Blick auf ein dunkles Kapitel
Zwischen 1979 und 2015 wurde China von der Ein-Kind-Politik beherrscht. Um dem Bevölkerungswachstum entgegenzuwirken, wurden drastische Maßnahmen von Zwangsabtreibung und -sterilisation bis hin zu Entführungen ergriffen. Diese Methoden wurden von zwei in den USA lebenden Filmautorinnen mit chinesischen Wurzeln, Nanfu Wang und Jialing Zhang, auf sehr persönliche Weise offengelegt. Ihre eigenen Familien waren von der strikten Politik und deren Folgen betroffen. Ihrem Film „Land der Einzelkinder“( Vortag, 20.15 Uhr, ARTE) voran stellten die Regisseurinnen die Aussage der Kommunistischen Partei, dass die Ein-Kind-Politik dem Land Wohlstand, Macht und Frieden gebracht habe. Mit schockierenden Bildern, darunter Babys, die wie Müll entsorgt wurden, und ebenso erschreckenden Geständnissen entkräfteten Wang und Zhang diese These nachdrücklich. Sie zeichneten das Bild einer traumatisierten, indoktrinierten Gesellschaft, die schreckliche Entscheidungen treffen musste und dabei das Gefühl hatte, keine Wahl zu haben. Trotz allem bemühten sich die Autorinnen, den älteren Generationen unparteiisch gegenüberzustehen, die bis heute glauben, der eingeschlagene Weg sei die einzige Möglichkeit gewesen, China zu retten. Wang und Zhang versuchten, ihr Handeln sachlich nachzuvollziehen, gingen aber gleichzeitig der Frage nach, ob die Notlage das unmenschliche Vorgehen der Regierung rechtfertigte. Der Film hielt das dunkle Kapitel chinesischer Geschichte ungeschönt fest und zeigte, dass es unter den Zehntausenden verlassenen Kindern und ihren Familien keine Gewinner gab. (scs)