärer Glitzerrobe, so hauteng, dass sie darin eingenäht werden musste.
Was vielen tatsächlich unbekannt sein dürfte, ist die Rolle der Schauspielerin als Geschäftsfrau. Während ihrer Ehe mit dem Dramatiker Arthur Miller gründet sie eine eigene Filmproduktion und dreht mit Sir Laurence Olivier „Der Prinz und die Tänzerin“, wofür sie zwei Auszeichnungen erhält. Gegenstände aus ihrem Haus in Hollywood und ihre Fotos mit hauchdünnem Schal von Bert Stern, als „Marilyns Last Sitting“in die Geschichte eingegangen, beschließen die sehenswerte Schau.
Wegen des anhaltenden Interesses wurde „Marilyn Monroe. Die Unbekannte“bis zum 12. Januar 2020 verlängert. Damit überschneidet sie sich eine Zeitlang mit der Ausstellung „Medicus – Die Macht des Wissens“, die am 8.Dezember im Historischen Museum eröffnet wird. Darin wird die komplexe Geschichte des Mittelalters vermittelt und ein Bogen vom Altertum bis zur Gegenwart gespannt. Grundlage sind Zeugnisse der Heilkunst aus 10.000 Jahren. Die kulturhistorische Sonderschau nutzt den literarischen Zugang über den Erfolgsroman „Der Medicus“von Noah Gordon (bis 21. Juni 2020, Infos unter www.medicus-ausstellung.de).
Auf dem Kultur-Kalender von Speyer stehen in den kommenden Monaten weitere attraktive Termine. Die Konzerte der „Internationalen Musiktage 2019“im Dom enden am 1. November (www.dommusik-speyer.de). Dazu bereichern historische und kulinarische Stadtführungen das Besichtigungprogramm. Weitere Informationen unter www. speyer.de.