„Man ist Zuhörer, Ratgeber und Erzieher“
Vom Spieler zum Trainer des FC Monheim – Ruess hat eine Erfolgsstory begründet, die den Klub in die Oberliga-Spitze geführt hat.
MONHEIM Der Begriff Erfolgsstory ist beinahe schon zu kurz gegriffen, um die Entwicklung zu beschreiben, die der FC Monheim (FCM) in den vergangenen Jahren genommen hat. In der Saison 2015/2016 noch in der Bezirksliga beheimatet, schafften die Fußballer nach dem Sprung in die Landesliga sogar den Durchmarsch in die Oberliga. Nach dem souveränen Klassenerhalt in der Premieren-Spielzeit gelang dem FCM mit Platz vier und dem Einzug ins Niederrheinpokal-Halbfinale zuletzt eine Saison, die kaum zu toppen schien. Doch genau dies zu tun, schickt sich der Oberligist derzeit an: Nach zwölf Spieltagen ist Monheim Zweiter und aktuell der einzige echte Verfolger von Spitzenreiter SV Straelen.
Der Startschuss für die rasante Entwicklung fiel im Winter 2015, als der bisherige Kapitän Dennis Ruess die Trainerposition des damaligen Coaches Daniel Cartus übernahm. Und obwohl der inzwischen 39-Jährige bis dato noch nie eine Mannschaft trainiert hatte, wurde er schnell zum Vater des Erfolgs.
Herr Ruess, zu Beginn des Jahres 2015 sind Sie bei Ihrem Heimatverein FC Monheim nahtlos von der Rolle des Spielers ins Amt des Trainers gewechselt. Beschreiben Sie doch bitte noch einmal, wie es dazu kam.
RUESS Kurz vor der Winterpause haben sich der Verein und der damalige Trainer getrennt. Es herrschte ein wenig Unruhe innerhalb des Teams, so dass der Vorstand der Meinung gewesen ist, dass Manuel Windges, Bastian Jensterle und ich die passenden Personen waren, das Gefüge wieder in die richtige Richtung zu lenken. Seit diesem Zeitpunkt tragen wir die Verantwortung.
Sie hatten vorher noch nie eine Mannschaft trainiert. Wie wichtig war in dieser Zeit Ihr Co-Trainer Bastian Jensterle, der damals schon Trainererfahrung mitbrachte und bis heute an Ihrer Seite ist?
RUESS Bastian stammte nicht wie Manu und ich aus der damaligen
Mannschaft, somit war er für die Truppe ein „Fremder“und brachte dadurch automatisch den nötigen Abstand und eine natürliche Autorität mit. Für mich persönlich war er jedoch ein Vertrauter, da wir neben der sportlichen Tätigkeit auch beruflich eng verbunden sind. Das war damals die richtige Entscheidung und ist sie bis heute. Wir sind vom Grundsatz her grundverschiedene Charaktere, was vermutlich auch der Grund dafür ist, dass wir uns optimal ergänzen.
Kurz zuvor noch Mitspieler waren
Sie auf einmal der Verantwortliche an der Seitenlinie. Wie haben Sie diesen Rollentausch bewerkstelligt? Wie viel hat sich im Umgang mit den ehemaligen Mitspielern verändert?
RUESS Mit Sicherheit ist die Situation eine andere, wenn man als Trainer
irgendwo neu in einen Verein kommt und dadurch automatisch einen entsprechenden Abstand hat. In unserem Fall musste man ein gesundes Mittelmaß finden. Ich denke, das ist uns dadurch gelungen, dass wir uns nicht mehr oder weniger wichtiger genommen haben als wir das als Kapitäne der damaligen Mannschaft bereits getan haben.
Heute stehen in Philipp Hombach und Bahadir Incilli nur noch zwei Spieler in Ihrem Kader, mit denen Sie aktiv zusammengespielt haben. Hat sich über die Zeit etwas an Ihrer Mannschaftsführung geändert?
RUESS Ich denke, im Laufe der Zeit passt man vermutlich gewollt oder ungewollt das eine oder andere an. Wie als Spieler entwickelt man sich ja auch als Trainer weiter. Mir ist es aber wichtig, authentisch zu bleiben und nicht auf einmal jemanden darstellen zu wollen, der man ursprünglich gar nicht ist.
Hat sich über die Zeit bei Ihnen so etwas wie eine eigene Handschrift entwickelt?
RUESS Vielleicht muss man das eher meine Mannschaft fragen. Ich denke schon, dass ich eine enge Anbindung anbiete. Die Spieler können mit mir lachen, und ich kann auch über mich selbst lachen. Jedoch reicht dieser Spaßfaktor nur bis zu einem bestimmten Punkt. Die Jungs wissen ziemlich genau, was ich im Gegenzug erwarte und, dass ich, sobald es an die Arbeit geht, eine hohe Aufmerksamkeit und Konzentration erkennen will. Diese kann ich dann im Bedarfsfall auch bestimmt einfordern.
Was zeichnet Ihrer Meinung nach einen guten Trainer aus? Ist der sportliche Erfolg alles oder gibt es darüber hinaus wichtige Aspekte?
RUESS Ich denke, hier sollte man durchaus differenzieren. Gerade im kleinsten Jugendbereich sollte nicht das nackte Ergebnis an erster Stelle stehen. Klar, man will am liebsten immer gewinnen, aber hier geht es primär darum die Kinder, auszubilden, ihnen den Spaß am Sport und das Funktionieren einer Gemeinschaft
zu vermitteln. Im gehobenen Amateursegment kommen wir dann schon in den ergebnisorientierten Sport, da wird man natürlich an Ergebnissen gemessen. Dennoch gilt für mich, auch für die Jungs außerhalb des Platzes als Ansprechpartner bereit zu stehen. Mal ist man Zuhörer, mal Ratgeber, mal Erzieher, aber das Wichtigste: Man sollte bei allem, was man tut, egal ob auf sportlicher oder menschlicher Ebene, authentisch sein. Es bringt nichts, wenn ich mich künstlich für etwas interessiere, womit ich eigentlich nichts zu tun haben möchte. Entweder meine ich es ernst oder ich lasse es sein.