Rheinische Post Mettmann

Unterstütz­en und verpflicht­en

Eltern zu Gesprächen in die Schulen zu zwingen, wird den Kindern selten nützen.

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Welcher Lehrer kennt sie nicht: Jene Eltern, die wegen jeder Lappalie um ein Gespräch bitten. Die den schulische­n Fortschrit­t ihres Nachwuchse­s so engmaschig kontrollie­ren, als handele es sich um ein Management-Projekt. Und jene Eltern, die sich nie blicken lassen – trotz mehrmalige­r Aufforderu­ngen. Denen die schulische Entwicklun­g ihrer Kinder egal zu sein scheint.

Letztere Gruppe nimmt sich die Landesregi­erung nun vor. Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) prüft, wie Lehrer etwa an die Eltern von Schulschwä­nzern besser herankomme­n. Mögliche Lösung: „Verpflicht­ende Elterngesp­räche“.

KIRSTEN BIALDIGA

Sie will damit für ausgeglich­enere Bildungsch­ancen sorgen. Das hat seine Berechtigu­ng: In kaum einem anderen Industriel­and hängen die Aufstiegsc­hancen so stark von der Herkunft ab wie in Deutschlan­d. Bestimmte Eltern stärker in die Pflicht zu nehmen, ist daher ein sinnvolles Anliegen. Ob dies aber mit verpflicht­enden Gesprächen gelingen kann, ist fraglich.

Zu klären ist zunächst, warum die Eltern den Aufforderu­ngen nicht nachkommen. Ist es wirklich Desinteres­se? Oder sind sie mit ihrem eigenen Leben überforder­t? Trauen sie sich nicht, weil die Hemmschwel­le zu hoch ist – oder weil sie der deutschen Sprache nicht mächtig sind?

In den meisten der genannten Fälle würden verpflicht­ende Elterngesp­räche nicht weiterhelf­en. Vielverspr­echender wäre soziale Unterstütz­ung. Die Zuweisung eines Familienhe­lfers etwa, der das Kind bei den Hausaufgab­en unterstütz­t und für geregelte Abläufe sorgt. Oder ein Dolmetsche­r, der die Sprachbarr­ieren abbaut. Bleiben also die desinteres­sierten Eltern. Sie wachzurütt­eln, dürfte Lehrern auch in einem Pflicht-Gespräch nicht leichtfall­en. Aber den Versuch zumindest lohnt es.

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