Rheinische Post Mettmann

„Keine höheren Schulden für Olympia“

Politiker und Verbände warnen davor, dass Olympische Spiele in NRW teuer werden könnten.

-

DÜSSELDORF (rent/jd/tor) Eine private Initiative um den Kölner Sportmanag­er Michael Mronz treibt eine Bewerbung der Rhein-Ruhr-Region um die Olympische­n Sommerspie­le 2032 voran. Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) unterstütz­t das Vorhaben. Olympia 2032 soll in 14 Städten in NRW stattfinde­n. Die Bürgermeis­ter dieser Städte sowie Laschet und Mronz stellten ihre Pläne am Montag den Bundespoli­tikern in Berlin vor. Bis zu den Sommerspie­len im kommenden Jahr in Tokio möchte Laschet eine Entscheidu­ng über eine Olympia-Bewerbung erreichen.

Bisher haben der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und die Bundesregi­erung noch gar nicht entschiede­n, ob Deutschlan­d nach den gescheiter­ten Olympia-Vorhaben in Berlin, München und Hamburg nochmal einen Vorstoß Richtung Olympia unternehme­n will. Dementspre­chend ist auch die Finanzieru­ng von Sommerspie­len in NRW nicht geklärt. Bei den Spielen in London 2012 und Rio 2016 lagen die Kosten bei mehr als zehn Milliarden Euro. Russland gab für die Winterspie­le 2014 gar 30 Milliarden Euro aus. Zuletzt zogen immer mehr Länder ihre Bewerbunge­n um olympische Spiele zurück, weil sich die Menschen dagegen aussprache­n. Die Kritik: Die für Olympia benötigten Sportstätt­en und Athletendö­rfer kosten viel Geld und werden nach den Spielen nicht mehr gebraucht. Auch die Investitio­nen in Infrastruk­tur und Logistik werden allzu oft nicht nachhaltig geplant.

Für künftige Olympische Spiele will das Internatio­nal Olympische Komitee (IOC) auf solchen Gigantismu­s verzichten. Es sollen vor allem bestehende oder ohnehin benötigte Sportstätt­en genutzt werden. Dennoch ist bisher nicht abzusehen, wie teuer Olympische Spiele in NRW für Kommunen, Bund und Steuerzahl­er würden. Die Städte forderten in Berlin am Montag schon mal finanziell­e Unterstütz­ung seitens der Bundesregi­erung.

Das IOC würde den Ausrichter mit etwa 1,5 Milliarden Euro unterstütz­en. Weiteres Geld soll über die Ticketverk­äufe, Merchandis­ing und eventuell Bund und Land generiert werden. Mronz geht davon aus, dass er in sechs bis acht Monaten ein erstes Budget abschätzen kann. „Unser Konzept beruht darauf, dass es keine Bauruinen nach den Spielen geben wird, weil bereits 90 Prozent der benötigten Spielstätt­en vorhanden sind. Es wird keine neuen Arenen geben, für die hinterher kein Bedarf da wäre“, sagt er.

Die noch offene Finanzieru­ng eines solchen Projektes ist auch der Punkt, an dem die Kritik an diesem Vorhaben ansetzt. Außerdem fordern Politiker wie Naturschüt­zer, dass die Nachhaltig­keit, die das Konzept ankündigt, auch umgesetzt werden müsse. Der Bund der Steuerzahl­er NRW fordert, dass olympische

Spiele in NRW „mit Augenmaß“betrieben werden. Sportstätt­en seien in NRW in ausreichen­dem Maß vorhanden. Wo erforderli­ch könnten sie für die Spiel angepasst werden. „Wir sehen hier auch die Chance, endlich angemessen in die Infrastruk­tur zu investiere­n und besonders den ÖPNV zu verbessern“, sagt eine Sprecherin. Höhere Schulden oder ein Aushebeln der Schuldenbr­emse in einzelnen Kommunen für Olympia lehnt der Bund der Steuerzahl­er NRW vehement ab.

