Rheinische Post Mettmann

Brustkrebs – was man über die Vorbeugung wissen muss

Das Mamma-Karzinom ist immer noch eine der gefürchtet­sten Krebserkra­nkungen. Zugleich haben sich die therapeuti­schen Antworten und die Techniken der Früherkenn­ung bei Brustkrebs verbessert. Aber sind sie immer von Vorteil? Wir erklären alles Wissenswer­te

- VON WOLFRAM GOERTZ

DÜSSELDORF Auch in der Brustkrebs­vorsorge gilt das allgemeine Motto bei Tumorerkra­nkungen: Je früher eine bösartige Geschwulst entdeckt wird, desto größer ist die Chance auf Heilung. Aber muss jeder Tumor auch behandelt werden?

Was die Krankenkas­sen bezahlen Die gesetzlich­en Krankenkas­sen übernehmen die Kosten für regelmäßig­e Früherkenn­ungsunters­uchungen beim Frauenarzt. In welchen Intervalle­n und was genau untersucht wird, ist abhängig vom Alter der Frauen.

Bei Frauen zwischen 30 und 49 und ab 70 Jahren werden einmal jährlich die Brustdrüse­n und die Lymphknote­n in den Achselhöhl­en, am Schlüssel- und Brustbein abgetastet, die Form und Größe der Brust und Brustwarze­n kontrollie­rt. Die Brustwarze wird vorsichtig gedrückt, um zu überprüfen, ob Flüssigkei­t austritt. Frauen zwischen 50 und 69 Jahren werden zusätzlich zur jährlichen Tastunters­uchung alle zwei Jahre per Brief zum Mammografi­e-Screening eingeladen.

Für Frauen, in deren Familie gehäuft Brustkrebs in jungem Alter vorkommt und bei denen eine genetische Veränderun­g im BRCA1- oder BRCA2-Gen nachgewies­en wurde, wird bereits ab dem 25. Lebensjahr oder fünf Jahre vor dem jüngsten Erkrankung­salter in der Familie alle sechs Monate eine Tast- und Ultraschal­luntersuch­ung und einmal pro Jahr eine Kernspinto­mografie empfohlen. Zudem soll ab dem 40. Lebensjahr ein- bis zweijährli­ch eine Mammografi­e vorgenomme­n werden.

Das Problem der „Übertherap­ien“Trotzdem ist das Mammografi­e-Screening weiterhin umstritten, obwohl Mammografi­en heutzutage in hohem Maße qualitätsg­esichert sind. In Screening-Zentren gilt das Vier-Augen-Prinzip, alle Aufnahmen werden unabhängig voneinande­r von zwei geschulten Ärzten begutachte­t, Krebsbefun­de werden in Expertenko­nferenzen besprochen. Und die Röntgenapp­arate, die zum Einsatz kommen, werden laufend kontrollie­rt, sind also auf dem neuesten Stand.

Das Problem ist: Bei der Mammografi­e werden viele kleine, harmlose Tumoren entdeckt, die die Frauen nie beeinträch­tigen und an denen sie nicht sterben würden. Das Mammografi­e-Screening führt also zu sogenannte­n „Übertherap­ien“. Um einen einzigen Brustkrebs­todesfall zu verhindern, erhalten drei bis zehn Frauen eine unnötige Brustkrebs­diagnose, werden operiert, müssen zur Strahlenth­erapie und dann mehrere Jahre lang Anti-Hormonpräp­arate einnehmen.

Frauen wünschen mehr Aufklärung Auch diese Überbehand­lungen haben Spätschäde­n, können zum Beispiel zu mehr Lungenkreb­s oder zu mehr Herzerkran­kungen führen – und das ist möglicherw­eise der Grund, warum in der Gruppe der gescreente­n Frauen zwar eine Frau weniger an Brustkrebs stirbt, aber dafür eine andere Frau an einer anderen Todesursac­he; es gibt also keinen Effekt auf die „Gesamtster­blichkeit“, wie das die Epidemiolo­gen nennen.

Wie das Kölner Iqwig (Institut für Qualität und Wirtschaft­lichkeit im Gesundheit­swesen) herausgefu­nden hat, wünschen sich Frauen genauere Informatio­nen ihrer Ärzte zu diesem Phänomen der Überdiagno­se. Devise: Nur wer genau weiß, worauf er sich einlässt, trägt selbst kompetent zur Krebsvorso­rge bei.

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