Am häufigsten dreht sich’s ums Geld
Die Leiterin der Beratungsstelle der Verbraucherzentrale spricht über die größten Sorgen der Düsseldorfer.
Sie hatten in den vergangenen Tagen sicher viel mit dem Thema Wurst und Produkten der nordhessischen Firma Wilke zu tun, oder?
Ulrike Brunswicker-Hoffmann Erstaunlicherweise nicht. Das hat uns auch gewundert, aber nicht jedes tagesaktuelle Thema macht sich auch bei uns bemerkbar.
Aber die Themen, um die es hier bei Ihnen geht, verändern sich schon?
Brunswicker-Hoffmann Ja, natürlich. Das liegt daran, dass bestimmte Phänomene zurückgehen – etwa diese Gewinnspielgeschichten, die uns eine Zeit lang ständig beschäftigt haben. Oder die Problematik der Kaffeefahrten, die spielen heute kaum mehr eine Rolle. Dafür kommen dann neue Sachen auf.
Was ist zurzeit das Topthema?
Brunswicker-Hoffmann Ganz oft geht es im Moment um Kreditkarten. Kunden interessieren sich für Kreditangebote im Internet, doch statt eines echten Kredits bekommen sie am Ende eine Kreditkarte, die auch noch Grundgebühren kostet, die sich diese Leute wiederum gar nicht leisten können. Und diese Kosten sind häufig im Angebot auch nicht ohne weiteres erkennbar.
Was empfehlen Sie dann?
Brunswicker-Hoffmann Sofort Widerspruch einzulegen. Meistens ist aber die Widerrufsbelehrung beim Vertragsabschluss gar nicht erfolgt, und da gibt es viele, die einfach nicht allein aus so etwas herauskommen.
Um Online-Kredite bewirbt man sich aber auch nicht unbedingt, wenn man solvent und mit der Hausbank einig ist. Belegt die große Zahl solcher Geschäfte, dass mit der finanziellen Not auch in Düsseldorf die Bereitschaft wächst, sich auf, ich sag’ mal: windige Angebote einzulassen?
Brunswicker-Hoffmann Auf jeden Fall. Es geht immer öfter um Geld. Das sehen wir auch an den Zahlen unserer Schuldenberatung.
Das würde man in einer Stadt wie Düsseldorf nicht erwarten.
Brunswicker-Hoffmann Gerade in Düsseldorf. Hier sind es vor allem die steigenden Mieten, die finanzielle Nöte verursachen.
Und die Mieten sind auch wieder Thema bei Ihnen in der Beratungsstelle?
Brunswicker-Hoffmann Nicht so sehr wie die Energiekosten. Oft fallen Verbraucher aus allen Wolken, wenn sie eine hohe Nachzahlung leisten müssen.
Gegen die Sie aber ja auch nicht wirklich etwas tun können.
Brunswicker-Hoffmann Wir bieten an, in den Haushalten die Geräte zu suchen, die extremen Stromverbrauch haben, prüfen mit den Verbauchern Einsparmöglichkeiten, um für die Zukunft weniger Nachzahlungen zu haben. Aber an den bereits entstandenen Kosten lässt sich tatsächlich meist nicht rütteln.
Sind Mieter da nicht auch manchmal etwas blauäugig?
Brunswicker-Hoffmann Es stimmt schon, manche wissen nicht einmal, wo im Haus der Stromzähler ist. Würde man da einmal im Vierteljahr draufschauen, ließe sich ein erhöhter Verbrauch früh fest- und dann vielleicht auch abstellen.
Und wenn er sich nicht abstellen lässt, weil ich eben dieses odes jenes Gerät unbedingt brauche oder gerade nicht ersetzen kann?
Brunswicker-Hoffmann Dann kann man zumindest die Abschlagszahlung schon einmal hochsetzen. Denn wenn die Nachzahlung erst da ist, dann kostet das nicht nur eine größere Summe auf einmal, sondern es wird gleichzeitig auch noch der höhere Abschlag fällig. Da ist eine etwas höhere monatliche Belastung doch leichter zu stemmen.
Apropos Geräte: Spielen Handys eigentlich noch eine Rolle in der Beratungsstelle?
