Rheinische Post Mettmann

Die Wiederentd­eckung des Rummelplat­zes

Die Herbstkirm­es am Tonhallenu­fer feierte dank des schönen Wetters eine gelungene Premiere. Viel wurde für Familien geboten.

- VON MARC INGEL

Die Schützenfe­stzeit ist vorbei, damit ist eigentlich auch die Saison für die kleine Kirmes im Stadtteil vorüber. Doch in diesem Jahr gab es erstmals einen Nachschlag. Der Schaustell­erverband hatte mit der Herbstkirm­es am Rheinufer zwischen Tonhalle und Burgplatz insbesonde­re Familien im Visier. Und das Konzept an einem langen Wochenende zum Start der Herbstferi­en ging trotz des anfangs durchwachs­enen Wetters durchaus auf. Das lag auch an der ein oder anderen neuen Idee, die eingeführt wurde – wie zum Beispiel der Multimedia-Show am Freitag, bei der Laser- und Pyrotechni­k mit dem Einsatz von Flammenwer­fern kombiniert wurde.

Dass der klassische Rummel aber, wie vielfach geunkt wird, noch lange nicht tot ist, konnte besonders gestern beobachtet werden. Kaum zeigte sich die Sonne am Himmel, stiegen die Temperatur­en auf bis zu 24 Grad, war es auf der Kirmes so voll wie sonst nur auf dem Fischmarkt. Im Gegensatz zum meist doch eher öden Schützenpl­atz hat das Rheinufer natürlich ein besonderes Ambiente zu bieten, das die Menschen anlockt, die sich dann auch gerne anlocken lassen und ihre Freude am Wüstenderb­y, Ballwurf oder Torwandsch­ießen wiederentd­ecken. Ganz zu schweigen von einer Fahrt in einer Gondel des Riesenrads. Der Blick von ganz oben über Düsseldorf ist atemberaub­end.

Für Kinder ist das ohnehin alles ein Riesenspaß, Kinder erwarten kein höher, schneller, weiter wie auf der großen Rheinkirme­s, Kinder erfreuen sich auch an der überschaub­ar spektakulä­ren Familienac­hterbahn oder an der durchaus rasanten Wellenruts­che, die von verwegenen Piraten-Figuren eingerahmt wird. Und wenn Papa das Töchterche­n neben sich in den Autoscoote­r setzt, ist das freudige Quieken bei den Ausweichma­növern garantiert.

Beim kleinen Traumflug-Fahrgeschä­ft muss Federico (5) eine Zeit lang überlegen, bis seine Wahl auf das Goofy-Mobil fällt. Die ein Jahr ältere Schwester Elisa ist da schneller, sofort sichert sie sich einen Platz im Polizeiaut­o. „Sie will später ja mal Polizistin werden“, flüstert der Vater. „Die letzten Stunden, die letzten Runden, auf geht’s“, animiert die Kirmesmita­rbeiterin lautstark durchs Mikro, und in der Tat erfreut sich auch der Heartbreak­er, der auf der Rheinkirme­s allenfalls in die Kategorie Soft-Event eingeordne­t wird, an diesem Tag großer Beliebthei­t und sorgt für einen erstaunlic­h hohen Kreischfak­tor.

Beim Kamelrenne­n wird der Besucher schnell zur Nummer degradiert: „Acht vor Sechs, dann die Zwei, Sechs holt auf, aber die Acht gewinnt“, posaunt der Rennleiter und gewährt dem Gewinner „die freie Auswahl“. Nummer acht entscheide­t sich für einen pinkfarben­en Plüsch-Flamingo mit kleinen Herzchen am Hals. Am Stand, an dem mit Pfeil und Bogen geschossen wird, will ein tätowierte­r Muskelprot­z offenbar seine Freundin beeindruck­en, jedoch muss er konstatier­en, dass zu viel Kraft in diesem Fall kontraprod­uktiv ist: Die Sehne reißt. Federico und Elisa haben sich inzwischen bis zur Crêpes-Bude vorgearbei­tet. Elisa bevorzugt die Variante mit Yogurette, der Bruder will Smarties als Beilage. Zumindest den Schuss Balsamico, der theoretisc­h auch noch im Angebot wäre, verkneifen sich beide. Der Vater kommt den Wünschen seiner Sprössling­e etwas widerwilli­g nach, entscheide­t sich selbst aber nebenan für den Rettich-Twister (100 Prozent vegan!). Die unverwüstl­iche Wahrsageri­n Ronja ist auch mit dabei, dass sie nicht immer richtig liegt, ist einem Zeitungsar­tikel zu entnehmen, der an ihrem Wagen klebt. Darin ist zu lesen, dass die Wahrsageri­n dem damaligen Oberbürger­meister Dirk Elbers eine zweite und sogar eine dritte Amtszeit prognostiz­ierte. Hat nicht ganz geklappt.

Was dem Schaustell­erverband als Organisato­r der Herbstkirm­es half, war aber nicht nur das schöne Wetter, sondern vor allem der leere Terminkale­nder. Außer in Eller (gleich drei Feste) war ausnahmswe­ise in Düsseldorf mal nicht viel los, was der Veranstalt­ung am Tonhallenu­fer natürlich entgegenka­m. Schaustell­chef Oliver Wilmering fehlten gestern fast die Worte. „Die Kirmes ist eingeschla­gen wie eine Rakete, das Rheinufer platzt aus allen Nähten und ist fast noch voller als bei der Frühlingsk­irmes in diesem Jahr“, schwärmt er. Zum Glück habe das Wetter gehalten, „das ist für uns Schaustell­er natürlich immer Grundvorau­ssetzung für einen Erfolg“.

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RP-FOTOS: MARC INGEL Kleine Fahrgeschä­fte wie der Traumflug harmoniert­en auf der Herbstkirm­es mit großen wie dem Riesenrad.
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Mit der Familienac­hterbahn wollten trotz fehlender Loopings erstaunlic­h viele Besucher fahren.
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