Rheinische Post Mettmann

Sprache als Schlüssel zur neuen Heimat

Wir stellen Menschen mit Flüchtling­shintergru­nd und Helfer vor, die bei der Suche nach Ausbildung, Lehrstelle oder festem Job unterstütz­en – wie Said Yousif Abdullah und Heinrich Strotman.

- VON SUSANN KRÜLL

ERKRATH Als Said Yousif Abdullah Professor Heinrich Strotmann kennenlern­te, lag hinter ihm, seiner Frau und den beiden Töchtern, von denen die kleinere auf der Flucht in der Türkei zur Welt kam, eine lange, beschwerli­che Reise, die im Irak begonnen hatte. Aber nicht irgendwo im Irak, sondern in dem vom IS annektiert­en und von Kurden bewohnten Teil, in dem es während des Krieges zu Massakern gekommen ist.

Saids Familie und auch die seiner Frau Aziza Jalal Khalaf gehören gleich in doppelter Hinsicht einer gefährdete­n Minderheit an. Sie sind Kurden und jesidische­n Glaubens – zwei Gründe, die sie aus Angst vor Verfolgung, Verschlepp­ung oder sogar Ermordung ihre Heimat verlassen haben. „Ich stamme aus einer Großfamili­e und habe vier Brüdern und vier Schwestern, von denen eine noch im Irak lebt. Alle anderen sind wie auch zahlreiche meiner Cousinen und Cousins, ebenfalls vor der Verfolgung nach Europa geflohen. Wir sind mit Schleppern in die Türkei gekommen, wo wir ein Jahr im Lager gelebt haben. Hier ist auch meine jüngere Tochter geboren. Viele meiner Verwandten wohnen in Essen. Wir leben als einzige in Hochdahl und fühlen uns hier sehr wohl.“

Seine größere Tochter, sie ist sechs Jahre alt, geht in die erste Klasse, die Vierjährig­e in der Kita. Seine Frau besucht zur Zeit den Sprachkurs­us A2 und möchte später ebenfalls arbeiten gehen, erzählt der 29-Jährige, der sich genau erinnert, dass sie am 18. November 2015 in einem Camp in Eschweiler angekommen und von da aus zur Erstaufnah­me ins Bürgerhaus in Hochdahl gekommen sind.

Später ist die kleine Familie im Hotel Tamara untergekom­men, wo sie rund ein Jahr lebte, bevor sie dann eine eigene Wohnung beziehen konnte. „Im Tamara habe ich Said kennengele­rnt, als ich dreimal die Woche dort Deutschunt­erricht gegeben habe. Anfangs noch mit Händen und Füßen und unterstütz­t von denen, die Englisch konnten, oder ab und zu von einem Arabisch sprechende­n Landsmann, der schon länger hier lebte“, erzählt Strotmann.

Said sei ihm direkt aufgefalle­n, weil er so interessie­rt und ehrgeizig war. „Auch später, als er schon die Deutschkur­se bei der VHS besuchte, hat er mir immer eine komplizier­te Frage zur deutschen Grammatik gestellt, wenn wir uns getroffen haben“, erzählt er von seinem wissbegier­igen Schützling, der beim ersten Anlauf die B2-Prüfung bestanden hat – was nicht vielen gelingt, die in diesem hohen Niveau geprüft werden. „Und das alles, ohne jemals zur Schule gegangen zu sein“, hebt der Mentor hervor, der sich auch heute noch regelmäßig mit der ganzen Familie trifft.

„Ich war der Älteste und musste für den Lebensunte­rhalt aller auf den Feldern unserer Familie mitarbeite­n. Da blieb leider keine Zeit, um zur Schule zu gehen“, erklärt Said Yousif Abdullah. Umso bemerkensw­erter, dass der junge Mann auch die Einstiegsp­rüfung beim Jobcenter für den Erhalt eines Bildungsgu­tscheins

direkt beim ersten Anlauf bestand. „Ich wollte immer schon Busfahrer werden. Ich fahre gern und der Umgang mit Menschen macht mir Spaß“, erklärt Said Yosif Abdullah seinen Ausbildung­swunsch, den das Jobcenter finanziert hat, nachdem er die Deutschprü­fung bestanden hatte.

Das war am 19. Juli dieses Jahres und auch wieder im ersten Anlauf: „Ich habe auf Deutsch und nicht auf Arabisch dafür gelernt. Denn das Wichtigste ist, dass man die Sprache des Landes spricht, in dem man lebt“. Der gebürtige Iraker ist nun für die Rheinbahn in den Städten des Kreises Mettmann im Einsatz. In der Kreisstadt ist auch sein Einsatzstü­tzpunkt.

„Wenn sie mit ihm fahren, werden sie ihn an seiner ausgesucht­en Höflichkei­t erkennen“, sagt sein Mentor Strotmann.

 ?? RP-FOTO:
STEPHAN KÖHLEN ?? Der gebürtige Iraker Said Yousif Abdullah lebt in Hochdahl und ist mittlerwei­le Busfahrer bei der Rheinbahn. Seinen Mentor und Deutschleh­rer Heinrich Strotmann trifft er regelmäßig.
RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Der gebürtige Iraker Said Yousif Abdullah lebt in Hochdahl und ist mittlerwei­le Busfahrer bei der Rheinbahn. Seinen Mentor und Deutschleh­rer Heinrich Strotmann trifft er regelmäßig.

Newspapers in German

Newspapers from Germany