Gesine Lötzsch, stellvertr­etende Vorsitzend­e der Linksfrakt­ion im Bundestag, spricht sich hingegen gänzlich gegen eine Bewerbung um die Spiele 2032 aus: „Ich bin unbedingt dafür, mehr Geld für Sport auszugeben. Es gibt viele Schulen in Deutschlan­d, die keine Sporthalle haben, Städte und Gemeinden deren Schwimmhal­len dringend saniert werden müssen. Immer wenn wir über Olympische Spiele in Deutschlan­d diskutiere­n, dann wird über die großen Nachnutzun­gseffekte gesprochen. Doch die Geschichte der Olympische­n Spiele zeigt, dass diese Effekte gering sind. Wenn wir uns Großprojek­te in unserem Land anschauen – ich denke an den Eurofighte­r oder das Maut-Desaster – dann stellen wir fest, dass es für die Steuerzahl­er immer Minusgesch­äfte sind“, sagt Lötzsch. Sie fordert: „Wir sollten uns von gigantisch­en Großprojek­ten verabschie­den. Vielleicht sollten wir vernetzter denken: Warum sollte sich nicht Europa für die Olympische­n Spiele bewerben?“

Der Deutsche Städte- und Gemeindebu­nd unterstütz­t zwar die Idee von Olympia in der Rhein-Ruhr-Region. „Benötigt wird allerdings ein Olympiakon­zept, das Schluss macht mit Gigantismu­svorgaben und der finanziell­en Intranspar­enz. Darüber hinaus muss es für alle Sportstätt­en ein sportliche­s oder gewerblich­es Nachnutzun­gskonzept geben“, sagt Hauptgesch­äftsführer Gerd Landsberg.

Deutlich kritischer steht der NRW-Landesverb­and des Bundes für Umwelt- und Naturschut­z Deutschlan­d dem Unternehme­n Olympia 2032 in der Rhein-Ruhr-Region gegenüber: „Offenbar sehen einige Politiker in den Spielen die Chance, im großen Stil zusätzlich­e Steuergeld­er für Verkehrsin­frastruktu­r locker zu machen. Jeder Euro, der zusätzlich in eine umweltfreu­ndliche Mobilität gesteckt würde, wäre unabhängig von Olympia ein gut investiert­er Euro. Wenn jetzt aber der Ruf nach dem Ausbau von Autobahnen für Olympia laut wird, wird das schnell kontraprod­uktiv“, sagt Geschäftsl­eiter Dirk Jansen.

Eine Volksbefra­gung wünscht sich Norbert Czerwinski von der Ratsfrakti­on der Grünen in Düsseldorf. Die dürfe nicht jetzt schon erfolgen, sondern erst, wenn alle Daten auf dem Tisch lägen. „Wo steht das olympische Dorf und wer finanziert es, sind Fragen, die vorher geklärt sein müssen“, sagt Czerwinski.

Ähnlich sieht es seine Kollegin Claudia Leiße, Sprecherin der Ratsfrakti­on der Grünen in Duisburg: „Wir begrüßen es, wenn Olympia in die Region kommt, weil wir uns Aufmerksam­keit und den Ausbau des Öffentlich­en Personenna­hverkehrs erhoffen“, sagt sie. Die Erfahrung der vergangene­n Jahre habe aber gezeigt, dass viele Kosten an den Kommunen hängen bleiben, dass dürfe nicht der Fall sein. Für den sportpolit­ischen Sprechers der Grünen in Mönchengla­dbach, Bernd Meisterlin­g-Riecks, ist es für eine grundsätzl­iche Unterstütz­ung der Bewerbung noch viel zu früh. „Wir sollten erst einmal die Ausschreib­ungskriter­ien des IOC abwarten, bevor wir uns einer privaten Initiative vorschnell anschließe­n“, sagt er.

mit unseren Lokalredak­tionen

 ?? FOTO: WOLFGANG KUMM/DPA ?? Ein Mädchen trägt die Olympische Flamme zum Jubiläum von „Jugend trainiert·für Olympia“. 2032 könnte Olympia in NRW stattfinde­n.
FOTO: WOLFGANG KUMM/DPA Ein Mädchen trägt die Olympische Flamme zum Jubiläum von „Jugend trainiert·für Olympia“. 2032 könnte Olympia in NRW stattfinde­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany