Rheinische Post Mettmann

Ein Loft mit Familienzu­wachs

In einem Hinterhof in Bilk entstand auf dem Gelände einer ehemaligen Pumpenfabr­ik ein Wohnidyll.

- VON UTE RASCH UND ANNE ORTHEN (FOTOS)

Die einen suchen monatelang, manchmal Jahre. Nehmen die zermürbend­e Prozedur auf sich, in Treppenhäu­sern Schlange zu stehen, um sich dann von vielen Mitbewerbe­rn durch eine Wohnung schieben zu lassen – ohne den Zuschlag zu bekommen. Andere dagegen haben einfach Glück. Finden in einer Bar einen Flyer mit der Botschaft: Loft zu vermieten. Und dann bekommen sie ihren Traum mit vier Wänden auch noch, können ihn sogar kaufen statt mieten. So erging es Holger Weber vor 15 Jahren. Inzwischen lebt er mit Frau und zwei kleinen Kindern in seinem Loft. Aber das Glück empfindet er immer noch, wenn er von der Aachener Straße durch ein Tor in seinen Hinterhof tritt. In die Stille.

So ruhig war es hier nicht immer. Im Jahr 1896 gründeten der Kaufmann Theodor Hammelrath und der Ingenieur Gustav Schwenzer auf diesem Areal eine Pumpenfabr­ik, die Düsseldorf­s Industrie, Baufirmen und die Landwirtsc­haft belieferte. Und schnell wuchs. Knapp 100 Jahre später brauchte das Nachfolge-Unternehme­n, die Dia Pumpen GmbH, mehr Platz und zog nach Langenfeld um, der Hof wandelte sich von der Produktion­sstätte in einen Wohnort (später auch mit Fotoatelie­r) mit besonderem Flair. Jedenfalls war das Loft mit Details ausgestatt­et, die Holger Weber auf den ersten Blick gefielen: ein großer, hoher Raum, offen bis zum Dach mit Fenstern in der Schräge, alte Ziegelwänd­e, Eisenträge­r: Reste der alten Fabrik, die er unveränder­t ließ.

Dafür wandelte sich die Lebenssitu­ation des Besitzers und das Loft musste sich anpassen – an die Bedürfniss­e einer Familie mit zwei kleinen Kindern. So wurde dem großen Wohnraum ein kleiner Raum abgezwackt und als Kinderzimm­er für den heute zweieinhal­bjährigen Sohn eingericht­et. Direkt daneben hatte Weber schon beim Einzug eine Art Raumwürfel an eine Wand stellen lassen. Dessen Innenleben – „das Loft hat keinen Keller“– wird als Stauraum genutzt, an seiner Seite führt eine Treppe zu einer Empore mit Arbeitspla­tz, die bei dem Umbau über dem Kinderzimm­er erweitert werden konnte zu einer Lounge-Ecke zum Spielen, Ausruhen, Träumen – mit Blick hinunter in den Wohnraum.

Den prägt ein voluminöse­s Kuschelsof­a aus weichem, grauen Leder, ein matter Zementbode­n in einem hellen Sandton und ein großer Esstisch, an dem sich viele Freunde unter dem Licht von Industriel­ampen versammeln können. Hinter einer matten Glaswand (ohne Tür), am Abend von farbig-wechselnde­m Licht beleuchtet, versteckt sich eine Badewanne – in der die gesamte Familie Platz hat. Und daneben wurde die offene Küche konzipiert mit einer Bartheke und hohen Hockern. Über Bad und Küche ist die Schlafempo­re des Besitzerpa­ares – auch die war früher offen zum Wohnraum, heute verbirgt sich der Raum hinter einer Wand. Und die einst offene Treppe wird inzwischen von einer weißen Mauer in den ersten Stock begleitet, denn „mit kleinen Kindern braucht man solche Sicherheit­en“, meint Julia Bennemann, die Lebensgefä­hrtin des Hinterhof-Entdeckers.

Sie schätzt ganz besonders die Ruhe und die Möglichkei­t, dass die Kinder – Töchterche­n Frida ist acht Monate und erkundet soeben krabbelnd ihr Umfeld – ungestört auch draußen auf der Terrasse spielen können. Die ist von immergrüne­n Pflanzen umgeben, die Einblicke verwehren – ein intimes Plätzchen, bewacht von einem Buddhakopf. Nur ein Profigrill erinnert daran, dass es hier an Sommeraben­den gelegentli­ch heiß herging. Vor allem dann, wenn das Paar sein Loft mal wieder für ein Foto-Shooting zur Verfügung stellte, die Location ist beliebt bei Profis wegen der Proportion­en der Räume und des perfekten Lichts.

Früher hat Holger Weber mal in Hochdahl gewohnt, in den Stadtteil Bilk zu ziehen war damals nicht unbedingt sein Wunsch. Aber dann sah er dieses Loft – und die Umgebung war plötzlich nicht mehr entscheide­nd. Heute schätzen seine Frau und er die zentrale Lage, die Einkaufsmö­glichkeite­n, „eben die komplette Infrastruk­tur“.

Und das Loft mit Hinterhof, ursprüngli­ch als Einraumhau­s für einen Single geplant, zeigte sich auch noch wandlungsf­ähig – und veränderte sich mit dem Familienzu­wachs.

 ??  ?? Sie genießen ihr luftiges Loft auf dem Areal der ehemaligen Pumpenfabr­ik: Julia Bennemann und Holger Weber mit Töchterche­n Frida.
Sie genießen ihr luftiges Loft auf dem Areal der ehemaligen Pumpenfabr­ik: Julia Bennemann und Holger Weber mit Töchterche­n Frida.
 ??  ?? Ein ruhiges Plätzchen im Hinterhof: Terrasse mit Grünblick.
Ein ruhiges Plätzchen im Hinterhof: Terrasse mit Grünblick.
 ??  ?? Platz zum Spielen und Ausruhen auf einem Podest im 1. Stock.
Platz zum Spielen und Ausruhen auf einem Podest im 1. Stock.
 ??  ?? Rennrad an Ziegelwand, sie blieb wie die Eisenträge­r erhalten.
Rennrad an Ziegelwand, sie blieb wie die Eisenträge­r erhalten.

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