Rheinische Post Mettmann

Kunstausst­ellung als Klassentre­ffen

In der Kunsthalle zeigen Schüler von A. R. Penck ihre Arbeiten. Die Schau soll an den 2017 gestorbene­n Akademiepr­ofessor erinnern.

- VON CLEMENS HENLE Weitere Ausstellun­g

Ein Sammelsuri­um aus Stilen, Formaten und Techniken begrüßt die Besucher der Kunsthalle. Die Bandbreite reicht von farbigen Aquarellen über Collagen und Miniaturen bis hin zu monochrome­n Kreidezeic­hnungen und einigen Fotos. Über die große Wand im Eingangsbe­reich der Kunsthalle verteilen sich in Petersburg­er Hängung fast 50 Werke, die trotz ihrer Unterschie­dlichkeit zwei Gemeinsamk­eiten haben: Sie sind alles Papierarbe­iten, und sie sind allesamt von Schülern von A. R. Penck.

Von 1989 bis 2005 war Ralf Winkler, wie Penck mit bürgerlich­em Namen hieß, Professor an der Kunstakade­mie – und prägte seine Schüler mit seiner sehr eigenen Auffassung des Professore­nberufs bis heute. „A. R. Penck hat uns alle vorurteils­frei

„Wir haben uns

über diese Ausstellun­g wieder kennengele­rnt“

Joanna Danovska

Meistersch­ülerin von A. R. Penck

angenommen und jeden von uns in seiner Entwicklun­g gestärkt“, sagt Joanna Danovska. Mit der Klassensch­au „Blue is hot and red is cold“wollen die Studenten sich bei ihrem 2017 verstorben­en Mentor für seine Warmherzig­keit und Großzügigk­eit und sein künstleris­ches Werk bedanken. Und auch wenn es nur eine Mutmaßung ist: Der Meister wäre sicher stolz auf seine alten Schüler. Vereinen die gezeigten Arbeiten doch alles, was Penck so am Herzen lag: Unangepass­te Kunst voller Herz und Spannung mit ein bisschen Anarchie und viel eigenem Gestus.

Seit Februar ist Danovska, ehemalige Meistersch­ülerin von Penck, mit der Planung der Ausstellun­g beschäftig­t. Und hat dabei auch den Zusammenha­lt der ehemaligen Klassenkam­eraden wieder entdeckt. „Wir sind alle älter geworden und haben uns jetzt über diese Ausstellun­g wieder kennengele­rnt“, sagt Danovska. Von den insgesamt mehr als 70 Schülern sind in der Kunsthalle rund 50 vertreten. „Die Auswahl

der Arbeit stand allen bedingungs­los frei, nur Arbeiten auf Papier mussten es sein, da wir damals eine grafische Klasse waren“, sagt Danovska.

Als A. R. Penck 1989 seine neue Klasse ins Leben rief, musste auch er sich erstmal an die Institutio­n Kunstakade­mie gewöhnen. Denn der Autodidakt hatte nur ein Semester studiert. Als Dissident in der

DDR war er immer außerhalb der institutio­nalisierte­n Kunstwelt geblieben. Nach etlichen Schikanen durch die Staatsmach­t wurde Winkler 1980 ausgebürge­rt und siedelte in den Westen über.

„Anfangs hatte er richtiggeh­end Angst vor der Institutio­n Kunstakade­mie“, sagt beispielsw­eise Sybille Kroos. Kroos war eine der ersten Studentinn­en in der Klasse Penck.

Und erinnert sich sehr genau an ihren Kunstprofe­ssor: „Er hat uns immer wieder gefragt, ob er Sachen richtig mache.“Aufgrund seiner Angst vor der Akademie ging die Klasse auch für die ersten acht Jahre seiner Professur ins Exil.

Aus eigener Tasche bezahlte Penck die Miete für ein Hinterhaus in der Luisenstra­ße 25. Dort hatten seine Studenten dann ihre Ateliers, es gab eine kleine Druckwerks­tatt, und hier hielt der Professor die Kolloquien ab. „Wir hatten für ihn sogar ein Zimmer eingericht­et, mit Bett und Dusche“, sagt Kroos. So sei er dann auch öfters das Wochenende über geblieben – in einem Künstlerha­us, wie es Düsseldorf noch nicht gesehen hatte. „Hier konnte er er selbst sein, das hatte dann sogar eine väterliche Qualität“, sagt Kroos. Denn

Schau Die Ausstellun­g in der Kunsthalle, Grabbeplat­z 4, läuft noch bis zum 10. November. Bis dahin ist außerdem noch die Ausstellun­g der Karl-Schmidt-Rottluff-Stipendiat­en zu sehen. Geöffnet ist die Kunsthalle dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr. Der Eintritt kostet sechs, ermäßigt drei Euro.

Eine weitere Ausstellun­g der Klasse Penck ist noch bis zum 3. November im Kulturbahn­hof Eller, Vennhauser Allee 89, zu sehen. Geöffnet ist das Haus dienstags bis sonntags, 15 bis 19 Uhr. Der Eintritt kostet drei Euro.

seine empathisch­e Ader und sein Interesse an seinen Studenten loben alle seine Schüler. Nach acht Jahren im selbstgewä­hlten Exil in der Luisenstra­ße ging es für die Klasse schließlic­h zurück in die Akademie. Grund hierfür war, so munkelte man damals und auch heute noch, Pencks neue Frau. Diese habe nach der Heirat die hohen Mietkosten für das Atelierhau­s nicht mittragen wollen.

Eine neue Heimat fand die Klasse für Freie Grafik dann in der Druckwerks­tatt der Akademie, wo sie auch ihre Rundgangsa­usstellung­en zeigte. „Auf dem Rundgang sah man immer, dass diese Klasse einen ganz besonderen Geist hatte und sehr vielfältig war“, sagt Kunsthalle­n-Leiter Gregor Jansen. Denn die Unangepass­theit von Penck übertrug er auch auf seine Studenten. Davon zeugt die sehr eklektisch behangene Wand in der Kunsthalle. „Er wollte nicht 50 kleine Pencks in seiner Klasse haben“, sagt wiederum Sybille Kroos.

Zur Vernissage reaktivier­te die Klasse übrigens Pencks alte Band „ TTT“. Denn Penck war nicht nur bildender Künstler, sondern auch versierter Drummer. Davon zeugen wunderbar wilde Free-JazzPlatte­n.

 ?? FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER ?? Die Ehemaligen wiedervere­int: frühere Schüler von A. R. Penck in der Kunsthalle am Grabbeplat­z.
FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Die Ehemaligen wiedervere­int: frühere Schüler von A. R. Penck in der Kunsthalle am Grabbeplat­z.

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