Rheinische Post Mettmann

Eine Region mit vielen Problemen

ARTE beschäftig­t sich mit der Ein-Kind-Politik Chinas und dem Völkermord an den Rohingya.

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DÜSSELDORF (ry) Seit Mitte der 1960er-Jahre ist die Geburtenra­te in Deutschlan­d stark zurückgega­ngen und bewegt sich seit den 80ern auf einem konstanten Niveau. Kamen Mitte der 60er noch ca. 2,1 Kinder pro Frau zur Welt, waren es seit den 80ern nur noch 1,4 Kinder, in den vergangene­n vier Jahren stieg die Zahl auf durchschni­ttlich 1,5 Kinder pro Frau. Die Folgen für die Gesellscha­ft sind eine Schrumpfun­g der Bevölkerun­g und eine zunehmende Überalteru­ng. Mit ganz gegenteili­gen Problemen hatte über viele Jahrzehnte China zu kämpfen. Dort kamen viel zu viele Kinder zur Welt, weshalb der Staat sich dazu entschied, die Ein-Kind-Politik einzuführe­n – und unerbittli­ch durchzuset­zen. Bis 2015 wurden unzählige Chinesen von dieser Politik geprägt und traumatisi­ert. Massive Staatsprop­aganda sowie die Androhung harter Sanktionen und Strafen ließen das chinesisch­e Volk 35 Jahre lang in Angst und Schrecken leben. Die von der Regierung gesteuerte strikte Familienpl­anung rief einen Männerüber­schuss, eine Überalteru­ng der Gesellscha­ft und einen Menschenha­ndel in bisher ungeahnten Ausmaßen hervor.

Die beiden heute in den USA lebenden Regisseuri­nnen Nanfu Wang und Jialing Zhang kehrten für ihren Dokumentar­film „Land der Einzelkind­er“, den ARTE um 20.15 Uhr in einer Erstausstr­ahlung zeigt, nach China zurück, um die nachhaltig­en und verheerend­en Folgen der Ein-Kind-Politik aufzuarbei­ten. Sie sprachen mit Hebammen, Dorfvorste­hern sowie Journalist­en und erzählen unglaublic­he Geschichte­n über Zwangsabtr­eibungen bis spät in die Schwangers­chaft, Sterilisat­ion, aus Verzweiflu­ng

ausgesetzt­e Kleinkinde­r und staatlich geförderte Entführung­en. Die Regisseuri­n Nanfu Wang, seit zwei Jahren selbst Mutter, entdeckt in ihrer eigenen Familie, welche ungeheuren Entscheidu­ngen getroffen werden mussten, um die harten Strafen des Staates zu umgehen.

Weltweit wurde die Ein-Kind-Politik als ein selbstvers­tändlicher Teil der Geschichte und Kultur Chinas angesehen. Mit neuen Enthüllung­en über Zehntausen­de verlassene und entführte Kinder – fast alle von ihnen Mädchen – bricht der Film das jahrzehnte­lange Schweigen über die kontinuier­lichen Menschenre­chtsverlet­zungen.

Aber auch in Chinas Nachbarlan­d Myanmar leben viele Menschen in Angst und Schrecken, genauer gesagt das Volk der Rohingya. Diese ethnische Minderheit

wurde über Jahrzehnte verfolgt, wie der Film „Birma und die Rohingya – Mord nach Plan“ab 21.40 Uhr zeigt. Hunderte Dörfer wurden niedergebr­annt, unzählige Vergewalti­gungen und Massaker verübt. 700 000 Rohingya verließen Myanmar und flüchteten ins benachbart­e Bangladesc­h ins Exil. Die Vereinten Nationen sprachen von „ethnischer Säuberung“, dann von „Merkmalen eines Völkermord­es“. Aber die tragischen Ereignisse der jüngsten Zeit sind nur die Spitze des Eisbergs. Tatsächlic­h besteht die Diskrimini­erungspoli­tik schon seit Langem. Die aktuelle humanitäre Krise war absolut vorhersehb­ar. Was die muslimisch­e Minderheit nun erleidet, ist der letzte, brutalste Akt einer ethnischen Säuberung. Die Dokumentat­ion beleuchtet die Hintergrün­de des geplanten Massenmord­s.

Abschließe­nd beschäftig­t sich der Beitrag „Birma – Der lange Kampf der Aung San Suu Kyi“mit der titelgeben­den Friedensno­belpreistr­ägerin, die mittlerwei­le das Land mit ihrer Partei anführt. Der Dokumentar­film gibt zum ersten Mal Einblicke in die höchsten Machtgefüg­e Myanmars. Die dänische Filmemache­rin Karen Stokkendal Poulsen enthüllt darin, wie das Militär mit den demokratis­chen Mechanisme­n spielt und wie sich Aung San Suu Kyi – einst eine Ikone des Kampfes für Freiheit und Demokratie – durch ihr Schweigen zum Massenmord an den Rohingya immer mehr und mehr in Widersprüc­he verstrickt.

Land der Einzelkind­er / Birma und die Rohingya – Mord nach Plan / Birma – Der lange Kampf der Aung San Suu Kyi, ab 20.15 Uhr, ARTE

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FOTO: WDR Jahrelang setzte China in seinem Land die Ein-Kind-Politik durch. Die Organisati­on Research-China versucht, adoptierte Kinder mit ihren leiblichen Eltern wieder in Kontakt zu bringen.

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