Brunswicker-Hoffmann Unbedingt. Zurzeit sind es oft Verträge, die in Shops abgeschlossen werden, aber andere Inhalte haben, als es der Verkäufer erklärt hat.
Wo ist das Problem? Da kann ich doch widersprechen, oder?
Brunswicker-Hoffmann Eben nicht. Ein Widerrufsrecht gibt es nur für Haustürgeschäfte, also eben an der Tür, im Netz oder über Fernsehen geschlossene Verträge. Wenn Sie im Laden unterschreiben, sind Sie an den Vertrag gebunden. Und viele kontrollieren da eben nicht, ob das, was der nette Verkäufer erzählt und handschriftlich aufgezeichnet hat, dann auch drin steht.
Das klingt aber schon nach Betrug.
Brunswicker-Hoffmann Sie unterschreiben’s ja. Wir als Verbraucherzentrale setzen uns deshalb übrigens sehr dafür ein, auch für solche Verträge ein Widerrufsrecht einzuführen. Dann hätte man nämlich die Gelegenheit, sich so einen Vertrag zuhause noch mal in Ruhe durchzulesen.
Welche Rolle spielen denn die Verträge, die man übers Handy abschließen kann, Klingeltöne und Spiele haben da ja viele Jugendliche in die Schuldenfalle getrieben.
Brunswicker-Hoffmann Das ist aktuell nicht mehr so ein großes Thema, da ist ja auch einiges nachgebessert worden. Was wir immer wieder hören, sind Probleme mit Streamingdiensten, die mit kostenlosen Textangeboten locken, aus denen man sich dann aber technisch nicht mehr abmelden kann. Da werden dann oft hunderte Euro für Jahresabos fällig.
Das ist aber dann wirklich Betrug.
Brunswicker-Hoffmann In dem Bereich ermitteln zumindest die Strafverfolgungsbehörden.
Wird es eigentlich oft emotional in der Beratungsstelle?
Brunswicker-Hoffmann Ja, schon. Wenn es um viel Geld geht, haben viele Menschen Angst vor einem Schufa-Eintrag. Der muss aber nicht zwingend kommen, denn nicht alles darf bei der Schufa eingetragen werden. Und wir hatten auch schon mal einen Fall, da hatte jemand eine Wohnung gemietet, 2700 Euro Kaution bezahlt, und als er einziehen wollte, erfuhr er, dass die Wohnung ein AirBNB-Angebot und mitnichten zu vermieten war. Das war auch ziemlich emotional.
Aber mal ehrlich: Wer zahlt denn eine Kaution, bevor er den Wohnungsschlüssel hat?
Brunswicker-Hoffmann Wenn die Not groß und der Druck hoch ist, dann denkt man eben nicht immer gründlich nach. Und bei manchen kommen noch Sprachprobleme hinzu.
Das heißt, Sie haben viele Migranten unter den Ratsuchenden?
Brunswicker-Hoffmann Ja, schon. Aber das ist nicht allein ursächlich. Nehmen Sie nur die Schlüsseldienste. Die sind auch immer wieder Thema, unabhängig davon, ob es Deutsche oder Menschen mit Migrationshintergrund sind. Da ist wieder die Notsituation, die von unseriösen Anbietern ausgenutzt wird.
Was raten Sie da?
Brunswicker-Hoffmann Grundsätzlich ein seriöses, ortsansässiges Unternehmen zu beauftragen, einen Schlüssel bei Nachbarn zu hinterlegen. Und wenn es wirklich mal zu spät ist, um da zu klingeln, ist es preiswerter, ins Hotel zu gehen, als einen unseriösen Schlüsseldienst zu beauftragen.
Sie haben es schon oft mit unseriösen bis illegalen Geschäftsmodellen zu tun.
Brunswicker-Hoffmann Natürlich gibt es viele Abzocker, die sich technische Möglichkeiten oder Modetrends zu Nutze machen. Aber nicht immer sind es böse Unternehmer. Es gibt auch viele Verbraucher, die schlecht informiert sind oder sich einfach zu wenig Gedanken darüber machen, ob und wie sie Verträge abschließen.