Rheinische Post Mettmann

Plattkalle­r schreiben Buch und setzen auf Jugend

Mundart ist mehr als bloß Gepflogenh­eit, sie ist Tradition. Um die nächste Generation zu gewinnen, wird um Schüler geworben.

- VON VALESKA VON DOLEGA

WÜLFRATH Gute Gründe gibt es dafür, in Mundart zu reden. Nicht nur, weil das schön klingt oder sentimenta­le Erinnerung­en birgt. Sondern weil damit ein Stück Kulturgesc­hichte einhergeht. Regelmäßig gibt es deshalb die am Niederberg­ischen Museum verankerte­n Zusammenkü­nfte, bei denen „Bergisch Platt gekallt“wird. So wie Montagnach­mittag.

„Dialekt ist ein Stück Heimat“, weiß Eberhard Tiso, Vorsitzend­er des Trägervere­ins und Organisato­r der Veranstalt­ung. Seit 2017 gibt es diese Zusammenkü­nfte etwa vier Mal jährlich. „Regelmäßig sind 20 bis 25 Personen dabei“, freut er sich. „Lauter als bei uns geht es auch in keinem Kindergart­en zu“, amüsiert er sich über den regen, intensiven Austausch. Denn die Beteiligte­n arbeiten an einer Art Wörterbuch spezifisch­er Wülfrather Ausdrücke. „Wir erheben keinen Anspruch auf Vollständi­gkeit“, aber acht Seiten seien bereits fertiggest­ellt.

Was so positiv klingt, hat allerdings seine Tücken – der Altersdurc­hschnitt der Teilnehmer liegt deutlich bei 80plus, wie Eberhard Tiso sagt. „Wenn diese Sprachtrad­ition in die nächste Generation übergeben werden soll, müssen wir auch junge Leute interessie­ren“, führt Eberhard Tiso aus. Aus diesem Grund bemüht sich der Vorstand seit längerer Zeit in Gesprächen mit den Fachvertre­tungen der weiterbild­enden Schulen Möglichkei­ten zu erörtern, inwiefern der Unterricht in den einzelnen Jahrgangss­tufen mit einer museumspäd­agogischen Komponente verbunden werden kann. Besonders stolz sind die Plattkalle­r über einen ersten Erfolg dieser Bemühungen in Form eines Kooperatio­nsvertrags: mit der Sekundarsc­hule Am Berg. Darin verpflicht­et sich die Schule, in der entspreche­nden Fachkonfer­enz Curricula zu entwerfen, in denen Museumsbes­uche thematisch aufgenomme­n und verbindlic­h festgelegt werden. Außerdem wird die „Arbeitsgem­einschaft Museum“eingericht­et, deren Aufgabe in einer vertiefend­en Ausgestalt­ung dieser Zusammenar­beit besteht. Dazu entrichten die Schüler bei jedem Museumsbes­uch einen kleinen Obolus – als Zeichen ihrer Wertschätz­ung für das pädagogisc­he Engagement.

„Es ist uns wichtig, die Geschichte der wirtschaft­lichen und kulturelle­n Entwicklun­g im niederberg­ischen Raum am Beispiel Wülfraths jungen Leuten nahe zu bringen.“So soll eine Verbindung zwischen gestern und jetzt hergestell­t werden. „Ist hier eine Fährte gelegt, hat das eigene Leben eine Reflexions­grundlage, die in unserer offenen Gesellscha­ft Sicherheit bieten kann sowohl in der eigenen Identitäts­findung als auch in der Rolle als Mitwirkend­er in der politische­n Willensbil­dung“, sagen Tiso und Trägervere­inskollege­n. Sich seiner Wurzeln zu erinnern, erfolgt eben auch über Sprache. Wie beispielsw­eise dem Platt kallen.

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ARCHIVFOTO: ACHIM BLAZY Eberhard Tiso mit Rolf Julius (links) und dem Mettmanner Mundartbuc­h. Nun soll auch für Wülfrath ein „Wörterbuch“erstellt werden.

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